Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Es ist mir auch noch unentfallen/ daß vor ohnge-fehr 15. oder 16. Jahren/ ein Bienschwarm sich in Dreßden auff dem Neu-Marckte an die Ju- stitz oder Galgen hinge/ welcher den gantzen Tag hangen blieb/ biß ihn der Scharffrichter daselbst einfangen ließ/ welches eine Begebenheit war/ die wohl einiges Nachdencken verdienete; allei- ne/ es kan doch niemand sagen/ was darauff erfol- get sey/ daß man hiervon hätte eine Bedeutung darauff machen können. Ist demnach nichts ab- geschmackters/ als wenn man stracks aus einer natürlichen Begebenheit will Bedeutungen machen. Eben als wie im vorigen Capitel das Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten soll/ da doch nichts gewöhnlicher ist/ als daß ein Hund/ der in einer frembden Stadt seinem Herrn verlohren hat/ auff die Gasse tritt und heulet. Es verwah- re ein ieder in seinem Hause das Feuer und Licht wie sichs gebühret/ es mag sich ein Bienschwarm anhengen/ oder ein Hund heulen oder nicht; es ist besser bewahrt als beklagt. All' Aber glauben sind ja insgesamt erlogen/ Derhalben wird man auch mit den Bien- schwarm betrogen/ Wenn man von diesen will gewisse Deu- tung machen; Vielmehr vertrau ich GOtt/ der mich und meine Sachen Allein
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Es iſt mir auch noch unentfallen/ daß vor ohnge-fehr 15. oder 16. Jahren/ ein Bienſchwarm ſich in Dreßden auff dem Neu-Marckte an die Ju- ſtitz oder Galgen hinge/ welcher den gantzen Tag hangen blieb/ biß ihn der Scharffrichter daſelbſt einfangen ließ/ welches eine Begebenheit war/ die wohl einiges Nachdencken verdienete; allei- ne/ es kan doch niemand ſagen/ was darauff erfol- get ſey/ daß man hiervon haͤtte eine Bedeutung darauff machen koͤnnen. Iſt demnach nichts ab- geſchmackters/ als wenn man ſtracks aus einer natuͤrlichen Begebenheit will Bedeutungen machen. Eben als wie im vorigen Capitel das Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten ſoll/ da doch nichts gewoͤhnlicher iſt/ als daß ein Hund/ der in einer frembden Stadt ſeinem Herrn verlohren hat/ auff die Gaſſe tritt und heulet. Es verwah- re ein ieder in ſeinem Hauſe das Feuer und Licht wie ſichs gebuͤhret/ es mag ſich ein Bienſchwarm anhengen/ oder ein Hund heulen oder nicht; es iſt beſſer bewahrt als beklagt. All’ Aber glauben ſind ja insgeſamt erlogen/ Derhalben wird man auch mit den Bien- ſchwarm betrogen/ Wenn man von dieſen will gewiſſe Deu- tung machen; Vielmehr vertrau ich GOtt/ der mich und meine Sachen Allein
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Es iſt mir auch noch unentfallen/ daß vor ohnge-
fehr 15. oder 16. Jahren/ ein Bienſchwarm ſich
in Dreßden auff dem Neu-Marckte an die Ju-
ſtitz oder Galgen hinge/ welcher den gantzen Tag
hangen blieb/ biß ihn der Scharffrichter daſelbſt
einfangen ließ/ welches eine Begebenheit war/
die wohl einiges Nachdencken verdienete; allei-
ne/ es kan doch niemand ſagen/ was darauff erfol-
get ſey/ daß man hiervon haͤtte eine Bedeutung
darauff machen koͤnnen. Iſt demnach nichts ab-
geſchmackters/ als wenn man ſtracks aus einer
natuͤrlichen Begebenheit will Bedeutungen
machen. Eben als wie im vorigen Capitel das
Hunde-Heulen auch Feuer bedeuten ſoll/ da doch
nichts gewoͤhnlicher iſt/ als daß ein Hund/ der in
einer frembden Stadt ſeinem Herrn verlohren
hat/ auff die Gaſſe tritt und heulet. Es verwah-
re ein ieder in ſeinem Hauſe das Feuer und Licht
wie ſichs gebuͤhret/ es mag ſich ein Bienſchwarm
anhengen/ oder ein Hund heulen oder nicht; es
iſt beſſer bewahrt als beklagt.
All’ Aber glauben ſind ja insgeſamt erlogen/
Derhalben wird man auch mit den Bien-
ſchwarm betrogen/
Wenn man von dieſen will gewiſſe Deu-
tung machen;
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