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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung derer von super-klugen
fe/ wenn es nicht überall und alle Jahre practi-
cir
et würde. Weil aber Gegentheils allzube-
kandt ist/ daß manch Jahr wenig oder nichts vom
Obste geräth/ so will ich vielmehr dafür halten/
es halte das beschriebene Kunst-Stücklein keine
Probe/ und mögen das wohl einfältige Tropf-
fen seyn/ die daran glauben. Denn was kan
doch ein elendes Stroh-Band dem Baume vor
Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in
meiner Jugend gesehen zu haben/ daß einige
Bauren in Thüringen die Bäume mit Stroh-
Bändern zusammen gebunden haben/ und zwar
ein Ende des Stroh-Bandes an diesem/ und das
andere Ende an jenem Baum/ vorgebend/ daß
die Bäume dadurch gleichsam copuliret/ und
zum Rammlen geschickt gemacht würden; den
Tag aber/ an welchem solches geschehen/ habe ich
aus der Acht gelassen. Es ist aber eben eine sol-
che Narren-Kunst/ als wie diese/ so ich ietzo unter
der Striegel habe. Wenn einer die Bäume
sonst/ nach guter Gärtner Manier/ fleißig war-
tet/ dinget/ beschneidet/ und thut/ was/ natürlicher
Weise/ sonst von nöthen ist/ so hat er/ als ein ge-
treuer Haußwirth/ das Seinige gethan/ und kan
weiter nichts thun/ als GOtt anheim stellen/ ob
er die Bäume wolle lassen gute und reiffe Früch-
te bringen? An guten Trag-Knospen fehlet es
denen Bäumen selten ein Jahr/ aber hernach

kömmt

Unterſuchung derer von ſuper-klugen
fe/ wenn es nicht uͤberall und alle Jahre practi-
cir
et wuͤrde. Weil aber Gegentheils allzube-
kandt iſt/ daß manch Jahr wenig oder nichts vom
Obſte geraͤth/ ſo will ich vielmehr dafuͤr halten/
es halte das beſchriebene Kunſt-Stuͤcklein keine
Probe/ und moͤgen das wohl einfaͤltige Tropf-
fen ſeyn/ die daran glauben. Denn was kan
doch ein elendes Stroh-Band dem Baume vor
Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in
meiner Jugend geſehen zu haben/ daß einige
Bauren in Thuͤringen die Baͤume mit Stroh-
Baͤndern zuſammen gebunden haben/ und zwar
ein Ende des Stroh-Bandes an dieſem/ und das
andere Ende an jenem Baum/ vorgebend/ daß
die Baͤume dadurch gleichſam copuliret/ und
zum Rammlen geſchickt gemacht wuͤrden; den
Tag aber/ an welchem ſolches geſchehen/ habe ich
aus der Acht gelaſſen. Es iſt aber eben eine ſol-
che Narren-Kunſt/ als wie dieſe/ ſo ich ietzo unter
der Striegel habe. Wenn einer die Baͤume
ſonſt/ nach guter Gaͤrtner Manier/ fleißig war-
tet/ dinget/ beſchneidet/ und thut/ was/ natuͤrlicher
Weiſe/ ſonſt von noͤthen iſt/ ſo hat er/ als ein ge-
treuer Haußwirth/ das Seinige gethan/ und kan
weiter nichts thun/ als GOtt anheim ſtellen/ ob
er die Baͤume wolle laſſen gute und reiffe Fruͤch-
te bringen? An guten Trag-Knoſpen fehlet es
denen Baͤumen ſelten ein Jahr/ aber hernach

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[330/0154] Unterſuchung derer von ſuper-klugen fe/ wenn es nicht uͤberall und alle Jahre practi- ciret wuͤrde. Weil aber Gegentheils allzube- kandt iſt/ daß manch Jahr wenig oder nichts vom Obſte geraͤth/ ſo will ich vielmehr dafuͤr halten/ es halte das beſchriebene Kunſt-Stuͤcklein keine Probe/ und moͤgen das wohl einfaͤltige Tropf- fen ſeyn/ die daran glauben. Denn was kan doch ein elendes Stroh-Band dem Baume vor Fruchtbarkeit machen? Ich erinnere mich in meiner Jugend geſehen zu haben/ daß einige Bauren in Thuͤringen die Baͤume mit Stroh- Baͤndern zuſammen gebunden haben/ und zwar ein Ende des Stroh-Bandes an dieſem/ und das andere Ende an jenem Baum/ vorgebend/ daß die Baͤume dadurch gleichſam copuliret/ und zum Rammlen geſchickt gemacht wuͤrden; den Tag aber/ an welchem ſolches geſchehen/ habe ich aus der Acht gelaſſen. Es iſt aber eben eine ſol- che Narren-Kunſt/ als wie dieſe/ ſo ich ietzo unter der Striegel habe. Wenn einer die Baͤume ſonſt/ nach guter Gaͤrtner Manier/ fleißig war- tet/ dinget/ beſchneidet/ und thut/ was/ natuͤrlicher Weiſe/ ſonſt von noͤthen iſt/ ſo hat er/ als ein ge- treuer Haußwirth/ das Seinige gethan/ und kan weiter nichts thun/ als GOtt anheim ſtellen/ ob er die Baͤume wolle laſſen gute und reiffe Fruͤch- te bringen? An guten Trag-Knoſpen fehlet es denen Baͤumen ſelten ein Jahr/ aber hernach koͤmmt

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/154>, abgerufen am 27.11.2024.