Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Untersuchung/ derer von super-klugen Stadt auffhielte/ und selbige fast gäntzlich durcheine unverhoffte Feuersbrunst in die Asche gele- get wurde/ sich es zutrug/ daß nach dem Brande unterschiedliche Leute/ wegen ermangelnder Herberge/ in denen auff ihren Brandstellen be- findlichen Kellern wohneten/ welches auch ei- nem feinen Bürger betraff/ wessen Weib hoch- schwanger war/ also/ daß sie in dem Keller ihre Geburt verrichten/ und auch darinnen die Wo- chen aushalten muste/ zu mir aber hatten die El- tern das Christliche Vertrauen/ daß ich ihres Kindes Pathe seyn muste. Wie ich nun vor zweyen Jahren ohngefehr meinen Gevatter be- gegnete/ und bey solcher Gelegenheit ihn fragte/ ob mein Pathe noch am Leben sey/ und ob er auch was rechtschaffenes lernte? So bekam ich die Antwort: Daß er bald so groß sey wie der Va- ter/ und wäre ietzt bey einem vornehmen Herrn der ihn die Jägerey lernen ließ/ er hätte auch sonsten zu nichts anders Lust/ und lachte ihm sein Hertz im Leibe/ wenn er nur Tag und Nacht in Walde seyn solte. Hier sagen mir nun die su- per-klugen Weiber ihre Meynung/ wobey die- sen Knaben/ der nicht nur unter einem Jahre in Keller getragen/ sondern auch gar darinnen ge- bohren worden ist/ die Furcht hinkommen sey? Denn das ist in aller Welt offenbar/ daß keine behertztere Leute sind/ als die Jäger. Dem- nach
Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen Stadt auffhielte/ und ſelbige faſt gaͤntzlich durcheine unverhoffte Feuersbrunſt in die Aſche gele- get wurde/ ſich es zutrug/ daß nach dem Brande unterſchiedliche Leute/ wegen ermangelnder Herberge/ in denen auff ihren Brandſtellen be- findlichen Kellern wohneten/ welches auch ei- nem feinen Buͤrger betraff/ weſſen Weib hoch- ſchwanger war/ alſo/ daß ſie in dem Keller ihre Geburt verrichten/ und auch darinnen die Wo- chen aushalten muſte/ zu mir aber hatten die El- tern das Chriſtliche Vertrauen/ daß ich ihres Kindes Pathe ſeyn muſte. Wie ich nun vor zweyen Jahren ohngefehr meinen Gevatter be- gegnete/ und bey ſolcher Gelegenheit ihn fragte/ ob mein Pathe noch am Leben ſey/ und ob er auch was rechtſchaffenes lernte? So bekam ich die Antwort: Daß er bald ſo groß ſey wie der Va- ter/ und waͤre ietzt bey einem vornehmen Herrn der ihn die Jaͤgerey lernen ließ/ er haͤtte auch ſonſten zu nichts anders Luſt/ und lachte ihm ſein Hertz im Leibe/ wenn er nur Tag und Nacht in Walde ſeyn ſolte. Hier ſagen mir nun die ſu- per-klugen Weiber ihre Meynung/ wobey die- ſen Knaben/ der nicht nur unter einem Jahre in Keller getragen/ ſondern auch gar darinnen ge- bohren worden iſt/ die Furcht hinkommen ſey? Denn das iſt in aller Welt offenbar/ daß keine behertztere Leute ſind/ als die Jaͤger. Dem- nach
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Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
Stadt auffhielte/ und ſelbige faſt gaͤntzlich durch
eine unverhoffte Feuersbrunſt in die Aſche gele-
get wurde/ ſich es zutrug/ daß nach dem Brande
unterſchiedliche Leute/ wegen ermangelnder
Herberge/ in denen auff ihren Brandſtellen be-
findlichen Kellern wohneten/ welches auch ei-
nem feinen Buͤrger betraff/ weſſen Weib hoch-
ſchwanger war/ alſo/ daß ſie in dem Keller ihre
Geburt verrichten/ und auch darinnen die Wo-
chen aushalten muſte/ zu mir aber hatten die El-
tern das Chriſtliche Vertrauen/ daß ich ihres
Kindes Pathe ſeyn muſte. Wie ich nun vor
zweyen Jahren ohngefehr meinen Gevatter be-
gegnete/ und bey ſolcher Gelegenheit ihn fragte/
ob mein Pathe noch am Leben ſey/ und ob er auch
was rechtſchaffenes lernte? So bekam ich die
Antwort: Daß er bald ſo groß ſey wie der Va-
ter/ und waͤre ietzt bey einem vornehmen Herrn
der ihn die Jaͤgerey lernen ließ/ er haͤtte auch
ſonſten zu nichts anders Luſt/ und lachte ihm ſein
Hertz im Leibe/ wenn er nur Tag und Nacht in
Walde ſeyn ſolte. Hier ſagen mir nun die ſu-
per-klugen Weiber ihre Meynung/ wobey die-
ſen Knaben/ der nicht nur unter einem Jahre in
Keller getragen/ ſondern auch gar darinnen ge-
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