Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Schmertzen/ daß solcher gestalt ein Unerfahrnesnicht zu sagen weiß/ was es für Bewandniß mit einen solchen Patienten habe. Es kömmt aber diese Beschwerung ursprünglich aus den Ma- gen her/ wenn nehmlich in den Magen eine all- zuhäuffige Säure praedominiret/ und offt ei- nen übermäßigen Appetit zu essen macht/ so ge- schichts/ daß diese Herbigkeit und Schärffe nach und nach mit den in den Magen von denen Speisen abgesonderten Chylo oder Nahrungs- Safft/ ins Geblüth gehet/ und die gantze Mas- sam Sangvineam zach und dicke macht/ davon werden hernach alle Glieder träge und faul. Und weil nun das Geblüt mit dergleichen Schärffe belästiget ist/ so wirfft die Natur un- vermerckt durch die Schweißlöcher solche Schärffe mit aus. Wenn denn die subtilsten humores weg dunsten/ so bleibet die scharffe und saure materia auff der Haut verdrocknet kleben. Wenn nun ein solcher Patiente mit Milch ge- badt oder gewaschen wird/ so würde diese eben so zusammen lauffen/ als ob man Laab aus einen Kälber-Magen hinein gethan hätte. Und auff eben diese Art/ verursachet die von der Haut ab- gewaschene Säure/ in den mit Frauen-Flachs gekochten Wasser eine praecipitation, oder coagulation und Geliefferung. Auch thut dieses der Frauen-Flachs nicht alleine/ sondern es
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Schmertzen/ daß ſolcher geſtalt ein Unerfahrnesnicht zu ſagen weiß/ was es fuͤr Bewandniß mit einen ſolchen Patienten habe. Es koͤmmt aber dieſe Beſchwerung urſpruͤnglich aus den Ma- gen her/ wenn nehmlich in den Magen eine all- zuhaͤuffige Saͤure prædominiret/ und offt ei- nen uͤbermaͤßigen Appetit zu eſſen macht/ ſo ge- ſchichts/ daß dieſe Herbigkeit und Schaͤrffe nach und nach mit den in den Magen von denen Speiſen abgeſonderten Chylo oder Nahrungs- Safft/ ins Gebluͤth gehet/ und die gantze Maſ- ſam Sangvineam zach und dicke macht/ davon werden hernach alle Glieder traͤge und faul. Und weil nun das Gebluͤt mit dergleichen Schaͤrffe belaͤſtiget iſt/ ſo wirfft die Natur un- vermerckt durch die Schweißloͤcher ſolche Schaͤrffe mit aus. Wenn denn die ſubtilſten humores weg dunſten/ ſo bleibet die ſcharffe und ſaure materia auff der Haut verdrocknet kleben. Wenn nun ein ſolcher Patiente mit Milch ge- badt oder gewaſchen wird/ ſo wuͤrde dieſe eben ſo zuſammen lauffen/ als ob man Laab aus einen Kaͤlber-Magen hinein gethan haͤtte. Und auff eben dieſe Art/ verurſachet die von der Haut ab- gewaſchene Saͤure/ in den mit Frauen-Flachs gekochten Waſſer eine præcipitation, oder coagulation und Geliefferung. Auch thut dieſes der Frauen-Flachs nicht alleine/ ſondern es
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="11"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</hi></fw><lb/> Schmertzen/ daß ſolcher geſtalt ein Unerfahrnes<lb/> nicht zu ſagen weiß/ was es fuͤr Bewandniß mit<lb/> einen ſolchen Patienten habe. Es koͤmmt aber<lb/> dieſe Beſchwerung urſpruͤnglich aus den Ma-<lb/> gen her/ wenn nehmlich in den Magen eine all-<lb/> zuhaͤuffige Saͤure <hi rendition="#aq">prædomini</hi>ret/ und offt ei-<lb/> nen uͤbermaͤßigen Appetit zu eſſen macht/ ſo ge-<lb/> ſchichts/ daß dieſe Herbigkeit und Schaͤrffe nach<lb/> und nach mit den in den Magen von denen<lb/> Speiſen abgeſonderten <hi rendition="#aq">Chylo</hi> oder Nahrungs-<lb/> Safft/ ins Gebluͤth gehet/ und die gantze <hi rendition="#aq">Maſ-<lb/> ſam Sangvineam</hi> zach und dicke macht/ davon<lb/> werden hernach alle Glieder traͤge und faul.<lb/> Und weil nun das Gebluͤt mit dergleichen<lb/> Schaͤrffe belaͤſtiget iſt/ ſo wirfft die Natur un-<lb/> vermerckt durch die Schweißloͤcher ſolche<lb/> Schaͤrffe mit aus. Wenn denn die <hi rendition="#aq">ſubtil</hi>ſten<lb/><hi rendition="#aq">humores</hi> weg dunſten/ ſo bleibet die ſcharffe und<lb/> ſaure <hi rendition="#aq">materia</hi> auff der Haut verdrocknet kleben.<lb/> Wenn nun ein ſolcher <hi rendition="#aq">Patient</hi>e mit Milch ge-<lb/> badt oder gewaſchen wird/ ſo wuͤrde dieſe eben ſo<lb/> zuſammen lauffen/ als ob man Laab aus einen<lb/> Kaͤlber-Magen hinein gethan haͤtte. Und auff<lb/> eben dieſe Art/ verurſachet die von der Haut ab-<lb/> gewaſchene Saͤure/ in den mit Frauen-Flachs<lb/> gekochten Waſſer eine <hi rendition="#aq">præcipitation,</hi> oder<lb/><hi rendition="#aq">coagulation</hi> und Geliefferung. Auch thut<lb/> dieſes der Frauen-Flachs nicht alleine/ ſondern<lb/> <fw place="bottom" type="catch">es</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0033]
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Schmertzen/ daß ſolcher geſtalt ein Unerfahrnes
nicht zu ſagen weiß/ was es fuͤr Bewandniß mit
einen ſolchen Patienten habe. Es koͤmmt aber
dieſe Beſchwerung urſpruͤnglich aus den Ma-
gen her/ wenn nehmlich in den Magen eine all-
zuhaͤuffige Saͤure prædominiret/ und offt ei-
nen uͤbermaͤßigen Appetit zu eſſen macht/ ſo ge-
ſchichts/ daß dieſe Herbigkeit und Schaͤrffe nach
und nach mit den in den Magen von denen
Speiſen abgeſonderten Chylo oder Nahrungs-
Safft/ ins Gebluͤth gehet/ und die gantze Maſ-
ſam Sangvineam zach und dicke macht/ davon
werden hernach alle Glieder traͤge und faul.
Und weil nun das Gebluͤt mit dergleichen
Schaͤrffe belaͤſtiget iſt/ ſo wirfft die Natur un-
vermerckt durch die Schweißloͤcher ſolche
Schaͤrffe mit aus. Wenn denn die ſubtilſten
humores weg dunſten/ ſo bleibet die ſcharffe und
ſaure materia auff der Haut verdrocknet kleben.
Wenn nun ein ſolcher Patiente mit Milch ge-
badt oder gewaſchen wird/ ſo wuͤrde dieſe eben ſo
zuſammen lauffen/ als ob man Laab aus einen
Kaͤlber-Magen hinein gethan haͤtte. Und auff
eben dieſe Art/ verurſachet die von der Haut ab-
gewaſchene Saͤure/ in den mit Frauen-Flachs
gekochten Waſſer eine præcipitation, oder
coagulation und Geliefferung. Auch thut
dieſes der Frauen-Flachs nicht alleine/ ſondern
es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/33 |
Zitationshilfe: | Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/33>, abgerufen am 16.07.2024. |