Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Niesen/ das nicht mit Fleiß durch Schnupff-Tobac erreget worden ist/ der Schnupffen fol- gen. Zum andern begiebt sichs auch täglich/ daß einer dem andern etwas giebt/ und solte es auch nur ein Apffel/ Birn/ oder dergleichen schlecht Ding seyn/ daß demnach das erste gemeiniglich/ samt dem Letzten/ erfolget. Mag also einer früh nüchtern/ oder Nachmittage voller und satter weise niesen/ so wird gewöhnlicher massen der Schnupffen darauff erfolgen. Was aber das Geschencke anlanget/ so ist darauff wegen des Niesens gar nicht zu reflectiren. Denn was ohne dem alltäglich sich zuträgt/ kan ja nicht durch eine gewisse Begebenheit vorbedeutet werden/ und kömmt so einfältig heraus/ als wenn ich sprä- che: Ich habe heute früh/ als ich bin auffgestan- den/ gehustet/ ich werde entweder den Husten kriegen/ oder trincke heute Bier. Eben so al- ber und lächerlich ist das Vorgeben mit dem nüchtern Niesen auch. Das 97. Capitel. Es ist nicht gut/ daß man sich Feuer JCh kenne Leute/ welche dermassen in diesem liessen/ L 2
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Nieſen/ das nicht mit Fleiß durch Schnupff-Tobac erreget worden iſt/ der Schnupffen fol- gen. Zum andern begiebt ſichs auch taͤglich/ daß einer dem andern etwas giebt/ und ſolte es auch nur ein Apffel/ Birn/ oder dergleichen ſchlecht Ding ſeyn/ daß demnach das erſte gemeiniglich/ ſamt dem Letzten/ erfolget. Mag alſo einer fruͤh nuͤchtern/ oder Nachmittage voller und ſatter weiſe nieſen/ ſo wird gewoͤhnlicher maſſen der Schnupffen darauff erfolgen. Was aber das Geſchencke anlanget/ ſo iſt darauff wegen des Nieſens gar nicht zu reflectiren. Denn was ohne dem alltaͤglich ſich zutraͤgt/ kan ja nicht duꝛch eine gewiſſe Begebenheit vorbedeutet werden/ und koͤmmt ſo einfaͤltig heraus/ als wenn ich ſpraͤ- che: Ich habe heute fruͤh/ als ich bin auffgeſtan- den/ gehuſtet/ ich werde entweder den Huſten kriegen/ oder trincke heute Bier. Eben ſo al- ber und laͤcherlich iſt das Vorgeben mit dem nuͤchtern Nieſen auch. Das 97. Capitel. Es iſt nicht gut/ daß man ſich Feuer JCh keñe Leute/ welche dermaſſen in dieſem lieſſen/ L 2
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Nieſen/ das nicht mit Fleiß durch Schnupff-
Tobac erreget worden iſt/ der Schnupffen fol-
gen. Zum andern begiebt ſichs auch taͤglich/ daß
einer dem andern etwas giebt/ und ſolte es auch
nur ein Apffel/ Birn/ oder dergleichen ſchlecht
Ding ſeyn/ daß demnach das erſte gemeiniglich/
ſamt dem Letzten/ erfolget. Mag alſo einer fruͤh
nuͤchtern/ oder Nachmittage voller und ſatter
weiſe nieſen/ ſo wird gewoͤhnlicher maſſen der
Schnupffen darauff erfolgen. Was aber das
Geſchencke anlanget/ ſo iſt darauff wegen des
Nieſens gar nicht zu reflectiren. Denn was
ohne dem alltaͤglich ſich zutraͤgt/ kan ja nicht duꝛch
eine gewiſſe Begebenheit vorbedeutet werden/
und koͤmmt ſo einfaͤltig heraus/ als wenn ich ſpraͤ-
che: Ich habe heute fruͤh/ als ich bin auffgeſtan-
den/ gehuſtet/ ich werde entweder den Huſten
kriegen/ oder trincke heute Bier. Eben ſo al-
ber und laͤcherlich iſt das Vorgeben mit dem
nuͤchtern Nieſen auch.
Das 97. Capitel.
Es iſt nicht gut/ daß man ſich Feuer
oder Licht/ durch einen Frembden/ laͤſſet
aus dem Hauſe tragen.
JCh keñe Leute/ welche dermaſſen in dieſem
naͤrriſchen Wahn erſoffen ſind/ daß ſie auch
eher was anders zugaͤben/ als geſchehen
lieſſen/
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