Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
che so gantz gewiß gewesen wären/ warum haben
wir denn so viele Secula her 10. biß 11. Tage mit
dem ietzt angenommenen neuen Calender wis-
sentlich differiret/ und haben nunmehr auff ein-
mahl mit allen Tagen durchs gantze Jahr eine
solche merckliche Aenderung treffen können?
Dahero hiermit klar erwiesen wird/ daß ratione
solcher Aberglauben und Gauckel-Possen auff
keinen eintzigen solchen heiligen Fest-Tag zu bau-
en sey. Ich setze aber den Fall/ daß die Zeiten
sich niemahl verändert hätten/ so ist doch damit
noch lange nicht ausgemacht/ daß die Hunde/ wel-
che in der Christ-Nacht heulen/ dieses Jahr thö-
richt würden. Denn gleich wie nicht folget/ der
und der Hund hat in der Neu-Jahrs-Nacht ge-
hellet/ und ist in selbigem Jahre vom Hunde-
Schläger erschlagen worden/ daß darum alle die
Hunde/ welche in der Neu-Jahrs-Nacht bellen/
obnfehlbar vom Schinder erschlagen würden;
Also kan von dem Heulen in der Christ-Nacht
auch nicht geschlossen werden/ daß ohnfehlbar ein
solcher Hund das Jahr werde thöricht werden.
Das ist zwar wahr/ daß durch hefftigen Frost und
Kälte die Hunde taub und thöricht werden/ aber
dieses geschiehet zu einer andern kalten Zeit so
wohl/ als in der Christ-Nacht. Denn wenn ei-
nen Hund sehr frieret/ so heulet er gemeiniglich/
und wenn er den Kopff zu sehr erfröret hat/ folget

hernach
H 3

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
che ſo gantz gewiß geweſen waͤren/ warum haben
wir denn ſo viele Secula her 10. biß 11. Tage mit
dem ietzt angenommenen neuen Calender wiſ-
ſentlich differiret/ und haben nunmehr auff ein-
mahl mit allen Tagen durchs gantze Jahr eine
ſolche merckliche Aenderung treffen koͤnnen?
Dahero hiermit klar erwieſen wird/ daß ratione
ſolcher Aberglauben und Gauckel-Poſſen auff
keinen eintzigen ſolchen heiligen Feſt-Tag zu bau-
en ſey. Ich ſetze aber den Fall/ daß die Zeiten
ſich niemahl veraͤndert haͤtten/ ſo iſt doch damit
noch lange nicht ausgemacht/ daß die Hunde/ wel-
che in der Chriſt-Nacht heulen/ dieſes Jahr thoͤ-
richt wuͤrden. Denn gleich wie nicht folget/ der
und der Hund hat in der Neu-Jahrs-Nacht ge-
hellet/ und iſt in ſelbigem Jahre vom Hunde-
Schlaͤger erſchlagen worden/ daß darum alle die
Hunde/ welche in der Neu-Jahrs-Nacht bellen/
obnfehlbar vom Schinder erſchlagen wuͤrden;
Alſo kan von dem Heulen in der Chriſt-Nacht
auch nicht geſchloſſen werden/ daß ohnfehlbar ein
ſolcher Hund das Jahr werde thoͤricht werden.
Das iſt zwar wahr/ daß durch hefftigen Froſt und
Kaͤlte die Hunde taub und thoͤricht werden/ aber
dieſes geſchiehet zu einer andern kalten Zeit ſo
wohl/ als in der Chriſt-Nacht. Denn wenn ei-
nen Hund ſehr frieret/ ſo heulet er gemeiniglich/
und wenn er den Kopff zu ſehr erfroͤret hat/ folget

hernach
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0139" n="117"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</hi></fw><lb/>
che &#x017F;o gantz gewiß gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren/ warum haben<lb/>
wir denn &#x017F;o viele <hi rendition="#aq">Secula</hi> her 10. biß 11. Tage mit<lb/>
dem ietzt angenommenen neuen Calender wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;entlich <hi rendition="#aq">differir</hi>et/ und haben nunmehr auff ein-<lb/>
mahl mit allen Tagen durchs gantze Jahr eine<lb/>
&#x017F;olche merckliche Aenderung treffen ko&#x0364;nnen?<lb/>
Dahero hiermit klar erwie&#x017F;en wird/ daß <hi rendition="#aq">ratione</hi><lb/>
&#x017F;olcher Aberglauben und Gauckel-Po&#x017F;&#x017F;en auff<lb/>
keinen eintzigen &#x017F;olchen heiligen Fe&#x017F;t-Tag zu bau-<lb/>
en &#x017F;ey. Ich &#x017F;etze aber den Fall/ daß die Zeiten<lb/>
&#x017F;ich niemahl vera&#x0364;ndert ha&#x0364;tten/ &#x017F;o i&#x017F;t doch damit<lb/>
noch lange nicht ausgemacht/ daß die Hunde/ wel-<lb/>
che in der Chri&#x017F;t-Nacht heulen/ die&#x017F;es Jahr tho&#x0364;-<lb/>
richt wu&#x0364;rden. Denn gleich wie nicht folget/ der<lb/>
und der Hund hat in der Neu-Jahrs-Nacht ge-<lb/>
hellet/ und i&#x017F;t in &#x017F;elbigem Jahre vom Hunde-<lb/>
Schla&#x0364;ger er&#x017F;chlagen worden/ daß darum alle die<lb/>
Hunde/ welche in der Neu-Jahrs-Nacht bellen/<lb/>
obnfehlbar vom Schinder er&#x017F;chlagen wu&#x0364;rden;<lb/>
Al&#x017F;o kan von dem Heulen in der Chri&#x017F;t-Nacht<lb/>
auch nicht ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden/ daß ohnfehlbar ein<lb/>
&#x017F;olcher Hund das Jahr werde tho&#x0364;richt werden.<lb/>
Das i&#x017F;t zwar wahr/ daß durch hefftigen Fro&#x017F;t und<lb/>
Ka&#x0364;lte die Hunde taub und tho&#x0364;richt werden/ aber<lb/>
die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet zu einer andern kalten Zeit &#x017F;o<lb/>
wohl/ als in der Chri&#x017F;t-Nacht. Denn wenn ei-<lb/>
nen Hund &#x017F;ehr frieret/ &#x017F;o heulet er gemeiniglich/<lb/>
und wenn er den Kopff zu &#x017F;ehr erfro&#x0364;ret hat/ folget<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch">hernach</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0139] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. che ſo gantz gewiß geweſen waͤren/ warum haben wir denn ſo viele Secula her 10. biß 11. Tage mit dem ietzt angenommenen neuen Calender wiſ- ſentlich differiret/ und haben nunmehr auff ein- mahl mit allen Tagen durchs gantze Jahr eine ſolche merckliche Aenderung treffen koͤnnen? Dahero hiermit klar erwieſen wird/ daß ratione ſolcher Aberglauben und Gauckel-Poſſen auff keinen eintzigen ſolchen heiligen Feſt-Tag zu bau- en ſey. Ich ſetze aber den Fall/ daß die Zeiten ſich niemahl veraͤndert haͤtten/ ſo iſt doch damit noch lange nicht ausgemacht/ daß die Hunde/ wel- che in der Chriſt-Nacht heulen/ dieſes Jahr thoͤ- richt wuͤrden. Denn gleich wie nicht folget/ der und der Hund hat in der Neu-Jahrs-Nacht ge- hellet/ und iſt in ſelbigem Jahre vom Hunde- Schlaͤger erſchlagen worden/ daß darum alle die Hunde/ welche in der Neu-Jahrs-Nacht bellen/ obnfehlbar vom Schinder erſchlagen wuͤrden; Alſo kan von dem Heulen in der Chriſt-Nacht auch nicht geſchloſſen werden/ daß ohnfehlbar ein ſolcher Hund das Jahr werde thoͤricht werden. Das iſt zwar wahr/ daß durch hefftigen Froſt und Kaͤlte die Hunde taub und thoͤricht werden/ aber dieſes geſchiehet zu einer andern kalten Zeit ſo wohl/ als in der Chriſt-Nacht. Denn wenn ei- nen Hund ſehr frieret/ ſo heulet er gemeiniglich/ und wenn er den Kopff zu ſehr erfroͤret hat/ folget hernach H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/139
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/139>, abgerufen am 22.12.2024.