Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. thörichten Weiber! hat denn der Esel/ der ausder Mühlen gehet/ nicht auch eine ausgehende Krafft? Oder muß es eine aus der Kirchen mit- gebrachte Krafft seyn/ so wolte ich euch rathen/ daß ihr euch eure Kinder liesset nachtragen/ wenn ihr aus der Kirchen gienget/ auff daß/ wenn euch irgend die ausgehende Krafft unter Weges sonst wo entführe/ weil ihr das Maul so feste zuhalten müsset/ die Kinder solche stracks aufsfangen kön- ten. Denn es kan nicht fehlen/ weil das Still- schweigen wieder eure Natur läufft/ ihr werdet bey solcher ungewohnten Verrichtung eine in- nerliche Angst empfinden/ daß es kein Wunder wäre/ die ausgehende Krafft würde durch die Angst wo anders ausgestossen. Drum über- legts ein wenig/ und last euch rathen! sagt mirs auch wieder/ ob es hilfft. Das 55. Capitel. In der Christ-Nacht/ zwischen 11. ICh muß gestehen/ daß ich mein Lebtage bin
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. thoͤrichten Weiber! hat denn der Eſel/ der ausder Muͤhlen gehet/ nicht auch eine ausgehende Krafft? Oder muß es eine aus der Kirchen mit- gebrachte Krafft ſeyn/ ſo wolte ich euch rathen/ daß ihr euch eure Kinder lieſſet nachtragen/ wenn ihr aus der Kirchen gienget/ auff daß/ wenn euch irgend die ausgehende Krafft unter Weges ſonſt wo entfuͤhre/ weil ihr das Maul ſo feſte zuhalten muͤſſet/ die Kinder ſolche ſtracks aufſfangen koͤn- ten. Denn es kan nicht fehlen/ weil das Still- ſchweigen wieder eure Natur laͤufft/ ihr werdet bey ſolcher ungewohnten Verrichtung eine in- nerliche Angſt empfinden/ daß es kein Wunder waͤre/ die ausgehende Krafft wuͤrde durch die Angſt wo anders ausgeſtoſſen. Drum uͤber- legts ein wenig/ und laſt euch rathen! ſagt mirs auch wieder/ ob es hilfft. Das 55. Capitel. In der Chriſt-Nacht/ zwiſchen 11. ICh muß geſtehen/ daß ich mein Lebtage bin
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
thoͤrichten Weiber! hat denn der Eſel/ der aus
der Muͤhlen gehet/ nicht auch eine ausgehende
Krafft? Oder muß es eine aus der Kirchen mit-
gebrachte Krafft ſeyn/ ſo wolte ich euch rathen/
daß ihr euch eure Kinder lieſſet nachtragen/ wenn
ihr aus der Kirchen gienget/ auff daß/ wenn euch
irgend die ausgehende Krafft unter Weges ſonſt
wo entfuͤhre/ weil ihr das Maul ſo feſte zuhalten
muͤſſet/ die Kinder ſolche ſtracks aufſfangen koͤn-
ten. Denn es kan nicht fehlen/ weil das Still-
ſchweigen wieder eure Natur laͤufft/ ihr werdet
bey ſolcher ungewohnten Verrichtung eine in-
nerliche Angſt empfinden/ daß es kein Wunder
waͤre/ die ausgehende Krafft wuͤrde durch die
Angſt wo anders ausgeſtoſſen. Drum uͤber-
legts ein wenig/ und laſt euch rathen! ſagt mirs
auch wieder/ ob es hilfft.
Das 55. Capitel.
In der Chriſt-Nacht/ zwiſchen 11.
und 12. Uhr/ iſt das Waſſer Wein.
ICh muß geſtehen/ daß ich mein Lebtage
curiös geweſen bin/ und manches verſucht
habe/ daß ich nur hinter die rechte Warheit
kommen moͤchte. Ob ich nun gleich groß Ver-
langen gehabt/ einen Trunck dergleichen Wein
zu ſchmecken/ der in einer Chriſt-Nacht iſt aus ei-
nem Brunnen oder Fluß geſchoͤpffet worden/ ſo
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Zitationshilfe: | Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/115>, abgerufen am 03.03.2025. |