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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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ihre Kinder an Andere um einen kleinen Lohn,
oder schicken sie dieselbe hinaus, um Holz zu sam-
meln, Sand zuzubereiten und auszutra-
gen
etc. etc., und behaupten, daß sie bey dergleichen
selbstgewählten Arbeiten mehr Vortheil und Unter-
stützung finden, als wenn sie ihre Kinder in öffent-
liche Beschäftigungs-Anstalten abgeben müssten, so
daß es also ihr Unglück wäre, wenn ihnen die Bey-
hülfe ihrer Kinder entzogen würde. --

"Wenn daher", heißt es an mehreren Orten,
"bisher schon, nicht nur die Eltern sich genöthigt ge-
sehen haben, jede Stunde, welche ihren Kindern die
gewöhnliche Elementar-Schule übrig gelassen habe,
zu benützen, um in der Beyhülfe derselben einige Un-
terstützung zu finden, sondern es auch den geistlichen
und weltlichen Orts-Vorgesezten nicht immer, beson-
ders den Sommer hindurch, möglich gewesen sey,
selbst Versäumnisse der ordentlichen Schule zu vermei-
den, weil die Eltern ihre Kinder oft allzunothwendig
zu ihren Haus- und Feldgeschäften brauchen, so wür-
de es noch viel weniger möglich seyn, die Eltern zu
vermögen, daß sie ihre Kinder in eine solche Jndustrie-
Schule schickten, und daher dieselbe, besonders den
Sommer hindurch, beständig leer stehen." --

An vielen Orten widersezt man sich daher theils
ganz der Errichtung einer Jndustrie-Schule, theils
wird dieselbe wenigstens den Sommer über ausgesezt,
und, besonders für die Knaben, nur zur Winterszeit,
zwischen Martini und Georgii, drey, vier, höchstens
sechs Monate lang gehalten.

ihre Kinder an Andere um einen kleinen Lohn,
oder ſchicken ſie dieſelbe hinaus, um Holz zu ſam-
meln, Sand zuzubereiten und auszutra-
gen
ꝛc. ꝛc., und behaupten, daß ſie bey dergleichen
ſelbſtgewaͤhlten Arbeiten mehr Vortheil und Unter-
ſtuͤtzung finden, als wenn ſie ihre Kinder in oͤffent-
liche Beſchaͤftigungs-Anſtalten abgeben muͤſſten, ſo
daß es alſo ihr Ungluͤck waͤre, wenn ihnen die Bey-
huͤlfe ihrer Kinder entzogen wuͤrde. —

„Wenn daher“, heißt es an mehreren Orten,
„bisher ſchon, nicht nur die Eltern ſich genoͤthigt ge-
ſehen haben, jede Stunde, welche ihren Kindern die
gewoͤhnliche Elementar-Schule uͤbrig gelaſſen habe,
zu benuͤtzen, um in der Beyhuͤlfe derſelben einige Un-
terſtuͤtzung zu finden, ſondern es auch den geiſtlichen
und weltlichen Orts-Vorgeſezten nicht immer, beſon-
ders den Sommer hindurch, moͤglich geweſen ſey,
ſelbſt Verſaͤumniſſe der ordentlichen Schule zu vermei-
den, weil die Eltern ihre Kinder oft allzunothwendig
zu ihren Haus- und Feldgeſchaͤften brauchen, ſo wuͤr-
de es noch viel weniger moͤglich ſeyn, die Eltern zu
vermoͤgen, daß ſie ihre Kinder in eine ſolche Jnduſtrie-
Schule ſchickten, und daher dieſelbe, beſonders den
Sommer hindurch, beſtaͤndig leer ſtehen.“ —

An vielen Orten widerſezt man ſich daher theils
ganz der Errichtung einer Jnduſtrie-Schule, theils
wird dieſelbe wenigſtens den Sommer uͤber ausgeſezt,
und, beſonders fuͤr die Knaben, nur zur Winterszeit,
zwiſchen Martini und Georgii, drey, vier, hoͤchſtens
ſechs Monate lang gehalten.

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[86/0096] ihre Kinder an Andere um einen kleinen Lohn, oder ſchicken ſie dieſelbe hinaus, um Holz zu ſam- meln, Sand zuzubereiten und auszutra- gen ꝛc. ꝛc., und behaupten, daß ſie bey dergleichen ſelbſtgewaͤhlten Arbeiten mehr Vortheil und Unter- ſtuͤtzung finden, als wenn ſie ihre Kinder in oͤffent- liche Beſchaͤftigungs-Anſtalten abgeben muͤſſten, ſo daß es alſo ihr Ungluͤck waͤre, wenn ihnen die Bey- huͤlfe ihrer Kinder entzogen wuͤrde. — „Wenn daher“, heißt es an mehreren Orten, „bisher ſchon, nicht nur die Eltern ſich genoͤthigt ge- ſehen haben, jede Stunde, welche ihren Kindern die gewoͤhnliche Elementar-Schule uͤbrig gelaſſen habe, zu benuͤtzen, um in der Beyhuͤlfe derſelben einige Un- terſtuͤtzung zu finden, ſondern es auch den geiſtlichen und weltlichen Orts-Vorgeſezten nicht immer, beſon- ders den Sommer hindurch, moͤglich geweſen ſey, ſelbſt Verſaͤumniſſe der ordentlichen Schule zu vermei- den, weil die Eltern ihre Kinder oft allzunothwendig zu ihren Haus- und Feldgeſchaͤften brauchen, ſo wuͤr- de es noch viel weniger moͤglich ſeyn, die Eltern zu vermoͤgen, daß ſie ihre Kinder in eine ſolche Jnduſtrie- Schule ſchickten, und daher dieſelbe, beſonders den Sommer hindurch, beſtaͤndig leer ſtehen.“ — An vielen Orten widerſezt man ſich daher theils ganz der Errichtung einer Jnduſtrie-Schule, theils wird dieſelbe wenigſtens den Sommer uͤber ausgeſezt, und, beſonders fuͤr die Knaben, nur zur Winterszeit, zwiſchen Martini und Georgii, drey, vier, hoͤchſtens ſechs Monate lang gehalten.

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/96>, abgerufen am 24.11.2024.