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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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aufmuntern soll, das zu werden, was sie, nicht um
dieser Geschenke willen, sondern aus viel besseren, rei-
neren, höheren Gründen, um ihrer selbst und um Got-
tes willen
, werden sollen, -- daß sie also diese Ge-
schenke nicht als die eigentliche und einzige Belohnung
ihres Fleißes und Wohlverhaltens ansehen dürfen, in-
dem diese vielmehr in dem beglückenden Bewußtseyn,
seine Pflicht erfüllt, und recht und gut gehandelt zu
haben, bestehe, und ihnen hauptsächlich erst späterhin
dadurch zu Theil werden könne, daß das, was sie
jetzt lernen und treiben, in Zukunft das Mittel seyn
werde, sich ihren Lebens-Unterhalt, an dem es so man-
chem anderen fehle, der seine Jugendzeit nicht zweck-
mäßig angewendet habe, zu erwerben, und sich ihren
Nebenmenschen nützlich, hiedurch aber bey den Men-
schen beliebt, und Gott gefällig zu machen. -- Auch
wird es zwar immerhin zweckmäßig seyn, die Geschenke
nach Maßgabe des größeren oder geringeren Grades
von Fleiß und Wohlverhalten der Einzelnen größer
oder kleiner einzurichten; man möchte sich aber doch
zugleich sehr hüten dürfen, daß man nicht durch allzu-
starke Auszeichnung Einzelner bey diesen Stolz,
Ehrgeitz, und Eigennützigkeit, bey anderen hingegen
Neid und Haß errege; man gebe daher bey dergleichen
Austheilungen wo möglich auch den minder ausgezeich-
neten Kindern wenigstens irgend eine Kleinigkeit, und
schließe höchstens die allerschlechtesten ganz von der Ge-
schenkvertheilung aus.

§. 56.

Um sich jedoch eines guten Erfolgs aller dieser
Bemühungen zu versichern, möchte es nöthig seyn,
nicht nur dasjenige, was die Kinder hauptsächlich zu

aufmuntern ſoll, das zu werden, was ſie, nicht um
dieſer Geſchenke willen, ſondern aus viel beſſeren, rei-
neren, hoͤheren Gruͤnden, um ihrer ſelbſt und um Got-
tes willen
, werden ſollen, — daß ſie alſo dieſe Ge-
ſchenke nicht als die eigentliche und einzige Belohnung
ihres Fleißes und Wohlverhaltens anſehen duͤrfen, in-
dem dieſe vielmehr in dem begluͤckenden Bewußtſeyn,
ſeine Pflicht erfuͤllt, und recht und gut gehandelt zu
haben, beſtehe, und ihnen hauptſaͤchlich erſt ſpaͤterhin
dadurch zu Theil werden koͤnne, daß das, was ſie
jetzt lernen und treiben, in Zukunft das Mittel ſeyn
werde, ſich ihren Lebens-Unterhalt, an dem es ſo man-
chem anderen fehle, der ſeine Jugendzeit nicht zweck-
maͤßig angewendet habe, zu erwerben, und ſich ihren
Nebenmenſchen nuͤtzlich, hiedurch aber bey den Men-
ſchen beliebt, und Gott gefaͤllig zu machen. — Auch
wird es zwar immerhin zweckmaͤßig ſeyn, die Geſchenke
nach Maßgabe des groͤßeren oder geringeren Grades
von Fleiß und Wohlverhalten der Einzelnen groͤßer
oder kleiner einzurichten; man moͤchte ſich aber doch
zugleich ſehr huͤten duͤrfen, daß man nicht durch allzu-
ſtarke Auszeichnung Einzelner bey dieſen Stolz,
Ehrgeitz, und Eigennuͤtzigkeit, bey anderen hingegen
Neid und Haß errege; man gebe daher bey dergleichen
Austheilungen wo moͤglich auch den minder ausgezeich-
neten Kindern wenigſtens irgend eine Kleinigkeit, und
ſchließe hoͤchſtens die allerſchlechteſten ganz von der Ge-
ſchenkvertheilung aus.

§. 56.

Um ſich jedoch eines guten Erfolgs aller dieſer
Bemuͤhungen zu verſichern, moͤchte es noͤthig ſeyn,
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[70/0080] aufmuntern ſoll, das zu werden, was ſie, nicht um dieſer Geſchenke willen, ſondern aus viel beſſeren, rei- neren, hoͤheren Gruͤnden, um ihrer ſelbſt und um Got- tes willen, werden ſollen, — daß ſie alſo dieſe Ge- ſchenke nicht als die eigentliche und einzige Belohnung ihres Fleißes und Wohlverhaltens anſehen duͤrfen, in- dem dieſe vielmehr in dem begluͤckenden Bewußtſeyn, ſeine Pflicht erfuͤllt, und recht und gut gehandelt zu haben, beſtehe, und ihnen hauptſaͤchlich erſt ſpaͤterhin dadurch zu Theil werden koͤnne, daß das, was ſie jetzt lernen und treiben, in Zukunft das Mittel ſeyn werde, ſich ihren Lebens-Unterhalt, an dem es ſo man- chem anderen fehle, der ſeine Jugendzeit nicht zweck- maͤßig angewendet habe, zu erwerben, und ſich ihren Nebenmenſchen nuͤtzlich, hiedurch aber bey den Men- ſchen beliebt, und Gott gefaͤllig zu machen. — Auch wird es zwar immerhin zweckmaͤßig ſeyn, die Geſchenke nach Maßgabe des groͤßeren oder geringeren Grades von Fleiß und Wohlverhalten der Einzelnen groͤßer oder kleiner einzurichten; man moͤchte ſich aber doch zugleich ſehr huͤten duͤrfen, daß man nicht durch allzu- ſtarke Auszeichnung Einzelner bey dieſen Stolz, Ehrgeitz, und Eigennuͤtzigkeit, bey anderen hingegen Neid und Haß errege; man gebe daher bey dergleichen Austheilungen wo moͤglich auch den minder ausgezeich- neten Kindern wenigſtens irgend eine Kleinigkeit, und ſchließe hoͤchſtens die allerſchlechteſten ganz von der Ge- ſchenkvertheilung aus. §. 56. Um ſich jedoch eines guten Erfolgs aller dieſer Bemuͤhungen zu verſichern, moͤchte es noͤthig ſeyn, nicht nur dasjenige, was die Kinder hauptſaͤchlich zu

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/80>, abgerufen am 24.11.2024.