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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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schränkt sind, keine Arbeit gewählt werden, wobey die
Werkzeuge, wie z. B. bey dem Wollenspinnen am
großen Rade, zu vielen Raum erfordern würden. Man
muß auch wo möglich darauf Rücksicht nehmen, daß
den im Orte befindlichen Professionisten und den mit
dergleichen Arbeiten sich nährenden Armen, wie z. B.
den Näherinnen, Strickerinnen, Spinnerinnen etc. nicht
ihr bisheriger Verdienst durch starke Betreibung ähnli-
cher Arbeiten in der Jndustrie-Schule geschmälert wird.
-- Die Auswahl und Bestimmung der in je-
der Schule zu treibenden Arbeiten
muß da-
her den Ortsbehörden überlassen, und selbst
nach Umständen von Zeit zu Zeit damit gewechselt wer-
den.

§. 46.

Es lassen sich aber auch gewiß aus obigem Ver-
zeichnisse für jeden Ort jederzeit wenigstens einige Ar-
beiten herausfinden, welche für jedes Jndi-
viduum, für jedes Geschlecht, für jeden
Stand taugen.
-- Die meisten der oben aufge-
zählten Arbeiten sind der Fassungskraft der Kinder
des Landvolks angemessen, und gewiß haben viele zu
noch viel künstlicheren und verwickelteren Arbeiten natür-
liche Fähigkeit genug, besonders wenn dieselbe durch
zweckmäßigen Unterricht und Uebung mehr entwickelt
wird. -- Die meisten dieser Arbeiten erfordern auch
nicht zu viele körperliche Kraft, denn schon Kinder
zwischen 4 und 5 Jahren
können z. B. alte
Strümpfe aufziehen, wollene und seidene Lappen, Char-
pie, Roßhaar etc. zupfen, -- sobald sie etwas
älter sind
, können sie Flachs und Hanf spinnen,
stricken etc. -- vom 12ten Jahre an können die

ſchraͤnkt ſind, keine Arbeit gewaͤhlt werden, wobey die
Werkzeuge, wie z. B. bey dem Wollenſpinnen am
großen Rade, zu vielen Raum erfordern wuͤrden. Man
muß auch wo moͤglich darauf Ruͤckſicht nehmen, daß
den im Orte befindlichen Profeſſioniſten und den mit
dergleichen Arbeiten ſich naͤhrenden Armen, wie z. B.
den Naͤherinnen, Strickerinnen, Spinnerinnen ꝛc. nicht
ihr bisheriger Verdienſt durch ſtarke Betreibung aͤhnli-
cher Arbeiten in der Jnduſtrie-Schule geſchmaͤlert wird.
Die Auswahl und Beſtimmung der in je-
der Schule zu treibenden Arbeiten
muß da-
her den Ortsbehoͤrden uͤberlaſſen, und ſelbſt
nach Umſtaͤnden von Zeit zu Zeit damit gewechſelt wer-
den.

§. 46.

Es laſſen ſich aber auch gewiß aus obigem Ver-
zeichniſſe fuͤr jeden Ort jederzeit wenigſtens einige Ar-
beiten herausfinden, welche fuͤr jedes Jndi-
viduum, fuͤr jedes Geſchlecht, fuͤr jeden
Stand taugen.
— Die meiſten der oben aufge-
zaͤhlten Arbeiten ſind der Faſſungskraft der Kinder
des Landvolks angemeſſen, und gewiß haben viele zu
noch viel kuͤnſtlicheren und verwickelteren Arbeiten natuͤr-
liche Faͤhigkeit genug, beſonders wenn dieſelbe durch
zweckmaͤßigen Unterricht und Uebung mehr entwickelt
wird. — Die meiſten dieſer Arbeiten erfordern auch
nicht zu viele koͤrperliche Kraft, denn ſchon Kinder
zwiſchen 4 und 5 Jahren
koͤnnen z. B. alte
Struͤmpfe aufziehen, wollene und ſeidene Lappen, Char-
pie, Roßhaar ꝛc. zupfen, — ſobald ſie etwas
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, koͤnnen ſie Flachs und Hanf ſpinnen,
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[52/0062] ſchraͤnkt ſind, keine Arbeit gewaͤhlt werden, wobey die Werkzeuge, wie z. B. bey dem Wollenſpinnen am großen Rade, zu vielen Raum erfordern wuͤrden. Man muß auch wo moͤglich darauf Ruͤckſicht nehmen, daß den im Orte befindlichen Profeſſioniſten und den mit dergleichen Arbeiten ſich naͤhrenden Armen, wie z. B. den Naͤherinnen, Strickerinnen, Spinnerinnen ꝛc. nicht ihr bisheriger Verdienſt durch ſtarke Betreibung aͤhnli- cher Arbeiten in der Jnduſtrie-Schule geſchmaͤlert wird. — Die Auswahl und Beſtimmung der in je- der Schule zu treibenden Arbeiten muß da- her den Ortsbehoͤrden uͤberlaſſen, und ſelbſt nach Umſtaͤnden von Zeit zu Zeit damit gewechſelt wer- den. §. 46. Es laſſen ſich aber auch gewiß aus obigem Ver- zeichniſſe fuͤr jeden Ort jederzeit wenigſtens einige Ar- beiten herausfinden, welche fuͤr jedes Jndi- viduum, fuͤr jedes Geſchlecht, fuͤr jeden Stand taugen. — Die meiſten der oben aufge- zaͤhlten Arbeiten ſind der Faſſungskraft der Kinder des Landvolks angemeſſen, und gewiß haben viele zu noch viel kuͤnſtlicheren und verwickelteren Arbeiten natuͤr- liche Faͤhigkeit genug, beſonders wenn dieſelbe durch zweckmaͤßigen Unterricht und Uebung mehr entwickelt wird. — Die meiſten dieſer Arbeiten erfordern auch nicht zu viele koͤrperliche Kraft, denn ſchon Kinder zwiſchen 4 und 5 Jahren koͤnnen z. B. alte Struͤmpfe aufziehen, wollene und ſeidene Lappen, Char- pie, Roßhaar ꝛc. zupfen, — ſobald ſie etwas aͤlter ſind, koͤnnen ſie Flachs und Hanf ſpinnen, ſtricken ꝛc. — vom 12ten Jahre an koͤnnen die

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/62>, abgerufen am 25.11.2024.