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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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Frühjahre bis zum Eintritte des Winters, wo ge-
wöhnlich von den Dörfern alles im Felde beschäftigt
ist, und die Kinder sich dann zu Hause ganz selbst
überlassen sind, durch diesen Mangel an Aufsicht ver-
derblich werden.

§. 22.

Endlich werden obige Privat-Beschäftigungen,
wenn sie auch an und für sich keineswegs zu tadeln
sind, den Kindern oft durch Uebertreibung von
Seite ihrer Eltern etc. mehr schädlich als nützlich, in-
dem nicht selten, besonders ärmere Kinder, allzu-
frühe und allzustrenge, zu allzuharten
Geschäften,
zum Schaden ihrer Gesundheit, und
zur Versäumniß des öffentlichen Gottesdienstes und
Schul-Unterrichts, und der zu Hause für die Schule
auszuarbeitenden Aufgaben, von den Jhrigen angehal-
ten werden.

§. 23.

Aus allem diesem folgt, daß durch bloße Be-
obachtung
, ob alle Kinder von den Jhrigen gehörig
beschäftigt werden, und durch Bestrafung derjenigen,
welche ihre Pflichten in dieser Hinsicht nicht erfüllen, der
Zweck noch nicht erreicht werden kann, ja daß eine
solche Bestrafung in manchen Fällen hart und unge-
recht wäre, wenn nicht zugleich, und wäre es auch
nur, um alle unstatthaften Vorwände abzuschneiden,
Anstalt getroffen würde, daß jedes Kind, wel-
ches nicht von den Seinigen die erforder-
liche Anleitung, Gelegenheit und Ermun-
terung zu einer nützlichen Beschäftigung
erhalten kann, dieselbe durch obrigkeit-

Fruͤhjahre bis zum Eintritte des Winters, wo ge-
woͤhnlich von den Doͤrfern alles im Felde beſchaͤftigt
iſt, und die Kinder ſich dann zu Hauſe ganz ſelbſt
uͤberlaſſen ſind, durch dieſen Mangel an Aufſicht ver-
derblich werden.

§. 22.

Endlich werden obige Privat-Beſchaͤftigungen,
wenn ſie auch an und fuͤr ſich keineswegs zu tadeln
ſind, den Kindern oft durch Uebertreibung von
Seite ihrer Eltern ꝛc. mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich, in-
dem nicht ſelten, beſonders aͤrmere Kinder, allzu-
fruͤhe und allzuſtrenge, zu allzuharten
Geſchaͤften,
zum Schaden ihrer Geſundheit, und
zur Verſaͤumniß des oͤffentlichen Gottesdienſtes und
Schul-Unterrichts, und der zu Hauſe fuͤr die Schule
auszuarbeitenden Aufgaben, von den Jhrigen angehal-
ten werden.

§. 23.

Aus allem dieſem folgt, daß durch bloße Be-
obachtung
, ob alle Kinder von den Jhrigen gehoͤrig
beſchaͤftigt werden, und durch Beſtrafung derjenigen,
welche ihre Pflichten in dieſer Hinſicht nicht erfuͤllen, der
Zweck noch nicht erreicht werden kann, ja daß eine
ſolche Beſtrafung in manchen Faͤllen hart und unge-
recht waͤre, wenn nicht zugleich, und waͤre es auch
nur, um alle unſtatthaften Vorwaͤnde abzuſchneiden,
Anſtalt getroffen wuͤrde, daß jedes Kind, wel-
ches nicht von den Seinigen die erforder-
liche Anleitung, Gelegenheit und Ermun-
terung zu einer nuͤtzlichen Beſchaͤftigung
erhalten kann, dieſelbe durch obrigkeit-

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[24/0034] Fruͤhjahre bis zum Eintritte des Winters, wo ge- woͤhnlich von den Doͤrfern alles im Felde beſchaͤftigt iſt, und die Kinder ſich dann zu Hauſe ganz ſelbſt uͤberlaſſen ſind, durch dieſen Mangel an Aufſicht ver- derblich werden. §. 22. Endlich werden obige Privat-Beſchaͤftigungen, wenn ſie auch an und fuͤr ſich keineswegs zu tadeln ſind, den Kindern oft durch Uebertreibung von Seite ihrer Eltern ꝛc. mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich, in- dem nicht ſelten, beſonders aͤrmere Kinder, allzu- fruͤhe und allzuſtrenge, zu allzuharten Geſchaͤften, zum Schaden ihrer Geſundheit, und zur Verſaͤumniß des oͤffentlichen Gottesdienſtes und Schul-Unterrichts, und der zu Hauſe fuͤr die Schule auszuarbeitenden Aufgaben, von den Jhrigen angehal- ten werden. §. 23. Aus allem dieſem folgt, daß durch bloße Be- obachtung, ob alle Kinder von den Jhrigen gehoͤrig beſchaͤftigt werden, und durch Beſtrafung derjenigen, welche ihre Pflichten in dieſer Hinſicht nicht erfuͤllen, der Zweck noch nicht erreicht werden kann, ja daß eine ſolche Beſtrafung in manchen Faͤllen hart und unge- recht waͤre, wenn nicht zugleich, und waͤre es auch nur, um alle unſtatthaften Vorwaͤnde abzuſchneiden, Anſtalt getroffen wuͤrde, daß jedes Kind, wel- ches nicht von den Seinigen die erforder- liche Anleitung, Gelegenheit und Ermun- terung zu einer nuͤtzlichen Beſchaͤftigung erhalten kann, dieſelbe durch obrigkeit-

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/34>, abgerufen am 24.11.2024.