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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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und um so eher vom Hinauslaufen auf den Bettel ab-
gehalten zu werden, als vielmehr, um ihre Eltern
bey ihren häuslichen Geschäften unter-
stützen
, oder durch dergleichen Arbeiten etwas erwer
ben, und hiedurch zu Erhaltung armer Eltern
oder Geschwister etwas beytragen
zu können.

§. 11.

Das Gesagte wird gewiß hinreichend seyn, um
zu beweisen, daß nothwendig, wo nicht alle, doch we-
nigstens diejenigen Kinder beyderley Geschlechts,
bey denen es wahrscheinlich ist, daß sie jetzt oder in
Zukunft nur durch ihrer Hände Arbeit sich werden er-
nähren, und nützliche Mitglieder der bürgerlichen Ge-
sellschaft werden können, daß also vorzüglich auch die
ärmeren Kinder, sobald ihre Geistes- und körperlichen
Kräfte es erlauben, nicht nur in nützlichen ihrem Stan-
de und künftige[n] Berufe und Fortkommen möglichst
angemessenen Hand-Arbeiten unterrichtet, ge-
übt,
und ausgebildet, und dadurch zugleich auch
für leichtere Erlernung und Treibung anderer Hand-
arbeiten geschickter und fertiger gemacht und
abgehärtet
, -- sondern auch, so viel es ohne Ab-
bruch des nothwendigen moralischen und intellectuellen
Unterrichts und ohne Nachtheil für ihre Gesundheit
geschehen kann, an anhaltende Thätigkeit und
Arbeit
auf eine solche Weise gewöhnt werden soll-
ten, daß wirkliche Arbeitsamkeit, d. h. Trieb,
Lust, Neigung, Sinn, Liebe, Freude zur Ar-
beit,
daß eigener Gewerbfleiß, eigene Jndustrie
in ihnen erwachte, daß sie den Werth der Zeit einse-
hen lernten, daß es ihnen eigentlich zur anderen Na-
tur würde, ihre ganze Zeit und Kraft nur zu ihrem

und um ſo eher vom Hinauslaufen auf den Bettel ab-
gehalten zu werden, als vielmehr, um ihre Eltern
bey ihren haͤuslichen Geſchaͤften unter-
ſtuͤtzen
, oder durch dergleichen Arbeiten etwas erwer
ben, und hiedurch zu Erhaltung armer Eltern
oder Geſchwiſter etwas beytragen
zu koͤnnen.

§. 11.

Das Geſagte wird gewiß hinreichend ſeyn, um
zu beweiſen, daß nothwendig, wo nicht alle, doch we-
nigſtens diejenigen Kinder beyderley Geſchlechts,
bey denen es wahrſcheinlich iſt, daß ſie jetzt oder in
Zukunft nur durch ihrer Haͤnde Arbeit ſich werden er-
naͤhren, und nuͤtzliche Mitglieder der buͤrgerlichen Ge-
ſellſchaft werden koͤnnen, daß alſo vorzuͤglich auch die
aͤrmeren Kinder, ſobald ihre Geiſtes- und koͤrperlichen
Kraͤfte es erlauben, nicht nur in nuͤtzlichen ihrem Stan-
de und kuͤnftige[n] Berufe und Fortkommen moͤglichſt
angemeſſenen Hand-Arbeiten unterrichtet, ge-
uͤbt,
und ausgebildet, und dadurch zugleich auch
fuͤr leichtere Erlernung und Treibung anderer Hand-
arbeiten geſchickter und fertiger gemacht und
abgehaͤrtet
, — ſondern auch, ſo viel es ohne Ab-
bruch des nothwendigen moraliſchen und intellectuellen
Unterrichts und ohne Nachtheil fuͤr ihre Geſundheit
geſchehen kann, an anhaltende Thaͤtigkeit und
Arbeit
auf eine ſolche Weiſe gewoͤhnt werden ſoll-
ten, daß wirkliche Arbeitſamkeit, d. h. Trieb,
Luſt, Neigung, Sinn, Liebe, Freude zur Ar-
beit,
daß eigener Gewerbfleiß, eigene Jnduſtrie
in ihnen erwachte, daß ſie den Werth der Zeit einſe-
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[12/0022] und um ſo eher vom Hinauslaufen auf den Bettel ab- gehalten zu werden, als vielmehr, um ihre Eltern bey ihren haͤuslichen Geſchaͤften unter- ſtuͤtzen, oder durch dergleichen Arbeiten etwas erwer ben, und hiedurch zu Erhaltung armer Eltern oder Geſchwiſter etwas beytragen zu koͤnnen. §. 11. Das Geſagte wird gewiß hinreichend ſeyn, um zu beweiſen, daß nothwendig, wo nicht alle, doch we- nigſtens diejenigen Kinder beyderley Geſchlechts, bey denen es wahrſcheinlich iſt, daß ſie jetzt oder in Zukunft nur durch ihrer Haͤnde Arbeit ſich werden er- naͤhren, und nuͤtzliche Mitglieder der buͤrgerlichen Ge- ſellſchaft werden koͤnnen, daß alſo vorzuͤglich auch die aͤrmeren Kinder, ſobald ihre Geiſtes- und koͤrperlichen Kraͤfte es erlauben, nicht nur in nuͤtzlichen ihrem Stan- de und kuͤnftigen Berufe und Fortkommen moͤglichſt angemeſſenen Hand-Arbeiten unterrichtet, ge- uͤbt, und ausgebildet, und dadurch zugleich auch fuͤr leichtere Erlernung und Treibung anderer Hand- arbeiten geſchickter und fertiger gemacht und abgehaͤrtet, — ſondern auch, ſo viel es ohne Ab- bruch des nothwendigen moraliſchen und intellectuellen Unterrichts und ohne Nachtheil fuͤr ihre Geſundheit geſchehen kann, an anhaltende Thaͤtigkeit und Arbeit auf eine ſolche Weiſe gewoͤhnt werden ſoll- ten, daß wirkliche Arbeitſamkeit, d. h. Trieb, Luſt, Neigung, Sinn, Liebe, Freude zur Ar- beit, daß eigener Gewerbfleiß, eigene Jnduſtrie in ihnen erwachte, daß ſie den Werth der Zeit einſe- hen lernten, daß es ihnen eigentlich zur anderen Na- tur wuͤrde, ihre ganze Zeit und Kraft nur zu ihrem

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/22>, abgerufen am 24.11.2024.