Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Wand des gegenüberstehenden Hauses halten, um nicht umzusinken. . . Dann aber stürzte sie wie außer sich dem Jahrmärkte und der Bude mit den Wilden zu. Athemlos trat sie vor den erstaunten Eigenthümer und rief: Da bin ich! Da habt ihr mich, wenn es euch Ernst mit eurem Antrag ist . . . ich will werden, was ich werden muß, ein Abenteuer für die müßige Welt, ein nichtsnutziges Schaustück. -- Das erfreute Marktschreierpaar war höchlich damit zufrieden und suchte sie auf alle Weise zu beruhigen. Der Handel war bald geschlossen und das Handgeld gegeben. Stell dir's nicht so schwer vor, Mädel, sagte die Frau. Du sollst es gut haben bei uns. Mach dich aber fertig zur Reise; die Dult ist aus, und wir reisen noch heute Abend. Franzel war bereit; sie verließ die Bude nicht mehr. Abends polterte der Gauklerwagen mit allerlei seltsamem Geräthe beladen durch das hallende Felsenthor; unter der Blähe auf dem Stroh saß Franzel ruhig und thränenlos. Sie war aufs Aeußerste gefaßt. Tags darauf wanderte auch Hanney zur andern Seite aus Salzburg. Er hatte lange bei der Base gewartet, bis er sich der Ueberzeugung nicht mehr verschließen konnte, daß Franzel die Stadt bereits wieder verlassen haben müsse. Er kam Nachts in seinem Häuschen an und übergab am andern Tage der Alten die Schlüssel, weil er verreisen müsse. Niemand wußte, wohin er gegangen war; aber Wand des gegenüberstehenden Hauses halten, um nicht umzusinken. . . Dann aber stürzte sie wie außer sich dem Jahrmärkte und der Bude mit den Wilden zu. Athemlos trat sie vor den erstaunten Eigenthümer und rief: Da bin ich! Da habt ihr mich, wenn es euch Ernst mit eurem Antrag ist . . . ich will werden, was ich werden muß, ein Abenteuer für die müßige Welt, ein nichtsnutziges Schaustück. — Das erfreute Marktschreierpaar war höchlich damit zufrieden und suchte sie auf alle Weise zu beruhigen. Der Handel war bald geschlossen und das Handgeld gegeben. Stell dir's nicht so schwer vor, Mädel, sagte die Frau. Du sollst es gut haben bei uns. Mach dich aber fertig zur Reise; die Dult ist aus, und wir reisen noch heute Abend. Franzel war bereit; sie verließ die Bude nicht mehr. Abends polterte der Gauklerwagen mit allerlei seltsamem Geräthe beladen durch das hallende Felsenthor; unter der Blähe auf dem Stroh saß Franzel ruhig und thränenlos. Sie war aufs Aeußerste gefaßt. Tags darauf wanderte auch Hanney zur andern Seite aus Salzburg. Er hatte lange bei der Base gewartet, bis er sich der Ueberzeugung nicht mehr verschließen konnte, daß Franzel die Stadt bereits wieder verlassen haben müsse. Er kam Nachts in seinem Häuschen an und übergab am andern Tage der Alten die Schlüssel, weil er verreisen müsse. Niemand wußte, wohin er gegangen war; aber <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0081"/> Wand des gegenüberstehenden Hauses halten, um nicht umzusinken. . .</p><lb/> <p>Dann aber stürzte sie wie außer sich dem Jahrmärkte und der Bude mit den Wilden zu. Athemlos trat sie vor den erstaunten Eigenthümer und rief: Da bin ich! Da habt ihr mich, wenn es euch Ernst mit eurem Antrag ist . . . ich will werden, was ich werden muß, ein Abenteuer für die müßige Welt, ein nichtsnutziges Schaustück. — Das erfreute Marktschreierpaar war höchlich damit zufrieden und suchte sie auf alle Weise zu beruhigen. Der Handel war bald geschlossen und das Handgeld gegeben. Stell dir's nicht so schwer vor, Mädel, sagte die Frau. Du sollst es gut haben bei uns. Mach dich aber fertig zur Reise; die Dult ist aus, und wir reisen noch heute Abend.</p><lb/> <p>Franzel war bereit; sie verließ die Bude nicht mehr. Abends polterte der Gauklerwagen mit allerlei seltsamem Geräthe beladen durch das hallende Felsenthor; unter der Blähe auf dem Stroh saß Franzel ruhig und thränenlos. Sie war aufs Aeußerste gefaßt. Tags darauf wanderte auch Hanney zur andern Seite aus Salzburg. Er hatte lange bei der Base gewartet, bis er sich der Ueberzeugung nicht mehr verschließen konnte, daß Franzel die Stadt bereits wieder verlassen haben müsse. Er kam Nachts in seinem Häuschen an und übergab am andern Tage der Alten die Schlüssel, weil er verreisen müsse.</p><lb/> <p>Niemand wußte, wohin er gegangen war; aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
Wand des gegenüberstehenden Hauses halten, um nicht umzusinken. . .
Dann aber stürzte sie wie außer sich dem Jahrmärkte und der Bude mit den Wilden zu. Athemlos trat sie vor den erstaunten Eigenthümer und rief: Da bin ich! Da habt ihr mich, wenn es euch Ernst mit eurem Antrag ist . . . ich will werden, was ich werden muß, ein Abenteuer für die müßige Welt, ein nichtsnutziges Schaustück. — Das erfreute Marktschreierpaar war höchlich damit zufrieden und suchte sie auf alle Weise zu beruhigen. Der Handel war bald geschlossen und das Handgeld gegeben. Stell dir's nicht so schwer vor, Mädel, sagte die Frau. Du sollst es gut haben bei uns. Mach dich aber fertig zur Reise; die Dult ist aus, und wir reisen noch heute Abend.
Franzel war bereit; sie verließ die Bude nicht mehr. Abends polterte der Gauklerwagen mit allerlei seltsamem Geräthe beladen durch das hallende Felsenthor; unter der Blähe auf dem Stroh saß Franzel ruhig und thränenlos. Sie war aufs Aeußerste gefaßt. Tags darauf wanderte auch Hanney zur andern Seite aus Salzburg. Er hatte lange bei der Base gewartet, bis er sich der Ueberzeugung nicht mehr verschließen konnte, daß Franzel die Stadt bereits wieder verlassen haben müsse. Er kam Nachts in seinem Häuschen an und übergab am andern Tage der Alten die Schlüssel, weil er verreisen müsse.
Niemand wußte, wohin er gegangen war; aber
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Zitationshilfe: | Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/81>, abgerufen am 16.02.2025. |