Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und Ständen aller Art zu entwickeln begann. Langsam schritt sie durch das Gedräng und blieb auf einmal überrascht und verwundert vor einer Schaubude stehen, vor welcher ein großer schwarzbärtiger Mann im rothen Rock die Neugierigen unter dem Schalle einer großen Trommel und einer verstimmten Trompete zum Eintritt aufforderte. Treten Sie ein, meine Herrschaften! rief der Marktschreier. So eben ist der Anfang! Hier sind zu sehen die weltberühmten Hottentotten, Kaffern und Buschmenschen, so von Königen und Kaisern und allen hohen Potentaten bewundert, in hiesiger Stadt aber noch niemals nicht gesehen worden! Treten Sie ein -- es sind ächte, wirkliche Kaffern, die Sie in ihrer ganzen Natürlichkeit sehn, wie sie in ihrem Vaterlande frei herum gehn! Immer herein spaziert, meine Herrschaften -- es wird Sie nicht gereuen! Franzel traute ihren Ohren kaum. Also wirkliche Menschen waren hier zur Schau ausgestellt, wie sie sonst Wohl Löwen und Bären gesehen hatte! Und die Leute drängten sich herzu, diese Menschen zu begaffen, und Alles das nur, weil sie nicht die Farbe dieses Himmelstrichs trugen, weil sie eine dunkle Haut hatten, eine Haut, wie sie selbst! Es war kein Zweifel möglich, denn vor der Bude hingen große Bilder und bestätigten die Ankündigung dessen, was drinnen zu sehen war. Es waren nackte farbige Menschen darauf gemalt, mit Federkronen und Federschürzen, mit Korallenschnüren um den Hals, spielend und tanzend, wie sie es in und Ständen aller Art zu entwickeln begann. Langsam schritt sie durch das Gedräng und blieb auf einmal überrascht und verwundert vor einer Schaubude stehen, vor welcher ein großer schwarzbärtiger Mann im rothen Rock die Neugierigen unter dem Schalle einer großen Trommel und einer verstimmten Trompete zum Eintritt aufforderte. Treten Sie ein, meine Herrschaften! rief der Marktschreier. So eben ist der Anfang! Hier sind zu sehen die weltberühmten Hottentotten, Kaffern und Buschmenschen, so von Königen und Kaisern und allen hohen Potentaten bewundert, in hiesiger Stadt aber noch niemals nicht gesehen worden! Treten Sie ein — es sind ächte, wirkliche Kaffern, die Sie in ihrer ganzen Natürlichkeit sehn, wie sie in ihrem Vaterlande frei herum gehn! Immer herein spaziert, meine Herrschaften — es wird Sie nicht gereuen! Franzel traute ihren Ohren kaum. Also wirkliche Menschen waren hier zur Schau ausgestellt, wie sie sonst Wohl Löwen und Bären gesehen hatte! Und die Leute drängten sich herzu, diese Menschen zu begaffen, und Alles das nur, weil sie nicht die Farbe dieses Himmelstrichs trugen, weil sie eine dunkle Haut hatten, eine Haut, wie sie selbst! Es war kein Zweifel möglich, denn vor der Bude hingen große Bilder und bestätigten die Ankündigung dessen, was drinnen zu sehen war. Es waren nackte farbige Menschen darauf gemalt, mit Federkronen und Federschürzen, mit Korallenschnüren um den Hals, spielend und tanzend, wie sie es in <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0073"/> und Ständen aller Art zu entwickeln begann. Langsam schritt sie durch das Gedräng und blieb auf einmal überrascht und verwundert vor einer Schaubude stehen, vor welcher ein großer schwarzbärtiger Mann im rothen Rock die Neugierigen unter dem Schalle einer großen Trommel und einer verstimmten Trompete zum Eintritt aufforderte. Treten Sie ein, meine Herrschaften! rief der Marktschreier. So eben ist der Anfang! Hier sind zu sehen die weltberühmten Hottentotten, Kaffern und Buschmenschen, so von Königen und Kaisern und allen hohen Potentaten bewundert, in hiesiger Stadt aber noch niemals nicht gesehen worden! Treten Sie ein — es sind ächte, wirkliche Kaffern, die Sie in ihrer ganzen Natürlichkeit sehn, wie sie in ihrem Vaterlande frei herum gehn! Immer herein spaziert, meine Herrschaften — es wird Sie nicht gereuen!</p><lb/> <p>Franzel traute ihren Ohren kaum. Also wirkliche Menschen waren hier zur Schau ausgestellt, wie sie sonst Wohl Löwen und Bären gesehen hatte! Und die Leute drängten sich herzu, diese Menschen zu begaffen, und Alles das nur, weil sie nicht die Farbe dieses Himmelstrichs trugen, weil sie eine dunkle Haut hatten, eine Haut, wie sie selbst! Es war kein Zweifel möglich, denn vor der Bude hingen große Bilder und bestätigten die Ankündigung dessen, was drinnen zu sehen war. Es waren nackte farbige Menschen darauf gemalt, mit Federkronen und Federschürzen, mit Korallenschnüren um den Hals, spielend und tanzend, wie sie es in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
und Ständen aller Art zu entwickeln begann. Langsam schritt sie durch das Gedräng und blieb auf einmal überrascht und verwundert vor einer Schaubude stehen, vor welcher ein großer schwarzbärtiger Mann im rothen Rock die Neugierigen unter dem Schalle einer großen Trommel und einer verstimmten Trompete zum Eintritt aufforderte. Treten Sie ein, meine Herrschaften! rief der Marktschreier. So eben ist der Anfang! Hier sind zu sehen die weltberühmten Hottentotten, Kaffern und Buschmenschen, so von Königen und Kaisern und allen hohen Potentaten bewundert, in hiesiger Stadt aber noch niemals nicht gesehen worden! Treten Sie ein — es sind ächte, wirkliche Kaffern, die Sie in ihrer ganzen Natürlichkeit sehn, wie sie in ihrem Vaterlande frei herum gehn! Immer herein spaziert, meine Herrschaften — es wird Sie nicht gereuen!
Franzel traute ihren Ohren kaum. Also wirkliche Menschen waren hier zur Schau ausgestellt, wie sie sonst Wohl Löwen und Bären gesehen hatte! Und die Leute drängten sich herzu, diese Menschen zu begaffen, und Alles das nur, weil sie nicht die Farbe dieses Himmelstrichs trugen, weil sie eine dunkle Haut hatten, eine Haut, wie sie selbst! Es war kein Zweifel möglich, denn vor der Bude hingen große Bilder und bestätigten die Ankündigung dessen, was drinnen zu sehen war. Es waren nackte farbige Menschen darauf gemalt, mit Federkronen und Federschürzen, mit Korallenschnüren um den Hals, spielend und tanzend, wie sie es in
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Zitationshilfe: | Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/73>, abgerufen am 16.02.2025. |