Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nicht noch schlimmer daran als die arme Königin? Sie kann in ihr Land zurückkehren, wo sie treue Diener und Freunde hat . . . wo habe ich eine Heimath? Muß ich nicht, wie sie, auf Alles verzichten, was einem lieb und werth ist, und muß dazu noch ein fröhliches Gesicht machen, damit man mich nicht gleich vor die Thüre weist? Nein, nein, -- jetzt, nach deinem heutigen Spielen gehörst du zu unserm Theater . du wirst bei uns bleiben und bist geborgen. Geborgen? -- Es thut mir leid, daß ich das sagen muß, und ich bitte dich um Alles in der Welt, leg es mir nicht als Undankbarkeit aus -- aber glaubst du denn, daß man immerfort die Königin von Saba geben kann? Und wenn sie abgespielt ist, was dann? Hanney schwieg. Dann ist's wieder das Alte, fuhr sie fort, dann schicken sie mich wieder weiter -- dann soll ich mir wieder mein Brod unter fremden Leuten suchen und soll dienen... und kann ich es denn? Wo es die Leute mit mir wagen, es geht nicht -- die Nachbarn beschweren sich, weil ihre Kinder sich vor mir fürchten, die Dummen spotten über mich, und die Abergläubischen scheuen mich ... du hast es ja selbst gehört, daß sie alle Schwarzen für Zauberer halten! Und doch ist es nicht, wie du sagst! Die Königin muß den einzigen Freund aufgeben, den sie hat -- das mußt du nicht, denn du hast ja mich! O sage das nicht! rief Franzel gerührt und mit nicht noch schlimmer daran als die arme Königin? Sie kann in ihr Land zurückkehren, wo sie treue Diener und Freunde hat . . . wo habe ich eine Heimath? Muß ich nicht, wie sie, auf Alles verzichten, was einem lieb und werth ist, und muß dazu noch ein fröhliches Gesicht machen, damit man mich nicht gleich vor die Thüre weist? Nein, nein, — jetzt, nach deinem heutigen Spielen gehörst du zu unserm Theater . du wirst bei uns bleiben und bist geborgen. Geborgen? — Es thut mir leid, daß ich das sagen muß, und ich bitte dich um Alles in der Welt, leg es mir nicht als Undankbarkeit aus — aber glaubst du denn, daß man immerfort die Königin von Saba geben kann? Und wenn sie abgespielt ist, was dann? Hanney schwieg. Dann ist's wieder das Alte, fuhr sie fort, dann schicken sie mich wieder weiter — dann soll ich mir wieder mein Brod unter fremden Leuten suchen und soll dienen... und kann ich es denn? Wo es die Leute mit mir wagen, es geht nicht — die Nachbarn beschweren sich, weil ihre Kinder sich vor mir fürchten, die Dummen spotten über mich, und die Abergläubischen scheuen mich ... du hast es ja selbst gehört, daß sie alle Schwarzen für Zauberer halten! Und doch ist es nicht, wie du sagst! Die Königin muß den einzigen Freund aufgeben, den sie hat — das mußt du nicht, denn du hast ja mich! O sage das nicht! rief Franzel gerührt und mit <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0062"/> nicht noch schlimmer daran als die arme Königin? Sie kann in ihr Land zurückkehren, wo sie treue Diener und Freunde hat . . . wo habe ich eine Heimath? Muß ich nicht, wie sie, auf Alles verzichten, was einem lieb und werth ist, und muß dazu noch ein fröhliches Gesicht machen, damit man mich nicht gleich vor die Thüre weist?</p><lb/> <p>Nein, nein, — jetzt, nach deinem heutigen Spielen gehörst du zu unserm Theater . du wirst bei uns bleiben und bist geborgen.</p><lb/> <p>Geborgen? — Es thut mir leid, daß ich das sagen muß, und ich bitte dich um Alles in der Welt, leg es mir nicht als Undankbarkeit aus — aber glaubst du denn, daß man immerfort die Königin von Saba geben kann? Und wenn sie abgespielt ist, was dann?</p><lb/> <p>Hanney schwieg. Dann ist's wieder das Alte, fuhr sie fort, dann schicken sie mich wieder weiter — dann soll ich mir wieder mein Brod unter fremden Leuten suchen und soll dienen... und kann ich es denn? Wo es die Leute mit mir wagen, es geht nicht — die Nachbarn beschweren sich, weil ihre Kinder sich vor mir fürchten, die Dummen spotten über mich, und die Abergläubischen scheuen mich ... du hast es ja selbst gehört, daß sie alle Schwarzen für Zauberer halten!</p><lb/> <p>Und doch ist es nicht, wie du sagst! Die Königin muß den einzigen Freund aufgeben, den sie hat — das mußt du nicht, denn du hast ja mich!</p><lb/> <p>O sage das nicht! rief Franzel gerührt und mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
nicht noch schlimmer daran als die arme Königin? Sie kann in ihr Land zurückkehren, wo sie treue Diener und Freunde hat . . . wo habe ich eine Heimath? Muß ich nicht, wie sie, auf Alles verzichten, was einem lieb und werth ist, und muß dazu noch ein fröhliches Gesicht machen, damit man mich nicht gleich vor die Thüre weist?
Nein, nein, — jetzt, nach deinem heutigen Spielen gehörst du zu unserm Theater . du wirst bei uns bleiben und bist geborgen.
Geborgen? — Es thut mir leid, daß ich das sagen muß, und ich bitte dich um Alles in der Welt, leg es mir nicht als Undankbarkeit aus — aber glaubst du denn, daß man immerfort die Königin von Saba geben kann? Und wenn sie abgespielt ist, was dann?
Hanney schwieg. Dann ist's wieder das Alte, fuhr sie fort, dann schicken sie mich wieder weiter — dann soll ich mir wieder mein Brod unter fremden Leuten suchen und soll dienen... und kann ich es denn? Wo es die Leute mit mir wagen, es geht nicht — die Nachbarn beschweren sich, weil ihre Kinder sich vor mir fürchten, die Dummen spotten über mich, und die Abergläubischen scheuen mich ... du hast es ja selbst gehört, daß sie alle Schwarzen für Zauberer halten!
Und doch ist es nicht, wie du sagst! Die Königin muß den einzigen Freund aufgeben, den sie hat — das mußt du nicht, denn du hast ja mich!
O sage das nicht! rief Franzel gerührt und mit
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Zitationshilfe: | Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/62>, abgerufen am 16.02.2025. |