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Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Thränen strömten über die braunen Wangen, aber durch die Thränen blickte sie in machtlosem Grimm auf die sie Umdrängenden. Es war etwas in ihrem Anblick, was an die heiße Heimat ihres Vaters erinnerte und an eins der wilden Thiere, das sich dräuend und doch furchtsam gegen den Rudel der Jäger wendet.

Nickel stand voran unter den Burschen. Sag's, daß du gelogen hast! schrie er Franzel an. Gesteh's ein, daß du eine freche, hergelaufene Person bist . . . und wir thun dir nichts zu Leid . . .

In Franzel's Gesicht malte sich unsägliche Verachtung. Was du mich schimpfen willst, sagte sie, das bist du Alles doppelt selber . . .

Was? schrie Nickel wüthend. Du Wechselbalg, willst mich einen hergelaufenen Menschen heißen? Du willst uns roth werden heißen, und kannst selber gar nicht roth werden unter deinem schwarzledernen Gesicht? Du . . .

Er verstummte plötzlich -- denn mit einem gewaltigen Ruck fühlte er sich bei Seite geschoben und stand Hanney gegenüber, der sich Bahn ins Gedräng gebrochen hatte und ihn mit zornfunkelnden Augen anschrie: Zurück da! Ist das all deine Courage, daß du über ein armes Mädel herfällst, das sich nicht wehren kann? Habt ihr Alle miteinander, die ihr da herumsteht und gafft, nicht so viel Gehirn in den Köpfen, daß ihr sie wegen etwas verhöhnt, wofür sie nichts kann? . . . Auseinander da, Alle! rief er gebieterisch.

Thränen strömten über die braunen Wangen, aber durch die Thränen blickte sie in machtlosem Grimm auf die sie Umdrängenden. Es war etwas in ihrem Anblick, was an die heiße Heimat ihres Vaters erinnerte und an eins der wilden Thiere, das sich dräuend und doch furchtsam gegen den Rudel der Jäger wendet.

Nickel stand voran unter den Burschen. Sag's, daß du gelogen hast! schrie er Franzel an. Gesteh's ein, daß du eine freche, hergelaufene Person bist . . . und wir thun dir nichts zu Leid . . .

In Franzel's Gesicht malte sich unsägliche Verachtung. Was du mich schimpfen willst, sagte sie, das bist du Alles doppelt selber . . .

Was? schrie Nickel wüthend. Du Wechselbalg, willst mich einen hergelaufenen Menschen heißen? Du willst uns roth werden heißen, und kannst selber gar nicht roth werden unter deinem schwarzledernen Gesicht? Du . . .

Er verstummte plötzlich — denn mit einem gewaltigen Ruck fühlte er sich bei Seite geschoben und stand Hanney gegenüber, der sich Bahn ins Gedräng gebrochen hatte und ihn mit zornfunkelnden Augen anschrie: Zurück da! Ist das all deine Courage, daß du über ein armes Mädel herfällst, das sich nicht wehren kann? Habt ihr Alle miteinander, die ihr da herumsteht und gafft, nicht so viel Gehirn in den Köpfen, daß ihr sie wegen etwas verhöhnt, wofür sie nichts kann? . . . Auseinander da, Alle! rief er gebieterisch.

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[0034] Thränen strömten über die braunen Wangen, aber durch die Thränen blickte sie in machtlosem Grimm auf die sie Umdrängenden. Es war etwas in ihrem Anblick, was an die heiße Heimat ihres Vaters erinnerte und an eins der wilden Thiere, das sich dräuend und doch furchtsam gegen den Rudel der Jäger wendet. Nickel stand voran unter den Burschen. Sag's, daß du gelogen hast! schrie er Franzel an. Gesteh's ein, daß du eine freche, hergelaufene Person bist . . . und wir thun dir nichts zu Leid . . . In Franzel's Gesicht malte sich unsägliche Verachtung. Was du mich schimpfen willst, sagte sie, das bist du Alles doppelt selber . . . Was? schrie Nickel wüthend. Du Wechselbalg, willst mich einen hergelaufenen Menschen heißen? Du willst uns roth werden heißen, und kannst selber gar nicht roth werden unter deinem schwarzledernen Gesicht? Du . . . Er verstummte plötzlich — denn mit einem gewaltigen Ruck fühlte er sich bei Seite geschoben und stand Hanney gegenüber, der sich Bahn ins Gedräng gebrochen hatte und ihn mit zornfunkelnden Augen anschrie: Zurück da! Ist das all deine Courage, daß du über ein armes Mädel herfällst, das sich nicht wehren kann? Habt ihr Alle miteinander, die ihr da herumsteht und gafft, nicht so viel Gehirn in den Köpfen, daß ihr sie wegen etwas verhöhnt, wofür sie nichts kann? . . . Auseinander da, Alle! rief er gebieterisch.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:20:55Z)

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Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/34>, abgerufen am 21.11.2024.