Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.eine Irrung nicht vor. Du bist zu der Braunauer Abtheilung bestimmt gewesen, aber wir haben uns anders besonnen, daß das just die beste Abtheilung ist, die in die größern Städte kommt, wo wir unser Renommee erhalten müssen. Drum gehst du noch auf eine Zeit zu den Burghausern, Melcher, bis du besser eingespielt bist . . . Aber die Wolfsind? stammelte der Bursche, verbesserte sich aber sogleich und rief: Aber der bayerische Hiesel, will ich sagen? Der ist dir versprochen, entgegnete der Alte, und Versprechen muß man halten. Wir fangen bei unserer Abtheilung damit an, ihr könnt's auch thun -- mach ihn nur recht brav, daß ihr ihn oft geben könnt! Der enttäuschte Melcher vermochte nichts mehr zu erwidern; die Bursche, die zuvor mit Hanney unter dem Fenster gestanden, winkten sich mit den Augen zu und stießen sich mit den Ellenbogen. Es war Allen klar, daß die plötzliche Umänderung eines Planes, der schon allgemein bekannt gewesen war und für unumstößlich gegolten hatte, einen besondern Grund haben musse, und Alle suchten ihn unwillkürlich in dem vorausgegangenen Gespräch. Offenbar war Niemand Anderer als Wolfsind am Fenster gewesen; sie hatte Hanney's Worte und Lobeserhebungen gehört und wollte ihm durch die That beweisen, daß sie für diese Huldigung weder undankbar noch unempfindlich war. Auch in Hanney ging eine Ahnung davon auf und verwirrte ihn ein wenig, so daß eine Irrung nicht vor. Du bist zu der Braunauer Abtheilung bestimmt gewesen, aber wir haben uns anders besonnen, daß das just die beste Abtheilung ist, die in die größern Städte kommt, wo wir unser Renommee erhalten müssen. Drum gehst du noch auf eine Zeit zu den Burghausern, Melcher, bis du besser eingespielt bist . . . Aber die Wolfsind? stammelte der Bursche, verbesserte sich aber sogleich und rief: Aber der bayerische Hiesel, will ich sagen? Der ist dir versprochen, entgegnete der Alte, und Versprechen muß man halten. Wir fangen bei unserer Abtheilung damit an, ihr könnt's auch thun — mach ihn nur recht brav, daß ihr ihn oft geben könnt! Der enttäuschte Melcher vermochte nichts mehr zu erwidern; die Bursche, die zuvor mit Hanney unter dem Fenster gestanden, winkten sich mit den Augen zu und stießen sich mit den Ellenbogen. Es war Allen klar, daß die plötzliche Umänderung eines Planes, der schon allgemein bekannt gewesen war und für unumstößlich gegolten hatte, einen besondern Grund haben musse, und Alle suchten ihn unwillkürlich in dem vorausgegangenen Gespräch. Offenbar war Niemand Anderer als Wolfsind am Fenster gewesen; sie hatte Hanney's Worte und Lobeserhebungen gehört und wollte ihm durch die That beweisen, daß sie für diese Huldigung weder undankbar noch unempfindlich war. Auch in Hanney ging eine Ahnung davon auf und verwirrte ihn ein wenig, so daß <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0024"/> eine Irrung nicht vor. Du bist zu der Braunauer Abtheilung bestimmt gewesen, aber wir haben uns anders besonnen, daß das just die beste Abtheilung ist, die in die größern Städte kommt, wo wir unser Renommee erhalten müssen. Drum gehst du noch auf eine Zeit zu den Burghausern, Melcher, bis du besser eingespielt bist . . .</p><lb/> <p>Aber die Wolfsind? stammelte der Bursche, verbesserte sich aber sogleich und rief: Aber der bayerische Hiesel, will ich sagen?</p><lb/> <p>Der ist dir versprochen, entgegnete der Alte, und Versprechen muß man halten. Wir fangen bei unserer Abtheilung damit an, ihr könnt's auch thun — mach ihn nur recht brav, daß ihr ihn oft geben könnt!</p><lb/> <p>Der enttäuschte Melcher vermochte nichts mehr zu erwidern; die Bursche, die zuvor mit Hanney unter dem Fenster gestanden, winkten sich mit den Augen zu und stießen sich mit den Ellenbogen. Es war Allen klar, daß die plötzliche Umänderung eines Planes, der schon allgemein bekannt gewesen war und für unumstößlich gegolten hatte, einen besondern Grund haben musse, und Alle suchten ihn unwillkürlich in dem vorausgegangenen Gespräch. Offenbar war Niemand Anderer als Wolfsind am Fenster gewesen; sie hatte Hanney's Worte und Lobeserhebungen gehört und wollte ihm durch die That beweisen, daß sie für diese Huldigung weder undankbar noch unempfindlich war. Auch in Hanney ging eine Ahnung davon auf und verwirrte ihn ein wenig, so daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
eine Irrung nicht vor. Du bist zu der Braunauer Abtheilung bestimmt gewesen, aber wir haben uns anders besonnen, daß das just die beste Abtheilung ist, die in die größern Städte kommt, wo wir unser Renommee erhalten müssen. Drum gehst du noch auf eine Zeit zu den Burghausern, Melcher, bis du besser eingespielt bist . . .
Aber die Wolfsind? stammelte der Bursche, verbesserte sich aber sogleich und rief: Aber der bayerische Hiesel, will ich sagen?
Der ist dir versprochen, entgegnete der Alte, und Versprechen muß man halten. Wir fangen bei unserer Abtheilung damit an, ihr könnt's auch thun — mach ihn nur recht brav, daß ihr ihn oft geben könnt!
Der enttäuschte Melcher vermochte nichts mehr zu erwidern; die Bursche, die zuvor mit Hanney unter dem Fenster gestanden, winkten sich mit den Augen zu und stießen sich mit den Ellenbogen. Es war Allen klar, daß die plötzliche Umänderung eines Planes, der schon allgemein bekannt gewesen war und für unumstößlich gegolten hatte, einen besondern Grund haben musse, und Alle suchten ihn unwillkürlich in dem vorausgegangenen Gespräch. Offenbar war Niemand Anderer als Wolfsind am Fenster gewesen; sie hatte Hanney's Worte und Lobeserhebungen gehört und wollte ihm durch die That beweisen, daß sie für diese Huldigung weder undankbar noch unempfindlich war. Auch in Hanney ging eine Ahnung davon auf und verwirrte ihn ein wenig, so daß
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Zitationshilfe: | Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/24>, abgerufen am 16.02.2025. |