Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite
Echafaut-Rede.
§. 198.

Jhr Ohren, Augen und Gewissen, ein grünen-
des Drey-Blatt an Menschen, die Vernunfft haben, und gesche-
henen Handlungen in der Welt nachsinnen können seyd ihr nüch-
tern vor diesem fürchterlichen Hochgerichte erschienen, so lasset
euch befragen: Ob ihr nicht entsetzlich-dröhnende Schläge ge-
höret an Menschen? Ob ihr nicht ein jämmerlich Spectacul ge-
schauet an Menschen? Ob ihr nicht mit innerlicher Empfindung
gefühlet dis hart-vollstreckte Urthel an Menschen? Und bey
euch selbst die ihr auch Menschen seyd, gedencket: Ob diesen Leu-
ten die allhier entleibet worden, ihr Recht geschehen sey, und
mit ihnen anders als also habe können verfahren werden?

§. 199.

Schrifft soll uns entscheiden, und unsrer Löbli-
chen Justitz das Wort reden, daß sie recht gerichtet, und ein Ur-
thel alhie an solcherley Sünder erbärmlich vollentzogen, welches
ihnen schon längst vom Geiste Gottes um ihres ungöttlichen
Wandels und ruchlosen Lebens willen ist zugedacht, und ihnen
alhie zu Berlin ist aufgehoben worden; Denn also stehet ge-
schrieben:

Sprüch-Wörter Salom. Cap. XX. 30.
Man muß dem Bösen wehren mit harter Straffe und
mit ernsten Schlägen die man fühlet.
§. 200.

Wir haben bisher eine schädliche Rotte, und eine grosse
Bande grimmiger Leute, meisten aus dem benachbarten Sachsen ent-
loffen, in unser Land bekommen, so sich mit denen streiffenden Zigeunern
offters vergesellschafftet, unsre Einwohner in Städten und Dörffern
nicht allein mit falschen Brand-Brieffen viele lange Jahre nach einan-
der, unter dem höchst-straffbaren Mißbrauch des Nahmens GOttes,
schändlich betrogen, ihnen aus ihren Allmosen-Kasten, und aus den Kir-
chen das Geld abgestohlen; sondern sie sind auch endlich zum Rauben
und Plündern mit teufflischen Kräfften gesteiffet, daß sie die Leute in ih-

ren
P
Echafaut-Rede.
§. 198.

Jhr Ohren, Augen und Gewiſſen, ein gruͤnen-
des Drey-Blatt an Menſchen, die Vernunfft haben, und geſche-
henen Handlungen in der Welt nachſinnen koͤnnen ſeyd ihr nuͤch-
tern vor dieſem fuͤrchterlichen Hochgerichte erſchienen, ſo laſſet
euch befragen: Ob ihr nicht entſetzlich-droͤhnende Schlaͤge ge-
hoͤret an Menſchen? Ob ihr nicht ein jaͤmmerlich Spectacul ge-
ſchauet an Menſchen? Ob ihr nicht mit innerlicher Empfindung
gefuͤhlet dis hart-vollſtreckte Urthel an Menſchen? Und bey
euch ſelbſt die ihr auch Menſchen ſeyd, gedencket: Ob dieſen Leu-
ten die allhier entleibet worden, ihr Recht geſchehen ſey, und
mit ihnen anders als alſo habe koͤnnen verfahren werden?

§. 199.

Schrifft ſoll uns entſcheiden, und unſrer Loͤbli-
chen Juſtitz das Wort reden, daß ſie recht gerichtet, und ein Ur-
thel alhie an ſolcherley Suͤnder erbaͤrmlich vollentzogen, welches
ihnen ſchon laͤngſt vom Geiſte Gottes um ihres ungoͤttlichen
Wandels und ruchloſen Lebens willen iſt zugedacht, und ihnen
alhie zu Berlin iſt aufgehoben worden; Denn alſo ſtehet ge-
ſchrieben:

Spruͤch-Woͤrter Salom. Cap. XX. 30.
Man muß dem Boͤſen wehren mit harter Straffe und
mit ernſten Schlaͤgen die man fuͤhlet.
§. 200.

Wir haben bisher eine ſchaͤdliche Rotte, und eine groſſe
Bande grimmiger Leute, meiſten aus dem benachbarten Sachſen ent-
loffen, in unſer Land bekommen, ſo ſich mit denen ſtreiffenden Zigeunern
offters vergeſellſchafftet, unſre Einwohner in Staͤdten und Doͤrffern
nicht allein mit falſchen Brand-Brieffen viele lange Jahre nach einan-
der, unter dem hoͤchſt-ſtraffbaren Mißbrauch des Nahmens GOttes,
ſchaͤndlich betrogen, ihnen aus ihren Allmoſen-Kaſten, und aus den Kir-
chen das Geld abgeſtohlen; ſondern ſie ſind auch endlich zum Rauben
und Pluͤndern mit teuffliſchen Kraͤfften geſteiffet, daß ſie die Leute in ih-

ren
P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0119" n="113[111]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Echafaut-</hi>Rede.</hi> </head>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 198.</head>
        <p>Jhr Ohren, Augen und Gewi&#x017F;&#x017F;en, ein gru&#x0364;nen-<lb/>
des Drey-Blatt an Men&#x017F;chen, die Vernunfft haben, und ge&#x017F;che-<lb/>
henen Handlungen in der Welt nach&#x017F;innen ko&#x0364;nnen &#x017F;eyd ihr nu&#x0364;ch-<lb/>
tern vor die&#x017F;em fu&#x0364;rchterlichen Hochgerichte er&#x017F;chienen, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;et<lb/>
euch befragen: Ob ihr nicht ent&#x017F;etzlich-dro&#x0364;hnende Schla&#x0364;ge ge-<lb/>
ho&#x0364;ret an Men&#x017F;chen? Ob ihr nicht ein ja&#x0364;mmerlich <hi rendition="#aq">Spectacul</hi> ge-<lb/>
&#x017F;chauet an Men&#x017F;chen? Ob ihr nicht mit innerlicher Empfindung<lb/>
gefu&#x0364;hlet dis hart-voll&#x017F;treckte Urthel an Men&#x017F;chen? Und bey<lb/>
euch &#x017F;elb&#x017F;t die ihr auch Men&#x017F;chen &#x017F;eyd, gedencket: Ob die&#x017F;en Leu-<lb/>
ten die allhier entleibet worden, ihr Recht ge&#x017F;chehen &#x017F;ey, und<lb/>
mit ihnen anders als al&#x017F;o habe ko&#x0364;nnen verfahren werden?</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 199.</head>
        <p>Schrifft &#x017F;oll uns ent&#x017F;cheiden, und un&#x017F;rer Lo&#x0364;bli-<lb/>
chen <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;ti</hi>tz das Wort reden, daß &#x017F;ie recht gerichtet, und ein Ur-<lb/>
thel alhie an &#x017F;olcherley Su&#x0364;nder erba&#x0364;rmlich vollentzogen, welches<lb/>
ihnen &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t vom Gei&#x017F;te Gottes um ihres ungo&#x0364;ttlichen<lb/>
Wandels und ruchlo&#x017F;en Lebens willen i&#x017F;t zugedacht, und ihnen<lb/>
alhie zu Berlin i&#x017F;t aufgehoben worden; Denn al&#x017F;o &#x017F;tehet ge-<lb/>
&#x017F;chrieben:</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#fr">Spru&#x0364;ch-Wo&#x0364;rter</hi><hi rendition="#aq">Salom. Cap. XX.</hi> 30.</head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>
            <cit>
              <quote>Man muß dem Bo&#x0364;&#x017F;en wehren mit harter Straffe und</quote>
            </cit>
          </l><lb/>
          <l>
            <cit>
              <quote>mit ern&#x017F;ten Schla&#x0364;gen die man fu&#x0364;hlet.</quote>
            </cit>
          </l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 200.</head>
        <p>Wir haben bisher eine &#x017F;cha&#x0364;dliche Rotte, und eine gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Bande grimmiger Leute, mei&#x017F;ten aus dem benachbarten Sach&#x017F;en ent-<lb/>
loffen, in un&#x017F;er Land bekommen, &#x017F;o &#x017F;ich mit denen &#x017F;treiffenden Zigeunern<lb/>
offters verge&#x017F;ell&#x017F;chafftet, un&#x017F;re Einwohner in Sta&#x0364;dten und Do&#x0364;rffern<lb/>
nicht allein mit fal&#x017F;chen Brand-Brieffen viele lange Jahre nach einan-<lb/>
der, unter dem ho&#x0364;ch&#x017F;t-&#x017F;traffbaren Mißbrauch des Nahmens GOttes,<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlich betrogen, ihnen aus ihren Allmo&#x017F;en-Ka&#x017F;ten, und aus den Kir-<lb/>
chen das Geld abge&#x017F;tohlen; &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;ind auch endlich zum Rauben<lb/>
und Plu&#x0364;ndern mit teuffli&#x017F;chen Kra&#x0364;fften ge&#x017F;teiffet, daß &#x017F;ie die Leute in ih-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P</fw><fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113[111]/0119] Echafaut-Rede. §. 198. Jhr Ohren, Augen und Gewiſſen, ein gruͤnen- des Drey-Blatt an Menſchen, die Vernunfft haben, und geſche- henen Handlungen in der Welt nachſinnen koͤnnen ſeyd ihr nuͤch- tern vor dieſem fuͤrchterlichen Hochgerichte erſchienen, ſo laſſet euch befragen: Ob ihr nicht entſetzlich-droͤhnende Schlaͤge ge- hoͤret an Menſchen? Ob ihr nicht ein jaͤmmerlich Spectacul ge- ſchauet an Menſchen? Ob ihr nicht mit innerlicher Empfindung gefuͤhlet dis hart-vollſtreckte Urthel an Menſchen? Und bey euch ſelbſt die ihr auch Menſchen ſeyd, gedencket: Ob dieſen Leu- ten die allhier entleibet worden, ihr Recht geſchehen ſey, und mit ihnen anders als alſo habe koͤnnen verfahren werden? §. 199. Schrifft ſoll uns entſcheiden, und unſrer Loͤbli- chen Juſtitz das Wort reden, daß ſie recht gerichtet, und ein Ur- thel alhie an ſolcherley Suͤnder erbaͤrmlich vollentzogen, welches ihnen ſchon laͤngſt vom Geiſte Gottes um ihres ungoͤttlichen Wandels und ruchloſen Lebens willen iſt zugedacht, und ihnen alhie zu Berlin iſt aufgehoben worden; Denn alſo ſtehet ge- ſchrieben: Spruͤch-Woͤrter Salom. Cap. XX. 30. Man muß dem Boͤſen wehren mit harter Straffe und mit ernſten Schlaͤgen die man fuͤhlet. §. 200. Wir haben bisher eine ſchaͤdliche Rotte, und eine groſſe Bande grimmiger Leute, meiſten aus dem benachbarten Sachſen ent- loffen, in unſer Land bekommen, ſo ſich mit denen ſtreiffenden Zigeunern offters vergeſellſchafftet, unſre Einwohner in Staͤdten und Doͤrffern nicht allein mit falſchen Brand-Brieffen viele lange Jahre nach einan- der, unter dem hoͤchſt-ſtraffbaren Mißbrauch des Nahmens GOttes, ſchaͤndlich betrogen, ihnen aus ihren Allmoſen-Kaſten, und aus den Kir- chen das Geld abgeſtohlen; ſondern ſie ſind auch endlich zum Rauben und Pluͤndern mit teuffliſchen Kraͤfften geſteiffet, daß ſie die Leute in ih- ren P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/119
Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 113[111]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/119>, abgerufen am 18.12.2024.