Das müste schlecht seyn, wenn von der Aussenseite eines Volks die besten Nachrich- ten vorhanden sind, daß nicht der Historiker auch hin und wieder richtige Schlüsse daraus auf die Jnnenseite machen könnte. Jener Neisende fand auf einer Küste einen Zirkel im Sande: hier wonen Menschen, sagte er.
Jn welchem Maaße Menschen? wird Hr. H. wissen wollen. Jch möchte es auch wissen: aber in Vorfallenheiten unsrer Zeiten fodern wir selten Maaß- und Grad- bestimmungen; und von alten Zeiten wollen wir so strenge seyn? Die Leser sehen durch- gängig aus der Analyse dieser Recension, daß Hr. H. in Absicht auf die Geschichts- wissenschaft sehr unwissend sei: aber keinem fällt wol bei, von mir zu verlangen, daß ich auch das Maaß und den Grad seiner histori- schen Jgnoranz barometrisch bestimmen solle.
Doch Hr. H. sehe sich auf obiger Küste weiter um: vielleicht findet er merere Figu- ren im Sande, aus denen er, wann er Ma- thematik versteht, sicher rathen kan, ob das Volk, oder der Mann, der sie gemacht, Heka- tomben geopfert haben würde oder nicht, wenn ihn jemand das Pythagorische Theo- rem geleret hätte; das ist, ob seine Geome-
trie
Das muͤſte ſchlecht ſeyn, wenn von der Auſſenſeite eines Volks die beſten Nachrich- ten vorhanden ſind, daß nicht der Hiſtoriker auch hin und wieder richtige Schluͤſſe daraus auf die Jnnenſeite machen koͤnnte. Jener Neiſende fand auf einer Kuͤſte einen Zirkel im Sande: hier wonen Menſchen, ſagte er.
Jn welchem Maaße Menſchen? wird Hr. H. wiſſen wollen. Jch moͤchte es auch wiſſen: aber in Vorfallenheiten unſrer Zeiten fodern wir ſelten Maaß- und Grad- beſtimmungen; und von alten Zeiten wollen wir ſo ſtrenge ſeyn? Die Leſer ſehen durch- gaͤngig aus der Analyſe dieſer Recenſion, daß Hr. H. in Abſicht auf die Geſchichts- wiſſenſchaft ſehr unwiſſend ſei: aber keinem faͤllt wol bei, von mir zu verlangen, daß ich auch das Maaß und den Grad ſeiner hiſtori- ſchen Jgnoranz barometriſch beſtimmen ſolle.
Doch Hr. H. ſehe ſich auf obiger Kuͤſte weiter um: vielleicht findet er merere Figu- ren im Sande, aus denen er, wann er Ma- thematik verſteht, ſicher rathen kan, ob das Volk, oder der Mann, der ſie gemacht, Heka- tomben geopfert haben wuͤrde oder nicht, wenn ihn jemand das Pythagoriſche Theo- rem geleret haͤtte; das iſt, ob ſeine Geome-
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[278[54]/0074]
Das muͤſte ſchlecht ſeyn, wenn von der
Auſſenſeite eines Volks die beſten Nachrich-
ten vorhanden ſind, daß nicht der Hiſtoriker
auch hin und wieder richtige Schluͤſſe daraus
auf die Jnnenſeite machen koͤnnte. Jener
Neiſende fand auf einer Kuͤſte einen Zirkel im
Sande: hier wonen Menſchen, ſagte er.
Jn welchem Maaße Menſchen?
wird Hr. H. wiſſen wollen. Jch moͤchte es
auch wiſſen: aber in Vorfallenheiten unſrer
Zeiten fodern wir ſelten Maaß- und Grad-
beſtimmungen; und von alten Zeiten wollen
wir ſo ſtrenge ſeyn? Die Leſer ſehen durch-
gaͤngig aus der Analyſe dieſer Recenſion,
daß Hr. H. in Abſicht auf die Geſchichts-
wiſſenſchaft ſehr unwiſſend ſei: aber keinem
faͤllt wol bei, von mir zu verlangen, daß ich
auch das Maaß und den Grad ſeiner hiſtori-
ſchen Jgnoranz barometriſch beſtimmen ſolle.
Doch Hr. H. ſehe ſich auf obiger Kuͤſte
weiter um: vielleicht findet er merere Figu-
ren im Sande, aus denen er, wann er Ma-
thematik verſteht, ſicher rathen kan, ob das
Volk, oder der Mann, der ſie gemacht, Heka-
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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 278[54]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/74>, abgerufen am 16.02.2025.
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