Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Mancher Leser dachte wol Wunder, was
für Weisheit hinter Hrn. Herders warer
Reinigung des Grundes
liege! Und nun liegt
nichts, weniger als nichts, gar eine falsche
Folge aus einer waren obgleich ganz alltäg-
lichen Prämisse gezogen, dahinter.

4. Die Puncte der Zusammenleitung
werden schwerer, wenn man Hand an-
legt, als es bei einer Tabelle scheint.

Ja wol schwerer! Und gar unmöglich
für Hrn. Herder. Also lege er nie Hand
an: das ist des Historikers Werk.

Aber den gedultigen Historiker ver-
scheucht das Schwere nicht. Nur der tän-
delnde Kleinmeister hüpft weg, so bald man
ihm mit Arbeit droht.

Sollte auch wol jemand des Einfalls fä-
hig seyn, daß man von einer bloßen Tabel-
le sogleich zur Handanlegung ausgehen kön-
ne? Jch neme Sprengels Handwerks-Ta-
bellen vor mich vom Schusterwesen; mir
kommt nicht bei, zu schließen: der Mann,
der diese Tabelle gemacht hat, macht
eben so leicht einen Schuh.
Noch weni-
ger würde ich dem Verf. in einer Recension
den Tadel hingeworfen haben: die Puncte
der Zusammenfügung
des Leders werden

schwe-


Mancher Leſer dachte wol Wunder, was
fuͤr Weisheit hinter Hrn. Herders warer
Reinigung des Grundes
liege! Und nun liegt
nichts, weniger als nichts, gar eine falſche
Folge aus einer waren obgleich ganz alltaͤg-
lichen Praͤmiſſe gezogen, dahinter.

4. Die Puncte der Zuſammenleitung
werden ſchwerer, wenn man Hand an-
legt, als es bei einer Tabelle ſcheint.

Ja wol ſchwerer! Und gar unmoͤglich
fuͤr Hrn. Herder. Alſo lege er nie Hand
an: das iſt des Hiſtorikers Werk.

Aber den gedultigen Hiſtoriker ver-
ſcheucht das Schwere nicht. Nur der taͤn-
delnde Kleinmeiſter hüpft weg, ſo bald man
ihm mit Arbeit droht.

Sollte auch wol jemand des Einfalls faͤ-
hig ſeyn, daß man von einer bloßen Tabel-
le ſogleich zur Handanlegung ausgehen koͤn-
ne? Jch neme Sprengels Handwerks-Ta-
bellen vor mich vom Schuſterweſen; mir
kommt nicht bei, zu ſchließen: der Mann,
der dieſe Tabelle gemacht hat, macht
eben ſo leicht einen Schuh.
Noch weni-
ger wuͤrde ich dem Verf. in einer Recenſion
den Tadel hingeworfen haben: die Puncte
der Zuſammenfügung
des Leders werden

ſchwe-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0064" n="268[44]"/>
          <fw place="top" type="header">
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </fw>
          <p>Mancher Le&#x017F;er dachte wol Wunder, was<lb/>
fu&#x0364;r Weisheit hinter Hrn. Herders <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">warer<lb/>
Reinigung des Grundes</hi></hi> liege! Und nun liegt<lb/><hi rendition="#fr">nichts,</hi> weniger als nichts, gar eine fal&#x017F;che<lb/>
Folge aus einer waren obgleich ganz allta&#x0364;g-<lb/>
lichen Pra&#x0364;mi&#x017F;&#x017F;e gezogen, dahinter.</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">4. <hi rendition="#aq">Die Puncte der Zu&#x017F;ammenleitung<lb/>
werden &#x017F;chwerer, wenn man Hand an-<lb/>
legt, als es bei einer Tabelle &#x017F;cheint.</hi></hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Ja wol <hi rendition="#fr">&#x017F;chwerer!</hi> Und gar <hi rendition="#fr">unmo&#x0364;glich</hi><lb/>
fu&#x0364;r Hrn. Herder. Al&#x017F;o lege er nie Hand<lb/>
an: das i&#x017F;t des Hi&#x017F;torikers Werk.</p><lb/>
          <p>Aber den gedultigen Hi&#x017F;toriker ver-<lb/>
&#x017F;cheucht das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Schwere</hi></hi> nicht. Nur der ta&#x0364;n-<lb/>
delnde <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Kleinmei&#x017F;ter hüpft weg</hi>,</hi> &#x017F;o bald man<lb/>
ihm mit Arbeit <hi rendition="#fr">droht.</hi></p><lb/>
          <p>Sollte auch wol jemand des Einfalls fa&#x0364;-<lb/>
hig &#x017F;eyn, daß man von einer bloßen Tabel-<lb/>
le &#x017F;ogleich zur Handanlegung ausgehen ko&#x0364;n-<lb/>
ne? Jch neme <hi rendition="#fr">Sprengels</hi> Handwerks-Ta-<lb/>
bellen vor mich vom Schu&#x017F;terwe&#x017F;en; mir<lb/>
kommt nicht bei, zu &#x017F;chließen: <hi rendition="#fr">der Mann,<lb/>
der die&#x017F;e Tabelle gemacht hat, macht<lb/>
eben &#x017F;o leicht einen Schuh.</hi> Noch weni-<lb/>
ger wu&#x0364;rde ich dem Verf. in einer Recen&#x017F;ion<lb/>
den Tadel hingeworfen haben: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">die Puncte<lb/>
der Zu&#x017F;ammenfügung</hi> des Leders <hi rendition="#i">werden</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">&#x017F;chwe-</hi></hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268[44]/0064] Mancher Leſer dachte wol Wunder, was fuͤr Weisheit hinter Hrn. Herders warer Reinigung des Grundes liege! Und nun liegt nichts, weniger als nichts, gar eine falſche Folge aus einer waren obgleich ganz alltaͤg- lichen Praͤmiſſe gezogen, dahinter. 4. Die Puncte der Zuſammenleitung werden ſchwerer, wenn man Hand an- legt, als es bei einer Tabelle ſcheint. Ja wol ſchwerer! Und gar unmoͤglich fuͤr Hrn. Herder. Alſo lege er nie Hand an: das iſt des Hiſtorikers Werk. Aber den gedultigen Hiſtoriker ver- ſcheucht das Schwere nicht. Nur der taͤn- delnde Kleinmeiſter hüpft weg, ſo bald man ihm mit Arbeit droht. Sollte auch wol jemand des Einfalls faͤ- hig ſeyn, daß man von einer bloßen Tabel- le ſogleich zur Handanlegung ausgehen koͤn- ne? Jch neme Sprengels Handwerks-Ta- bellen vor mich vom Schuſterweſen; mir kommt nicht bei, zu ſchließen: der Mann, der dieſe Tabelle gemacht hat, macht eben ſo leicht einen Schuh. Noch weni- ger wuͤrde ich dem Verf. in einer Recenſion den Tadel hingeworfen haben: die Puncte der Zuſammenfügung des Leders werden ſchwe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/64
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 268[44]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/64>, abgerufen am 23.11.2024.