II. Bei Universitäts-Collegien muß nicht allemal ein Compendium in eigentlichem Compendienstyl zum Grunde gelegt werden. Man liest auch über ein Programm, über den Esprit des Loix, über die Jliade, über den Tacitus de Moribus Germanorum &c. (Hier sei nur Hr. H. wegen seiner falschen Jmagination auf der Hut, damit er nicht wieder etwa ein falsches Tertium comparatio- nis ertappe, oben S. 343). Hätte Hrn. Herders Abhandlung über den Ursprung der Sprache die übrigen wesentlichen Eigenschaf- ten einer guten Abhandlung (Wahrheit, Be- stimmtheit, und Neuheit der Jdeen): so würde kein Universitätsdocent Anstand ne- men, sie bei Vorlesungen über diese wichti- ge Materie zum Grunde zu legen; wenn sie gleich nichts weniger als im Compendien- styl geschrieben, und folglich nach Hrn. Her- ders Begriffe kein Lehrbuch, ist.
III. Bei meinem Jdeal hatte ich folgen- de Absicht auf meine Zuhörer. Weitläufti- ge Prolegomenen scheue ich bei meinen Vor- lesungen; aber ganz ohne Prolegomenen durf- te ich die Weltgeschichte nicht lesen. Jch
mußte
A a 2
Jdeal iſt Nichtcompendien-Styl, das geſtehe ich.
II. Bei Univerſitaͤts-Collegien muß nicht allemal ein Compendium in eigentlichem Compendienſtyl zum Grunde gelegt werden. Man lieſt auch uͤber ein Programm, uͤber den Eſprit des Loix, uͤber die Jliade, uͤber den Tacitus de Moribus Germanorum &c. (Hier ſei nur Hr. H. wegen ſeiner falſchen Jmagination auf der Hut, damit er nicht wieder etwa ein falſches Tertium comparatio- nis ertappe, oben S. 343). Haͤtte Hrn. Herders Abhandlung uͤber den Urſprung der Sprache die uͤbrigen weſentlichen Eigenſchaf- ten einer guten Abhandlung (Wahrheit, Be- ſtimmtheit, und Neuheit der Jdeen): ſo wuͤrde kein Univerſitaͤtsdocent Anſtand ne- men, ſie bei Vorleſungen uͤber dieſe wichti- ge Materie zum Grunde zu legen; wenn ſie gleich nichts weniger als im Compendien- ſtyl geſchrieben, und folglich nach Hrn. Her- ders Begriffe kein Lehrbuch, iſt.
III. Bei meinem Jdeal hatte ich folgen- de Abſicht auf meine Zuhoͤrer. Weitlaͤufti- ge Prolegomenen ſcheue ich bei meinen Vor- leſungen; aber ganz ohne Prolegomenen durf- te ich die Weltgeſchichte nicht leſen. Jch
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[371[147]/0167]
Jdeal iſt Nichtcompendien-Styl, das
geſtehe ich.
II. Bei Univerſitaͤts-Collegien muß
nicht allemal ein Compendium in eigentlichem
Compendienſtyl zum Grunde gelegt werden.
Man lieſt auch uͤber ein Programm, uͤber
den Eſprit des Loix, uͤber die Jliade, uͤber
den Tacitus de Moribus Germanorum &c.
(Hier ſei nur Hr. H. wegen ſeiner falſchen
Jmagination auf der Hut, damit er nicht
wieder etwa ein falſches Tertium comparatio-
nis ertappe, oben S. 343). Haͤtte Hrn.
Herders Abhandlung uͤber den Urſprung der
Sprache die uͤbrigen weſentlichen Eigenſchaf-
ten einer guten Abhandlung (Wahrheit, Be-
ſtimmtheit, und Neuheit der Jdeen): ſo
wuͤrde kein Univerſitaͤtsdocent Anſtand ne-
men, ſie bei Vorleſungen uͤber dieſe wichti-
ge Materie zum Grunde zu legen; wenn ſie
gleich nichts weniger als im Compendien-
ſtyl geſchrieben, und folglich nach Hrn. Her-
ders Begriffe kein Lehrbuch, iſt.
III. Bei meinem Jdeal hatte ich folgen-
de Abſicht auf meine Zuhoͤrer. Weitlaͤufti-
ge Prolegomenen ſcheue ich bei meinen Vor-
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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 371[147]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/167>, abgerufen am 19.07.2024.
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