Weder etymologische, noch geogra- phisch-historische Ableitungen, stehen in meinem Buche. Recht vorsetzlich nahm ich mich, selbst vor den allerwarscheinlichsten, in Acht. Denn einmal hatte ich den Grund- sätz, daß in ein solches Buch nur ausgemach- te Warheiten kommen müßten. Und zwei- tens erwartete ich, daß, weil ich sonst ety- mologisire, man mir hier auf den Dienst lauern würde. Diese Freude wollte ich kei- nem Laurer machen: aber Hr. H. tappt in die Falle, die ich ihm nicht gelegt hatte.
Es geht mir doch sonderbar mit meinen Ableitungen. Jn meiner Nordischen Ge- schichte machte ich einige; ich glaube, am rechten Orte, und so vorsichtig, als man immer thun kan. Auch die beste Ableitung ist mir nur ein halber Beweis; sie steht und fällt mit den Hauptbeweisen. Nun greift mir Hr. Thunmann meine Ableitun- gen an, haut sie in die Pfanne, und trium- phirt, und läßt mir meine Hauptbeweise, oder meine Grundirrtümer, unangerührt. Mich dauert seine verlorne Mühe! Greife er doch meine Hauptbeweise an: und fal- len diese, so müssen sich ihm die halben oh- nehin auf Gnade und Ungnade ergeben. --
Hr.
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Weder etymologiſche, noch geogra- phiſch-hiſtoriſche Ableitungen, ſtehen in meinem Buche. Recht vorſetzlich nahm ich mich, ſelbſt vor den allerwarſcheinlichſten, in Acht. Denn einmal hatte ich den Grund- ſaͤtz, daß in ein ſolches Buch nur ausgemach- te Warheiten kommen muͤßten. Und zwei- tens erwartete ich, daß, weil ich ſonſt ety- mologiſire, man mir hier auf den Dienſt lauern wuͤrde. Dieſe Freude wollte ich kei- nem Laurer machen: aber Hr. H. tappt in die Falle, die ich ihm nicht gelegt hatte.
Es geht mir doch ſonderbar mit meinen Ableitungen. Jn meiner Nordiſchen Ge- ſchichte machte ich einige; ich glaube, am rechten Orte, und ſo vorſichtig, als man immer thun kan. Auch die beſte Ableitung iſt mir nur ein halber Beweis; ſie ſteht und faͤllt mit den Hauptbeweiſen. Nun greift mir Hr. Thunmann meine Ableitun- gen an, haut ſie in die Pfanne, und trium- phirt, und laͤßt mir meine Hauptbeweiſe, oder meine Grundirrtuͤmer, unangeruͤhrt. Mich dauert ſeine verlorne Muͤhe! Greife er doch meine Hauptbeweiſe an: und fal- len dieſe, ſo muͤſſen ſich ihm die halben oh- nehin auf Gnade und Ungnade ergeben. —
Hr.
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[357[133]/0153]
Weder etymologiſche, noch geogra-
phiſch-hiſtoriſche Ableitungen, ſtehen in
meinem Buche. Recht vorſetzlich nahm ich
mich, ſelbſt vor den allerwarſcheinlichſten,
in Acht. Denn einmal hatte ich den Grund-
ſaͤtz, daß in ein ſolches Buch nur ausgemach-
te Warheiten kommen muͤßten. Und zwei-
tens erwartete ich, daß, weil ich ſonſt ety-
mologiſire, man mir hier auf den Dienſt
lauern wuͤrde. Dieſe Freude wollte ich kei-
nem Laurer machen: aber Hr. H. tappt in
die Falle, die ich ihm nicht gelegt hatte.
Es geht mir doch ſonderbar mit meinen
Ableitungen. Jn meiner Nordiſchen Ge-
ſchichte machte ich einige; ich glaube, am
rechten Orte, und ſo vorſichtig, als man
immer thun kan. Auch die beſte Ableitung
iſt mir nur ein halber Beweis; ſie ſteht
und faͤllt mit den Hauptbeweiſen. Nun
greift mir Hr. Thunmann meine Ableitun-
gen an, haut ſie in die Pfanne, und trium-
phirt, und laͤßt mir meine Hauptbeweiſe,
oder meine Grundirrtuͤmer, unangeruͤhrt.
Mich dauert ſeine verlorne Muͤhe! Greife
er doch meine Hauptbeweiſe an: und fal-
len dieſe, ſo muͤſſen ſich ihm die halben oh-
nehin auf Gnade und Ungnade ergeben. —
Hr.
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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 357[133]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/153>, abgerufen am 20.07.2024.
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