Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Mnemonik und Didaktik hat einen
Satz, den Hr. Hofrath Michaelis schön
erläutert hat: eine gewisse Art der Un-
ordnung ist oft eine große Hülfe, und
eine gewisse Art von Ordnung, die
grösseste Hinterniß, des Gedächtnis-
ses.
So könnte ein Lerer der Geschichte
glauben, recht ordentlich zu verfahren, wenn
er in dem einen Monate lauter Schlachten,
im andern lauter Gesetzgeber, im dritten
lauter Gelahrte u. s. w., beschriebe: allein
ich möchte nicht sein Zuhörer seyn.

Diesen sehr richtigen und sehr wichtigen
Satz wendet hier Hr. H. sehr unglücklich
auf einförmige Zalen an. Wenn ich sage,
Roms Geschichte vor Christo hat 3 Perio-
den, wovon jede 250 J. lang ist: gebe ich
dadurch zur Verwirrung Anlaß? Kan
ich nicht vielmer dadurch die Längen der Pe-
rioden auf das allersicherste behalten? Hätte
die erste Periode 200, die andre 300, und
die dritte 250 Jare: dann liefe ich ehe Ge-
fahr, die Zal 300 der dritten, und 250 der
ersten etc. Periode, aufzuheften, und mich
folglich zu verwirren.

Ein


Die Mnemonik und Didaktik hat einen
Satz, den Hr. Hofrath Michaelis ſchoͤn
erlaͤutert hat: eine gewiſſe Art der Un-
ordnung iſt oft eine große Huͤlfe, und
eine gewiſſe Art von Ordnung, die
groͤſſeſte Hinterniß, des Gedaͤchtniſ-
ſes.
So koͤnnte ein Lerer der Geſchichte
glauben, recht ordentlich zu verfahren, wenn
er in dem einen Monate lauter Schlachten,
im andern lauter Geſetzgeber, im dritten
lauter Gelahrte u. ſ. w., beſchriebe: allein
ich moͤchte nicht ſein Zuhoͤrer ſeyn.

Dieſen ſehr richtigen und ſehr wichtigen
Satz wendet hier Hr. H. ſehr ungluͤcklich
auf einfoͤrmige Zalen an. Wenn ich ſage,
Roms Geſchichte vor Chriſto hat 3 Perio-
den, wovon jede 250 J. lang iſt: gebe ich
dadurch zur Verwirrung Anlaß? Kan
ich nicht vielmer dadurch die Laͤngen der Pe-
rioden auf das allerſicherſte behalten? Haͤtte
die erſte Periode 200, die andre 300, und
die dritte 250 Jare: dann liefe ich ehe Ge-
fahr, die Zal 300 der dritten, und 250 der
erſten ꝛc. Periode, aufzuheften, und mich
folglich zu verwirren.

Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0100" n="304[80]"/>
          <fw place="top" type="header">
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </fw>
          <p>Die Mnemonik und Didaktik hat einen<lb/>
Satz, den Hr. Hofrath <hi rendition="#fr">Michaelis</hi> &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
erla&#x0364;utert hat: <hi rendition="#fr">eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art der Un-<lb/>
ordnung i&#x017F;t oft eine große Hu&#x0364;lfe, und<lb/>
eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art von Ordnung, die<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te Hinterniß, des Geda&#x0364;chtni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es.</hi> So ko&#x0364;nnte ein Lerer der Ge&#x017F;chichte<lb/>
glauben, recht ordentlich zu verfahren, wenn<lb/>
er in dem einen Monate lauter Schlachten,<lb/>
im andern lauter Ge&#x017F;etzgeber, im dritten<lb/>
lauter Gelahrte u. &#x017F;. w., be&#x017F;chriebe: allein<lb/>
ich mo&#x0364;chte nicht &#x017F;ein Zuho&#x0364;rer &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;en &#x017F;ehr richtigen und &#x017F;ehr wichtigen<lb/>
Satz wendet <hi rendition="#fr">hier</hi> Hr. H. &#x017F;ehr unglu&#x0364;cklich<lb/>
auf <hi rendition="#fr">einfo&#x0364;r</hi>mige <hi rendition="#fr">Zalen</hi> an. Wenn ich &#x017F;age,<lb/>
Roms Ge&#x017F;chichte vor Chri&#x017F;to hat 3 Perio-<lb/>
den, wovon jede 250 J. lang i&#x017F;t: gebe ich<lb/>
dadurch zur <hi rendition="#fr">Verwirrung</hi> Anlaß? Kan<lb/>
ich nicht vielmer dadurch die La&#x0364;ngen der Pe-<lb/>
rioden auf das aller&#x017F;icher&#x017F;te behalten? Ha&#x0364;tte<lb/>
die er&#x017F;te Periode 200, die andre 300, und<lb/>
die dritte 250 Jare: dann liefe ich ehe Ge-<lb/>
fahr, die Zal 300 der dritten, und 250 der<lb/>
er&#x017F;ten &#xA75B;c. Periode, aufzuheften, und mich<lb/>
folglich zu verwirren.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304[80]/0100] Die Mnemonik und Didaktik hat einen Satz, den Hr. Hofrath Michaelis ſchoͤn erlaͤutert hat: eine gewiſſe Art der Un- ordnung iſt oft eine große Huͤlfe, und eine gewiſſe Art von Ordnung, die groͤſſeſte Hinterniß, des Gedaͤchtniſ- ſes. So koͤnnte ein Lerer der Geſchichte glauben, recht ordentlich zu verfahren, wenn er in dem einen Monate lauter Schlachten, im andern lauter Geſetzgeber, im dritten lauter Gelahrte u. ſ. w., beſchriebe: allein ich moͤchte nicht ſein Zuhoͤrer ſeyn. Dieſen ſehr richtigen und ſehr wichtigen Satz wendet hier Hr. H. ſehr ungluͤcklich auf einfoͤrmige Zalen an. Wenn ich ſage, Roms Geſchichte vor Chriſto hat 3 Perio- den, wovon jede 250 J. lang iſt: gebe ich dadurch zur Verwirrung Anlaß? Kan ich nicht vielmer dadurch die Laͤngen der Pe- rioden auf das allerſicherſte behalten? Haͤtte die erſte Periode 200, die andre 300, und die dritte 250 Jare: dann liefe ich ehe Ge- fahr, die Zal 300 der dritten, und 250 der erſten ꝛc. Periode, aufzuheften, und mich folglich zu verwirren. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/100
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 304[80]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/100>, abgerufen am 25.11.2024.