Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 1. Göttingen u. a., 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Kap. I. §. 16.
uns Erdbürgern dereinst Gabriel, oder ein
andrer Geist von seinem Range, in Elysi-
um lesen. Jetzo verhöhnet uns der Astro-
nom über den Ausdruck Weltgeschichte
nicht: er erlaubt uns, daß wir das Wort
Welt auf unsern Planeten einschrenken,
und verschonet uns mit der Foderung, Anek-
doten aus den Archiven des Saturns und
Sirius beizubringen.

Nicht so nachsichtsvoll ist der Schöne
Geist. Wir reden von bekannter Welt-
geschichte, von Vorfällen, die sich unsers
Wissens in der Welt ereignet haben.
Diese Nebenbestimmungen halten wir nicht
für nötig, ausdrücklich in die Definition
einzuschieben: sie liegen in der Natur der
Sache, und verstehen sich von selbst, eben
so wie die Warheit der Begebenheiten.
Eine Zeit ohne verzeichnete Begebenheiten
ist eine unbekannte, folglich für die Ge-
schichte keine Zeit. Aber der französische
Witzling ignoriret diese Nebenbestimmun-

gen

Kap. I. §. 16.
uns Erdbuͤrgern dereinſt Gabriel, oder ein
andrer Geiſt von ſeinem Range, in Elyſi-
um leſen. Jetzo verhoͤhnet uns der Aſtro-
nom uͤber den Ausdruck Weltgeſchichte
nicht: er erlaubt uns, daß wir das Wort
Welt auf unſern Planeten einſchrenken,
und verſchonet uns mit der Foderung, Anek-
doten aus den Archiven des Saturns und
Sirius beizubringen.

Nicht ſo nachſichtsvoll iſt der Schoͤne
Geiſt. Wir reden von bekannter Welt-
geſchichte, von Vorfaͤllen, die ſich unſers
Wiſſens in der Welt ereignet haben.
Dieſe Nebenbeſtimmungen halten wir nicht
fuͤr noͤtig, ausdruͤcklich in die Definition
einzuſchieben: ſie liegen in der Natur der
Sache, und verſtehen ſich von ſelbſt, eben
ſo wie die Warheit der Begebenheiten.
Eine Zeit ohne verzeichnete Begebenheiten
iſt eine unbekannte, folglich fuͤr die Ge-
ſchichte keine Zeit. Aber der franzoͤſiſche
Witzling ignoriret dieſe Nebenbeſtimmun-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 16.</hi></fw><lb/>
uns Erdbu&#x0364;rgern derein&#x017F;t Gabriel, oder ein<lb/>
andrer Gei&#x017F;t von &#x017F;einem Range, in Ely&#x017F;i-<lb/>
um le&#x017F;en. Jetzo verho&#x0364;hnet uns der A&#x017F;tro-<lb/>
nom u&#x0364;ber den Ausdruck <hi rendition="#fr">Weltge&#x017F;chichte</hi><lb/>
nicht: er erlaubt uns, daß wir das Wort<lb/>
Welt auf un&#x017F;ern Planeten ein&#x017F;chrenken,<lb/>
und ver&#x017F;chonet uns mit der Foderung, Anek-<lb/>
doten aus den Archiven des Saturns und<lb/>
Sirius beizubringen.</p><lb/>
          <p>Nicht &#x017F;o nach&#x017F;ichtsvoll i&#x017F;t der Scho&#x0364;ne<lb/>
Gei&#x017F;t. Wir reden von <hi rendition="#fr">bekannter</hi> Welt-<lb/>
ge&#x017F;chichte, von Vorfa&#x0364;llen, die &#x017F;ich <hi rendition="#fr">un&#x017F;ers<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;ens</hi> in der Welt ereignet haben.<lb/>
Die&#x017F;e Nebenbe&#x017F;timmungen halten wir nicht<lb/>
fu&#x0364;r no&#x0364;tig, ausdru&#x0364;cklich in die Definition<lb/>
einzu&#x017F;chieben: &#x017F;ie liegen in der Natur der<lb/>
Sache, und ver&#x017F;tehen &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t, eben<lb/>
&#x017F;o wie die <hi rendition="#fr">Warheit</hi> der Begebenheiten.<lb/>
Eine Zeit ohne verzeichnete Begebenheiten<lb/>
i&#x017F;t eine unbekannte, folglich fu&#x0364;r die Ge-<lb/>
&#x017F;chichte keine Zeit. Aber der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
Witzling ignoriret die&#x017F;e Nebenbe&#x017F;timmun-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0052] Kap. I. §. 16. uns Erdbuͤrgern dereinſt Gabriel, oder ein andrer Geiſt von ſeinem Range, in Elyſi- um leſen. Jetzo verhoͤhnet uns der Aſtro- nom uͤber den Ausdruck Weltgeſchichte nicht: er erlaubt uns, daß wir das Wort Welt auf unſern Planeten einſchrenken, und verſchonet uns mit der Foderung, Anek- doten aus den Archiven des Saturns und Sirius beizubringen. Nicht ſo nachſichtsvoll iſt der Schoͤne Geiſt. Wir reden von bekannter Welt- geſchichte, von Vorfaͤllen, die ſich unſers Wiſſens in der Welt ereignet haben. Dieſe Nebenbeſtimmungen halten wir nicht fuͤr noͤtig, ausdruͤcklich in die Definition einzuſchieben: ſie liegen in der Natur der Sache, und verſtehen ſich von ſelbſt, eben ſo wie die Warheit der Begebenheiten. Eine Zeit ohne verzeichnete Begebenheiten iſt eine unbekannte, folglich fuͤr die Ge- ſchichte keine Zeit. Aber der franzoͤſiſche Witzling ignoriret dieſe Nebenbeſtimmun- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772/52
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 1. Göttingen u. a., 1772, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772/52>, abgerufen am 22.11.2024.