3. Diese Vollständigkeit hat einen erheblichen Neben-Nutzen. Sie gewöhnet den Geist an richtigere und würdigere Be- griffe von der Grösse der Welt, von den Triebfedern, die solche in Bewegung setzen, und von der Weite der Geschichtswissen- schaft: sie ziehet ihn von der blinden Be- wunderung einzelner Theile des Erdbodens, einzelner Völker desselben, und einzelner Klassen von Begebenheiten, ab. Man wird in der alten Welt nicht mehr bloß Griechen und Römer anstaunen; oder sich in der neu- en bloß unser kleines Europa, oder wohl gar nur die südliche Hälfte desselben, den- ken: man wird auch Phönicier und Aegyp- tier studiren, man wird auch Asien und den tiefen Norden als Schauplätze denkwürdi- ger Thaten finden, so gar solcher Thaten, ohne die die Vorfälle des Europäischen Sü- dens unerklärlich sind. Man wird von dem verderblichen Geschmack an Mordge- schichten zurückekommen, und einleuchtend
er-
Kap I. §. 15.
3. Dieſe Vollſtaͤndigkeit hat einen erheblichen Neben-Nutzen. Sie gewoͤhnet den Geiſt an richtigere und wuͤrdigere Be- griffe von der Groͤſſe der Welt, von den Triebfedern, die ſolche in Bewegung ſetzen, und von der Weite der Geſchichtswiſſen- ſchaft: ſie ziehet ihn von der blinden Be- wunderung einzelner Theile des Erdbodens, einzelner Voͤlker deſſelben, und einzelner Klaſſen von Begebenheiten, ab. Man wird in der alten Welt nicht mehr bloß Griechen und Roͤmer anſtaunen; oder ſich in der neu- en bloß unſer kleines Europa, oder wohl gar nur die ſuͤdliche Haͤlfte deſſelben, den- ken: man wird auch Phoͤnicier und Aegyp- tier ſtudiren, man wird auch Aſien und den tiefen Norden als Schauplaͤtze denkwuͤrdi- ger Thaten finden, ſo gar ſolcher Thaten, ohne die die Vorfaͤlle des Europaͤiſchen Suͤ- dens unerklaͤrlich ſind. Man wird von dem verderblichen Geſchmack an Mordge- ſchichten zuruͤckekommen, und einleuchtend
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Kap I. §. 15.
3. Dieſe Vollſtaͤndigkeit hat einen
erheblichen Neben-Nutzen. Sie gewoͤhnet
den Geiſt an richtigere und wuͤrdigere Be-
griffe von der Groͤſſe der Welt, von den
Triebfedern, die ſolche in Bewegung ſetzen,
und von der Weite der Geſchichtswiſſen-
ſchaft: ſie ziehet ihn von der blinden Be-
wunderung einzelner Theile des Erdbodens,
einzelner Voͤlker deſſelben, und einzelner
Klaſſen von Begebenheiten, ab. Man wird
in der alten Welt nicht mehr bloß Griechen
und Roͤmer anſtaunen; oder ſich in der neu-
en bloß unſer kleines Europa, oder wohl
gar nur die ſuͤdliche Haͤlfte deſſelben, den-
ken: man wird auch Phoͤnicier und Aegyp-
tier ſtudiren, man wird auch Aſien und den
tiefen Norden als Schauplaͤtze denkwuͤrdi-
ger Thaten finden, ſo gar ſolcher Thaten,
ohne die die Vorfaͤlle des Europaͤiſchen Suͤ-
dens unerklaͤrlich ſind. Man wird von
dem verderblichen Geſchmack an Mordge-
ſchichten zuruͤckekommen, und einleuchtend
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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 1. Göttingen u. a., 1772, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie01_1772/44>, abgerufen am 16.02.2025.
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