Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.einleitung. tet die Unterweltsvase von Canosa im hiesigen Museum,die spätestens in das 2. Jahrhundert v. Chr. gehört; so wären also für das Relief die äussersten Termini etwa Ende des 4. und Mitte des 2. Jahrhunderts. Künstlerisch zeigt die Composition die grössten Fein- heiten in der Lösung eines schwierigen Problems. Das Viergespann soll sich nämlich nicht in der Relieffläche bewegen, sondern so erscheinen, als ob es in halber Wendung aus derselben herauskomme. Das ist beson- ders dadurch erreicht, dass der rechte Hinterschenkel des Pferdes im Vordergrunde stark zurückgedrängt ist, während der linke Fuss vorschreitet, dass ausserdem dieses Pferd in leiser Verkürzung gebildet ist, dass die Fläche jenes Schenkels tiefer liegt als die obere Fläche der Triglyphen, die Fläche des Vorderbuges und des Halses dagegen etwas höher, während der Kopf, um das Gesetz des griechischen Reliefstils zu wahren, wieder mit der Grundfläche ziemlich parallel steht. Darum fehlt auch jede Andeutung eines Wagens, der durch das vordere Pferd verdeckt zu denken ist. Dann ist auch die Stellung des Gottes, dem Kopfe einiger- massen folgend, halb nach vorne gewendet, und nur um auch hier die Stellung mit dem Reliefgesetz in Conflict zn bringen, ist der Arm wieder stark nach innen ge- wendet. Wenn man sodann in dem Uebergreifen des Kopfes auf die obere Leiste des Triglyphs eine In- correctheit hat sehen wollen, so finde ich darin einen besonders glücklichen Gedanken, der wol an die freilich wieder verschiedene Auffassung am Parthenongiebel er- innern darf, wo Helios nur erst mit Kopf und Schultern aus dem Wagen des Oceans auftaucht. Hier bricht einleitung. tet die Unterweltsvase von Canosa im hiesigen Museum,die spätestens in das 2. Jahrhundert v. Chr. gehört; so wären also für das Relief die äussersten Termini etwa Ende des 4. und Mitte des 2. Jahrhunderts. Künstlerisch zeigt die Composition die grössten Fein- heiten in der Lösung eines schwierigen Problems. Das Viergespann soll sich nämlich nicht in der Relieffläche bewegen, sondern so erscheinen, als ob es in halber Wendung aus derselben herauskomme. Das ist beson- ders dadurch erreicht, dass der rechte Hinterschenkel des Pferdes im Vordergrunde stark zurückgedrängt ist, während der linke Fuss vorschreitet, dass ausserdem dieses Pferd in leiser Verkürzung gebildet ist, dass die Fläche jenes Schenkels tiefer liegt als die obere Fläche der Triglyphen, die Fläche des Vorderbuges und des Halses dagegen etwas höher, während der Kopf, um das Gesetz des griechischen Reliefstils zu wahren, wieder mit der Grundfläche ziemlich parallel steht. Darum fehlt auch jede Andeutung eines Wagens, der durch das vordere Pferd verdeckt zu denken ist. Dann ist auch die Stellung des Gottes, dem Kopfe einiger- massen folgend, halb nach vorne gewendet, und nur um auch hier die Stellung mit dem Reliefgesetz in Conflict zn bringen, ist der Arm wieder stark nach innen ge- wendet. Wenn man sodann in dem Uebergreifen des Kopfes auf die obere Leiste des Triglyphs eine In- correctheit hat sehen wollen, so finde ich darin einen besonders glücklichen Gedanken, der wol an die freilich wieder verschiedene Auffassung am Parthenongiebel er- innern darf, wo Helios nur erst mit Kopf und Schultern aus dem Wagen des Oceans auftaucht. Hier bricht <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="XXXII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">einleitung</hi>.</fw><lb/> tet die Unterweltsvase von Canosa im hiesigen Museum,<lb/> die <hi rendition="#g">spätestens</hi> in das 2. Jahrhundert v. Chr. gehört;<lb/> so wären also für das Relief die äussersten Termini<lb/> etwa Ende des 4. und Mitte des 2. Jahrhunderts.<lb/> Künstlerisch zeigt die Composition die grössten Fein-<lb/> heiten in der Lösung eines schwierigen Problems. 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einleitung.
tet die Unterweltsvase von Canosa im hiesigen Museum,
die spätestens in das 2. Jahrhundert v. Chr. gehört;
so wären also für das Relief die äussersten Termini
etwa Ende des 4. und Mitte des 2. Jahrhunderts.
Künstlerisch zeigt die Composition die grössten Fein-
heiten in der Lösung eines schwierigen Problems. Das
Viergespann soll sich nämlich nicht in der Relieffläche
bewegen, sondern so erscheinen, als ob es in halber
Wendung aus derselben herauskomme. Das ist beson-
ders dadurch erreicht, dass der rechte Hinterschenkel
des Pferdes im Vordergrunde stark zurückgedrängt ist,
während der linke Fuss vorschreitet, dass ausserdem
dieses Pferd in leiser Verkürzung gebildet ist, dass die
Fläche jenes Schenkels tiefer liegt als die obere Fläche
der Triglyphen, die Fläche des Vorderbuges und des
Halses dagegen etwas höher, während der Kopf, um
das Gesetz des griechischen Reliefstils zu wahren,
wieder mit der Grundfläche ziemlich parallel steht.
Darum fehlt auch jede Andeutung eines Wagens, der
durch das vordere Pferd verdeckt zu denken ist. Dann
ist auch die Stellung des Gottes, dem Kopfe einiger-
massen folgend, halb nach vorne gewendet, und nur um
auch hier die Stellung mit dem Reliefgesetz in Conflict
zn bringen, ist der Arm wieder stark nach innen ge-
wendet. Wenn man sodann in dem Uebergreifen des
Kopfes auf die obere Leiste des Triglyphs eine In-
correctheit hat sehen wollen, so finde ich darin einen
besonders glücklichen Gedanken, der wol an die freilich
wieder verschiedene Auffassung am Parthenongiebel er-
innern darf, wo Helios nur erst mit Kopf und Schultern
aus dem Wagen des Oceans auftaucht. Hier bricht
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