Bezug nehmend auf meinen Bericht vom 13. v. M. freut es mich jetzt melden zu können, dass ich bei der Ausgrabung in den Tiefen des Tempels, in einer Ent- fernung von 40 Meter vom Abhange des Berges und in einer senkrechten Tiefe von 101/2 Meter, eine 2 Meter dicke und 3 Meter hohe Mauer fand, die aber, wie die Massen der vor ihr liegenden Steine zu beweisen schei- nen, einst viel höher gewesen ist. Diese Mauer besteht aus grossen, mit Erde zusammengesetzten Steinen, und wie die unter ihr schräg hinunterlaufenden Schutt- schichten beurkunden, wurde sie einst auf dem steilen Abhange des Berges gebaut. Somit hat, seitdem die Mauer errichtet worden ist, der Berg auf dieser Stelle durch die Schuttaufhäufung um 40 Meter an Ausdeh- nung und um 131/2 Meter an Höhe zugenommen. Ich habe noch nicht ermitteln können, ob diese Mauer als Unterbau eines alten trojanischen Tempels gedient hat, oder ob sie zu der, wie Homer (Ilias, XII, 452--453) sagt, von Poseidon und Apoll gebauten Ringmauer gehört. Ist letzteres der Fall, so darf es nicht auffallen, dass sie nur 2 Meter dick und vielleicht nie höher als
auffindung einer mauer am abhange.
XII.
Pergamos von Troja, 4. August 1872.
Bezug nehmend auf meinen Bericht vom 13. v. M. freut es mich jetzt melden zu können, dass ich bei der Ausgrabung in den Tiefen des Tempels, in einer Ent- fernung von 40 Meter vom Abhange des Berges und in einer senkrechten Tiefe von 10½ Meter, eine 2 Meter dicke und 3 Meter hohe Mauer fand, die aber, wie die Massen der vor ihr liegenden Steine zu beweisen schei- nen, einst viel höher gewesen ist. Diese Mauer besteht aus grossen, mit Erde zusammengesetzten Steinen, und wie die unter ihr schräg hinunterlaufenden Schutt- schichten beurkunden, wurde sie einst auf dem steilen Abhange des Berges gebaut. Somit hat, seitdem die Mauer errichtet worden ist, der Berg auf dieser Stelle durch die Schuttaufhäufung um 40 Meter an Ausdeh- nung und um 13½ Meter an Höhe zugenommen. Ich habe noch nicht ermitteln können, ob diese Mauer als Unterbau eines alten trojanischen Tempels gedient hat, oder ob sie zu der, wie Homer (Ilias, XII, 452—453) sagt, von Poseidon und Apoll gebauten Ringmauer gehört. Ist letzteres der Fall, so darf es nicht auffallen, dass sie nur 2 Meter dick und vielleicht nie höher als
<TEI><text><body><pbfacs="#f0223"n="157"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#k">auffindung einer mauer am abhange</hi>.</fw><lb/><divn="1"><head>XII.</head><lb/><opener><dateline><placeName>Pergamos von Troja, 4. August 1872.</placeName></dateline></opener><lb/><p>Bezug nehmend auf meinen Bericht vom 13. v. M.<lb/>
freut es mich jetzt melden zu können, dass ich bei der<lb/>
Ausgrabung in den Tiefen des Tempels, in einer Ent-<lb/>
fernung von 40 Meter vom Abhange des Berges und<lb/>
in einer senkrechten Tiefe von 10½ Meter, eine 2 Meter<lb/>
dicke und 3 Meter hohe Mauer fand, die aber, wie die<lb/>
Massen der vor ihr liegenden Steine zu beweisen schei-<lb/>
nen, einst viel höher gewesen ist. Diese Mauer besteht<lb/>
aus grossen, mit Erde zusammengesetzten Steinen, und<lb/>
wie die unter ihr schräg hinunterlaufenden Schutt-<lb/>
schichten beurkunden, wurde sie einst auf dem steilen<lb/>
Abhange des Berges gebaut. Somit hat, seitdem die<lb/>
Mauer errichtet worden ist, der Berg auf dieser Stelle<lb/>
durch die Schuttaufhäufung um 40 Meter an Ausdeh-<lb/>
nung und um 13½ Meter an Höhe zugenommen. Ich<lb/>
habe noch nicht ermitteln können, ob diese Mauer als<lb/>
Unterbau eines alten trojanischen Tempels gedient hat,<lb/>
oder ob sie zu der, wie Homer (Ilias, XII, 452—453)<lb/>
sagt, von Poseidon und Apoll gebauten Ringmauer<lb/>
gehört. Ist letzteres der Fall, so darf es nicht auffallen,<lb/>
dass sie nur 2 Meter dick und vielleicht nie höher als<lb/></p></div></body></text></TEI>
[157/0223]
auffindung einer mauer am abhange.
XII.
Pergamos von Troja, 4. August 1872.
Bezug nehmend auf meinen Bericht vom 13. v. M.
freut es mich jetzt melden zu können, dass ich bei der
Ausgrabung in den Tiefen des Tempels, in einer Ent-
fernung von 40 Meter vom Abhange des Berges und
in einer senkrechten Tiefe von 10½ Meter, eine 2 Meter
dicke und 3 Meter hohe Mauer fand, die aber, wie die
Massen der vor ihr liegenden Steine zu beweisen schei-
nen, einst viel höher gewesen ist. Diese Mauer besteht
aus grossen, mit Erde zusammengesetzten Steinen, und
wie die unter ihr schräg hinunterlaufenden Schutt-
schichten beurkunden, wurde sie einst auf dem steilen
Abhange des Berges gebaut. Somit hat, seitdem die
Mauer errichtet worden ist, der Berg auf dieser Stelle
durch die Schuttaufhäufung um 40 Meter an Ausdeh-
nung und um 13½ Meter an Höhe zugenommen. Ich
habe noch nicht ermitteln können, ob diese Mauer als
Unterbau eines alten trojanischen Tempels gedient hat,
oder ob sie zu der, wie Homer (Ilias, XII, 452—453)
sagt, von Poseidon und Apoll gebauten Ringmauer
gehört. Ist letzteres der Fall, so darf es nicht auffallen,
dass sie nur 2 Meter dick und vielleicht nie höher als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/223>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.