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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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gefahren bei den ausgrabungen.
aus grossen, meistentheils behauenen Steinen erbaut,
und alle, selbst Georgios Photidas, meinten, sie könne
Jahrhunderte halten. Dennoch wollte ich am folgenden
Tage einen Stützpfeiler von grossen Steinblöcken er-
richten, um das Fallen der Mauer unmöglich zu machen,
und waren sechs Mann damit beschäftigt, als sie plötzlich
mit donnerndem Krachen einstürzte. Mein Schreck war
entsetzlich, unbeschreiblich, denn ich glaubte, die sechs
Menschen wären unter der Steinmasse begraben; zu
meiner übergrossen Freude aber hörte ich sogleich, dass,
wie durch ein Wunder, alle gerettet waren.

Bei aller Vorsicht sind und bleiben Ausgrabungen,
wo man es mit Erdwänden von 531/2 Fuss senkrechter
Tiefe zu thun hat, immer sehr gefährlich. Das Schreien:
"guarda, guarda!" nützt nicht immer, weil diese Worte
fortwährend auf verschiedenen Stellen gerufen werden;
viele Steine rollen auch von den steilen Erdwänden herab,
ohne dass die Gräber es bemerken, und wenn ich den
ganzen Tag lang die furchtbare Gefahr sehe, der wir
alle ausgesetzt sind, so kann ich, wenn ich des Abends
nach Hause komme, nicht umhin, Gott inbrünstig zu dan-
ken für den grossen Segen, dass noch wieder ein Tag
ohne Unglück hingegangen ist. Ich kann auch noch
immer nicht ohne Entsetzen daran denken, was
aus der Aufdeckung Iliums und was aus mir geworden
wäre, wenn die sechs Mann von der fallenden Mauer zer-
malmt worden wären; kein Geld und keine Versprechun-
gen hätten mich dann retten können; die armen Witwen
hätten mich in ihrer Verzweiflung zerrissen, denn das
haben die trojanischen Frauen mit allen Griechinnen
gemein, dass der Mann, mag er alt oder jung, reich

gefahren bei den ausgrabungen.
aus grossen, meistentheils behauenen Steinen erbaut,
und alle, selbst Georgios Photidas, meinten, sie könne
Jahrhunderte halten. Dennoch wollte ich am folgenden
Tage einen Stützpfeiler von grossen Steinblöcken er-
richten, um das Fallen der Mauer unmöglich zu machen,
und waren sechs Mann damit beschäftigt, als sie plötzlich
mit donnerndem Krachen einstürzte. Mein Schreck war
entsetzlich, unbeschreiblich, denn ich glaubte, die sechs
Menschen wären unter der Steinmasse begraben; zu
meiner übergrossen Freude aber hörte ich sogleich, dass,
wie durch ein Wunder, alle gerettet waren.

Bei aller Vorsicht sind und bleiben Ausgrabungen,
wo man es mit Erdwänden von 53½ Fuss senkrechter
Tiefe zu thun hat, immer sehr gefährlich. Das Schreien:
„guarda, guarda!“ nützt nicht immer, weil diese Worte
fortwährend auf verschiedenen Stellen gerufen werden;
viele Steine rollen auch von den steilen Erdwänden herab,
ohne dass die Gräber es bemerken, und wenn ich den
ganzen Tag lang die furchtbare Gefahr sehe, der wir
alle ausgesetzt sind, so kann ich, wenn ich des Abends
nach Hause komme, nicht umhin, Gott inbrünstig zu dan-
ken für den grossen Segen, dass noch wieder ein Tag
ohne Unglück hingegangen ist. Ich kann auch noch
immer nicht ohne Entsetzen daran denken, was
aus der Aufdeckung Iliums und was aus mir geworden
wäre, wenn die sechs Mann von der fallenden Mauer zer-
malmt worden wären; kein Geld und keine Versprechun-
gen hätten mich dann retten können; die armen Witwen
hätten mich in ihrer Verzweiflung zerrissen, denn das
haben die trojanischen Frauen mit allen Griechinnen
gemein, dass der Mann, mag er alt oder jung, reich

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[87/0153] gefahren bei den ausgrabungen. aus grossen, meistentheils behauenen Steinen erbaut, und alle, selbst Georgios Photidas, meinten, sie könne Jahrhunderte halten. Dennoch wollte ich am folgenden Tage einen Stützpfeiler von grossen Steinblöcken er- richten, um das Fallen der Mauer unmöglich zu machen, und waren sechs Mann damit beschäftigt, als sie plötzlich mit donnerndem Krachen einstürzte. Mein Schreck war entsetzlich, unbeschreiblich, denn ich glaubte, die sechs Menschen wären unter der Steinmasse begraben; zu meiner übergrossen Freude aber hörte ich sogleich, dass, wie durch ein Wunder, alle gerettet waren. Bei aller Vorsicht sind und bleiben Ausgrabungen, wo man es mit Erdwänden von 53½ Fuss senkrechter Tiefe zu thun hat, immer sehr gefährlich. Das Schreien: „guarda, guarda!“ nützt nicht immer, weil diese Worte fortwährend auf verschiedenen Stellen gerufen werden; viele Steine rollen auch von den steilen Erdwänden herab, ohne dass die Gräber es bemerken, und wenn ich den ganzen Tag lang die furchtbare Gefahr sehe, der wir alle ausgesetzt sind, so kann ich, wenn ich des Abends nach Hause komme, nicht umhin, Gott inbrünstig zu dan- ken für den grossen Segen, dass noch wieder ein Tag ohne Unglück hingegangen ist. Ich kann auch noch immer nicht ohne Entsetzen daran denken, was aus der Aufdeckung Iliums und was aus mir geworden wäre, wenn die sechs Mann von der fallenden Mauer zer- malmt worden wären; kein Geld und keine Versprechun- gen hätten mich dann retten können; die armen Witwen hätten mich in ihrer Verzweiflung zerrissen, denn das haben die trojanischen Frauen mit allen Griechinnen gemein, dass der Mann, mag er alt oder jung, reich

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/153>, abgerufen am 22.11.2024.