Seit meinem Berichte vom 11. d. M. hatten wir, heute mitgerechnet, leider wieder drei grosse und zwei kleine griechische Festtage, und ich habe somit eigent- lich nur sieben ordentliche Arbeitstage in diesen 12 Tagen gehabt. So arm die Leute sind und so gerne sie arbei- ten wollen, so sind sie doch nicht zu überreden, an den Feiertagen selbst der unbedeutendsten Heiligen zu ar- beiten, und mas dernei o agios (es schlägt uns der Heilige) ist die stete Antwort, die ich kriege, wenn ich die armen Leute zu bereden suche, gegen höhern Lohn von ihrem Aberglauben abzustehen.
Zur Beschleunigung der Arbeiten habe ich nun 5 und 6 Meter über der grossen Plateforme, am Ost- und am Westende derselben, Terrassen machen und behufs Fortschaffung des Schuttes in dieser Höhe Mauern von grossen Steinblöcken errichten und den Zwischenraum mit Schutt füllen lassen. Die kleinere Mauer schien mir nicht stark genug und ich hielt die Arbeiter ferne da- von; sie hielt auch den Druck nicht aus und stürzte ein, als sie kaum fertig war. Auf die grössere höhere Mauer war sehr viel Mühe verwandt, sie war ausschliesslich
mauern zur fortschaffung d. schuttes errichtet.
IX.
Auf dem Berge Hissarlik, 23. Mai 1872.
Seit meinem Berichte vom 11. d. M. hatten wir, heute mitgerechnet, leider wieder drei grosse und zwei kleine griechische Festtage, und ich habe somit eigent- lich nur sieben ordentliche Arbeitstage in diesen 12 Tagen gehabt. So arm die Leute sind und so gerne sie arbei- ten wollen, so sind sie doch nicht zu überreden, an den Feiertagen selbst der unbedeutendsten Heiligen zu ar- beiten, und μᾶς δέρνει ὁ ἅγιος (es schlägt uns der Heilige) ist die stete Antwort, die ich kriege, wenn ich die armen Leute zu bereden suche, gegen höhern Lohn von ihrem Aberglauben abzustehen.
Zur Beschleunigung der Arbeiten habe ich nun 5 und 6 Meter über der grossen Plateforme, am Ost- und am Westende derselben, Terrassen machen und behufs Fortschaffung des Schuttes in dieser Höhe Mauern von grossen Steinblöcken errichten und den Zwischenraum mit Schutt füllen lassen. Die kleinere Mauer schien mir nicht stark genug und ich hielt die Arbeiter ferne da- von; sie hielt auch den Druck nicht aus und stürzte ein, als sie kaum fertig war. Auf die grössere höhere Mauer war sehr viel Mühe verwandt, sie war ausschliesslich
<TEI><text><body><pbfacs="#f0152"n="86"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#k">mauern zur fortschaffung d. schuttes errichtet.</hi></fw><lb/><divn="1"><head>IX.</head><lb/><opener><dateline><placeName>Auf dem Berge Hissarlik, 23. Mai 1872.</placeName></dateline></opener><lb/><p>Seit meinem Berichte vom 11. d. M. hatten wir,<lb/>
heute mitgerechnet, leider wieder drei grosse und zwei<lb/>
kleine griechische Festtage, und ich habe somit eigent-<lb/>
lich nur sieben ordentliche Arbeitstage in diesen 12 Tagen<lb/>
gehabt. So arm die Leute sind und so gerne sie arbei-<lb/>
ten wollen, so sind sie doch nicht zu überreden, an den<lb/>
Feiertagen selbst der unbedeutendsten Heiligen zu ar-<lb/>
beiten, und μᾶςδέρνειὁἅγιος (es schlägt uns der Heilige)<lb/>
ist die stete Antwort, die ich kriege, wenn ich die armen<lb/>
Leute zu bereden suche, gegen höhern Lohn von ihrem<lb/>
Aberglauben abzustehen.</p><lb/><p>Zur Beschleunigung der Arbeiten habe ich nun 5<lb/>
und 6 Meter über der grossen Plateforme, am Ost- und<lb/>
am Westende derselben, Terrassen machen und behufs<lb/>
Fortschaffung des Schuttes in dieser Höhe Mauern von<lb/>
grossen Steinblöcken errichten und den Zwischenraum<lb/>
mit Schutt füllen lassen. Die kleinere Mauer schien mir<lb/>
nicht stark genug und ich hielt die Arbeiter ferne da-<lb/>
von; sie hielt auch den Druck nicht aus und stürzte ein,<lb/>
als sie kaum fertig war. Auf die grössere höhere Mauer<lb/>
war sehr viel Mühe verwandt, sie war ausschliesslich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0152]
mauern zur fortschaffung d. schuttes errichtet.
IX.
Auf dem Berge Hissarlik, 23. Mai 1872.
Seit meinem Berichte vom 11. d. M. hatten wir,
heute mitgerechnet, leider wieder drei grosse und zwei
kleine griechische Festtage, und ich habe somit eigent-
lich nur sieben ordentliche Arbeitstage in diesen 12 Tagen
gehabt. So arm die Leute sind und so gerne sie arbei-
ten wollen, so sind sie doch nicht zu überreden, an den
Feiertagen selbst der unbedeutendsten Heiligen zu ar-
beiten, und μᾶς δέρνει ὁ ἅγιος (es schlägt uns der Heilige)
ist die stete Antwort, die ich kriege, wenn ich die armen
Leute zu bereden suche, gegen höhern Lohn von ihrem
Aberglauben abzustehen.
Zur Beschleunigung der Arbeiten habe ich nun 5
und 6 Meter über der grossen Plateforme, am Ost- und
am Westende derselben, Terrassen machen und behufs
Fortschaffung des Schuttes in dieser Höhe Mauern von
grossen Steinblöcken errichten und den Zwischenraum
mit Schutt füllen lassen. Die kleinere Mauer schien mir
nicht stark genug und ich hielt die Arbeiter ferne da-
von; sie hielt auch den Druck nicht aus und stürzte ein,
als sie kaum fertig war. Auf die grössere höhere Mauer
war sehr viel Mühe verwandt, sie war ausschliesslich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/152>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.