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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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idole mit eulengesichtern.
kommen von 3 Meter unter der Oberfläche in allen
Tiefen bis zu 10 Meter Tiefe viele platte Götzenbilder
von sehr feinem Marmor vor; auf vielen derselben ist
ein Eulengesicht und ein Frauengürtel mit Punkten;
auf einem sind ausserdem noch zwei Frauenbrüste ein-
gravirt. Die auffallende Aehnlichkeit dieser Eulenge-
sichter mit den auf vielen Bechern und Vasen befind-
lichen und mit einer Art von Helm bedeckten Eulen-
köpfen bringt mich zur festen Ueberzeugung, dass alle
Idole und alle behelmten Eulenköpfe auf den Bechern
und Vasen eine Göttin, und zwar ein und dieselbe Göttin
vorstellen müssen, um so mehr als ja sämmtliche Eulen-
gesichtsvasen zwei Frauenbrüste und einen Bauchnabel,
meistentheils auch zwei emporgehobene Arme haben; --
einmal sieht man auf dem Bauchnabel ein Kreuz mit
vier Nägeln dargestellt. Die Becher mit Eulenköpfen
haben dagegen nie Brüste oder Bauchnabel; jedoch ist
an einigen derselben auf der Rückseite das lange
Lockenhaar der Frau zu sehen.

Die wichtige Frage drängt sich nun auf, welche
die Göttin sei, die hier so vielfältig, aber ganz allein
auf den Idolen, Trinkbechern und Vasen vorkommt?
Die Antwort ist: sie muss nothwendigerweise die Schutz-
göttin von Troja
, sie muss die ilische Minerva
sein, und dies stimmt ja vollkommen mit der Angabe
Homer's, welcher sie fortwährend "thea glaukopis Athene",
die Göttin Athene mit dem Eulengesicht, nennt. Das
Beiwort "glaukopis" ist nämlich von den Gelehrten aller
Zeiten falsch übersetzt, weil sie sich nicht denken konn-
ten, dass man die Minerva mit einem Eulengesicht dar-
gestellt hätte. Es besteht aber aus den beiden Worten

Schliemann, Troja. 5

idole mit eulengesichtern.
kommen von 3 Meter unter der Oberfläche in allen
Tiefen bis zu 10 Meter Tiefe viele platte Götzenbilder
von sehr feinem Marmor vor; auf vielen derselben ist
ein Eulengesicht und ein Frauengürtel mit Punkten;
auf einem sind ausserdem noch zwei Frauenbrüste ein-
gravirt. Die auffallende Aehnlichkeit dieser Eulenge-
sichter mit den auf vielen Bechern und Vasen befind-
lichen und mit einer Art von Helm bedeckten Eulen-
köpfen bringt mich zur festen Ueberzeugung, dass alle
Idole und alle behelmten Eulenköpfe auf den Bechern
und Vasen eine Göttin, und zwar ein und dieselbe Göttin
vorstellen müssen, um so mehr als ja sämmtliche Eulen-
gesichtsvasen zwei Frauenbrüste und einen Bauchnabel,
meistentheils auch zwei emporgehobene Arme haben; —
einmal sieht man auf dem Bauchnabel ein Kreuz mit
vier Nägeln dargestellt. Die Becher mit Eulenköpfen
haben dagegen nie Brüste oder Bauchnabel; jedoch ist
an einigen derselben auf der Rückseite das lange
Lockenhaar der Frau zu sehen.

Die wichtige Frage drängt sich nun auf, welche
die Göttin sei, die hier so vielfältig, aber ganz allein
auf den Idolen, Trinkbechern und Vasen vorkommt?
Die Antwort ist: sie muss nothwendigerweise die Schutz-
göttin von Troja
, sie muss die ilische Minerva
sein, und dies stimmt ja vollkommen mit der Angabe
Homer’s, welcher sie fortwährend „ϑεὰ γλαυκῶπις Ἀϑήνη“,
die Göttin Athene mit dem Eulengesicht, nennt. Das
Beiwort „γλαυκῶπις“ ist nämlich von den Gelehrten aller
Zeiten falsch übersetzt, weil sie sich nicht denken konn-
ten, dass man die Minerva mit einem Eulengesicht dar-
gestellt hätte. Es besteht aber aus den beiden Worten

Schliemann, Troja. 5
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[65/0131] idole mit eulengesichtern. kommen von 3 Meter unter der Oberfläche in allen Tiefen bis zu 10 Meter Tiefe viele platte Götzenbilder von sehr feinem Marmor vor; auf vielen derselben ist ein Eulengesicht und ein Frauengürtel mit Punkten; auf einem sind ausserdem noch zwei Frauenbrüste ein- gravirt. Die auffallende Aehnlichkeit dieser Eulenge- sichter mit den auf vielen Bechern und Vasen befind- lichen und mit einer Art von Helm bedeckten Eulen- köpfen bringt mich zur festen Ueberzeugung, dass alle Idole und alle behelmten Eulenköpfe auf den Bechern und Vasen eine Göttin, und zwar ein und dieselbe Göttin vorstellen müssen, um so mehr als ja sämmtliche Eulen- gesichtsvasen zwei Frauenbrüste und einen Bauchnabel, meistentheils auch zwei emporgehobene Arme haben; — einmal sieht man auf dem Bauchnabel ein Kreuz mit vier Nägeln dargestellt. Die Becher mit Eulenköpfen haben dagegen nie Brüste oder Bauchnabel; jedoch ist an einigen derselben auf der Rückseite das lange Lockenhaar der Frau zu sehen. Die wichtige Frage drängt sich nun auf, welche die Göttin sei, die hier so vielfältig, aber ganz allein auf den Idolen, Trinkbechern und Vasen vorkommt? Die Antwort ist: sie muss nothwendigerweise die Schutz- göttin von Troja, sie muss die ilische Minerva sein, und dies stimmt ja vollkommen mit der Angabe Homer’s, welcher sie fortwährend „ϑεὰ γλαυκῶπις Ἀϑήνη“, die Göttin Athene mit dem Eulengesicht, nennt. Das Beiwort „γλαυκῶπις“ ist nämlich von den Gelehrten aller Zeiten falsch übersetzt, weil sie sich nicht denken konn- ten, dass man die Minerva mit einem Eulengesicht dar- gestellt hätte. Es besteht aber aus den beiden Worten Schliemann, Troja. 5

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/131>, abgerufen am 28.11.2024.