Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite


anschließt und der Saz nur durch das formelle Element als
Einheit herausgehoben wird.

4. Bei der Bestimmung des formellen Elementes un-
terscheiden wir das Säze verbindende und das die Elemente
des Sazes verbindende. Es kommt dabei an auf die Art der
Verbindung, auf den Grad derselben und auf den Umfang
des verbundenen.

1. Hiebei muß aber auf den einfachen Saz zurückgegangen
werden. Denn die Verbindung einzelner Säze in der Periode
und die Verbindung der Perioden unter sich ist vollkommen
gleichartig, wogegen sich die Verbindung der Glieder des ein-
fachen Sazes bestimmt unterscheidet. Zum ersteren gehört die
Conjunction mit ihrem Regimen, und was deren Stelle ver-
tritt, zum andern eben so die Präposition.

2. Es giebt wie überall so auch in der Rede nur zwei
Arten von Verbindungen, die organische und die mechanische,
d. h. innere Verschmelzung und äußere Aneinanderreihung.
Der Gegensaz ist aber nicht streng, sondern die eine scheint oft
in die andere überzugehen. Eine Causal- oder Adversativpar-
tikel scheint oft nur anreihend zu sein; dann hat sie ihren ei-
gentlichen Gehalt verloren oder abundirt. Oft aber auch scheint
eine anreihende innerlich verbindend zu werden und dann ist sie
gesteigert oder emphatisch geworden. Auf diese Art geht dann
die qualitative Differenz (in der Art der Verbindung) in die
quantitative (in dem Grade der Verbindung) über; allein dieß
ist oft nur Schein und man muß doch immer auf die ursprüng-
liche Bedeutung zurückgehen. Oft auch entsteht der Schein nur
wenn man sich den Umfang oder den Gegenstand der Ver-
knüpfung nicht richtig denkt. Also darf niemals über das eine
Moment der Verbindung entschieden werden ohne alle andern
Fragen mit in Betrachtung zu ziehen.

3. Die organische Verbindung kann zwar fester und loser


anſchließt und der Saz nur durch das formelle Element als
Einheit herausgehoben wird.

4. Bei der Beſtimmung des formellen Elementes un-
terſcheiden wir das Saͤze verbindende und das die Elemente
des Sazes verbindende. Es kommt dabei an auf die Art der
Verbindung, auf den Grad derſelben und auf den Umfang
des verbundenen.

1. Hiebei muß aber auf den einfachen Saz zuruͤckgegangen
werden. Denn die Verbindung einzelner Saͤze in der Periode
und die Verbindung der Perioden unter ſich iſt vollkommen
gleichartig, wogegen ſich die Verbindung der Glieder des ein-
fachen Sazes beſtimmt unterſcheidet. Zum erſteren gehoͤrt die
Conjunction mit ihrem Regimen, und was deren Stelle ver-
tritt, zum andern eben ſo die Praͤpoſition.

2. Es giebt wie uͤberall ſo auch in der Rede nur zwei
Arten von Verbindungen, die organiſche und die mechaniſche,
d. h. innere Verſchmelzung und aͤußere Aneinanderreihung.
Der Gegenſaz iſt aber nicht ſtreng, ſondern die eine ſcheint oft
in die andere uͤberzugehen. Eine Cauſal- oder Adverſativpar-
tikel ſcheint oft nur anreihend zu ſein; dann hat ſie ihren ei-
gentlichen Gehalt verloren oder abundirt. Oft aber auch ſcheint
eine anreihende innerlich verbindend zu werden und dann iſt ſie
geſteigert oder emphatiſch geworden. Auf dieſe Art geht dann
die qualitative Differenz (in der Art der Verbindung) in die
quantitative (in dem Grade der Verbindung) uͤber; allein dieß
iſt oft nur Schein und man muß doch immer auf die urſpruͤng-
liche Bedeutung zuruͤckgehen. Oft auch entſteht der Schein nur
wenn man ſich den Umfang oder den Gegenſtand der Ver-
knuͤpfung nicht richtig denkt. Alſo darf niemals uͤber das eine
Moment der Verbindung entſchieden werden ohne alle andern
Fragen mit in Betrachtung zu ziehen.

3. Die organiſche Verbindung kann zwar feſter und loſer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0095" n="71"/><lb/>
an&#x017F;chließt und der Saz nur durch das formelle Element als<lb/>
Einheit herausgehoben wird.</p><lb/>
            <p>4. Bei der Be&#x017F;timmung des <hi rendition="#g">formellen</hi> Elementes un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden wir das Sa&#x0364;ze verbindende und das die Elemente<lb/>
des Sazes verbindende. Es kommt dabei an auf die Art der<lb/>
Verbindung, auf den Grad der&#x017F;elben und auf den Umfang<lb/>
des verbundenen.</p><lb/>
            <p>1. Hiebei muß aber auf den einfachen Saz zuru&#x0364;ckgegangen<lb/>
werden. Denn die Verbindung einzelner Sa&#x0364;ze in der Periode<lb/>
und die Verbindung der Perioden unter &#x017F;ich i&#x017F;t vollkommen<lb/>
gleichartig, wogegen &#x017F;ich die Verbindung der Glieder des ein-<lb/>
fachen Sazes be&#x017F;timmt unter&#x017F;cheidet. Zum er&#x017F;teren geho&#x0364;rt die<lb/>
Conjunction mit ihrem Regimen, und was deren Stelle ver-<lb/>
tritt, zum andern eben &#x017F;o die Pra&#x0364;po&#x017F;ition.</p><lb/>
            <p>2. Es giebt wie u&#x0364;berall &#x017F;o auch in der Rede nur zwei<lb/>
Arten von Verbindungen, die organi&#x017F;che und die mechani&#x017F;che,<lb/>
d. h. innere Ver&#x017F;chmelzung und a&#x0364;ußere Aneinanderreihung.<lb/>
Der Gegen&#x017F;az i&#x017F;t aber nicht &#x017F;treng, &#x017F;ondern die eine &#x017F;cheint oft<lb/>
in die andere u&#x0364;berzugehen. Eine Cau&#x017F;al- oder Adver&#x017F;ativpar-<lb/>
tikel &#x017F;cheint oft nur anreihend zu &#x017F;ein; dann hat &#x017F;ie ihren ei-<lb/>
gentlichen Gehalt verloren oder abundirt. Oft aber auch &#x017F;cheint<lb/>
eine anreihende innerlich verbindend zu werden und dann i&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
ge&#x017F;teigert oder emphati&#x017F;ch geworden. Auf die&#x017F;e Art geht dann<lb/>
die qualitative Differenz (in der Art der Verbindung) in die<lb/>
quantitative (in dem Grade der Verbindung) u&#x0364;ber; allein dieß<lb/>
i&#x017F;t oft nur Schein und man muß doch immer auf die ur&#x017F;pru&#x0364;ng-<lb/>
liche Bedeutung zuru&#x0364;ckgehen. Oft auch ent&#x017F;teht der Schein nur<lb/>
wenn man &#x017F;ich den Umfang oder den Gegen&#x017F;tand der Ver-<lb/>
knu&#x0364;pfung nicht richtig denkt. Al&#x017F;o darf niemals u&#x0364;ber das eine<lb/>
Moment der Verbindung ent&#x017F;chieden werden ohne alle andern<lb/>
Fragen mit in Betrachtung zu ziehen.</p><lb/>
            <p>3. Die organi&#x017F;che Verbindung kann zwar fe&#x017F;ter und lo&#x017F;er<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0095] anſchließt und der Saz nur durch das formelle Element als Einheit herausgehoben wird. 4. Bei der Beſtimmung des formellen Elementes un- terſcheiden wir das Saͤze verbindende und das die Elemente des Sazes verbindende. Es kommt dabei an auf die Art der Verbindung, auf den Grad derſelben und auf den Umfang des verbundenen. 1. Hiebei muß aber auf den einfachen Saz zuruͤckgegangen werden. Denn die Verbindung einzelner Saͤze in der Periode und die Verbindung der Perioden unter ſich iſt vollkommen gleichartig, wogegen ſich die Verbindung der Glieder des ein- fachen Sazes beſtimmt unterſcheidet. Zum erſteren gehoͤrt die Conjunction mit ihrem Regimen, und was deren Stelle ver- tritt, zum andern eben ſo die Praͤpoſition. 2. Es giebt wie uͤberall ſo auch in der Rede nur zwei Arten von Verbindungen, die organiſche und die mechaniſche, d. h. innere Verſchmelzung und aͤußere Aneinanderreihung. Der Gegenſaz iſt aber nicht ſtreng, ſondern die eine ſcheint oft in die andere uͤberzugehen. Eine Cauſal- oder Adverſativpar- tikel ſcheint oft nur anreihend zu ſein; dann hat ſie ihren ei- gentlichen Gehalt verloren oder abundirt. Oft aber auch ſcheint eine anreihende innerlich verbindend zu werden und dann iſt ſie geſteigert oder emphatiſch geworden. Auf dieſe Art geht dann die qualitative Differenz (in der Art der Verbindung) in die quantitative (in dem Grade der Verbindung) uͤber; allein dieß iſt oft nur Schein und man muß doch immer auf die urſpruͤng- liche Bedeutung zuruͤckgehen. Oft auch entſteht der Schein nur wenn man ſich den Umfang oder den Gegenſtand der Ver- knuͤpfung nicht richtig denkt. Alſo darf niemals uͤber das eine Moment der Verbindung entſchieden werden ohne alle andern Fragen mit in Betrachtung zu ziehen. 3. Die organiſche Verbindung kann zwar feſter und loſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/95
Zitationshilfe: Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/95>, abgerufen am 05.12.2024.