1. Auf der objectiven Seite also durch Kenntniß der Sprache wie er sie hatte, welches also noch bestimmter ist, als sich den ursprünglichern Lesern gleichstellen, welche selbst sich ihm erst gleichstellen müssen. Auf der subjectiven in der Kenntniß seines inneren und äußeren Lebens.
2. Beides kann aber erst vollkommen durch die Auslegung selbst gewonnen werden. Denn nur aus den Schriften eines je- den kann man seinen Sprachschaz kennen lernen und eben so seinen Charakter und seine Umstände.
20. Der Sprachschaz und die Geschichte des Zeitalters eines Verfassers verhalten sich wie das Ganze aus welchem seine Schriften als das Einzelne müssen verstanden werden und jenes wieder aus ihm.
1. Überall ist das vollkommene Wissen in diesem scheinbaren Kreise, daß jedes Besondere nur aus dem Allgemeinen dessen Theil es ist verstanden werden kann und umgekehrt. Und je- des Wissen ist nur wissenschaftlich wenn es so gebildet ist.
2. In dem genannten liegt die Gleichsezung mit dem Ver- fasser, und es folgt also erstlich, daß wir um so besser gerüstet sind zum Auslegen je vollkommener wir jenes inne haben, zwei- tens aber auch, daß kein auszulegendes auf einmal verstanden werden kann, sondern jedes Lesen sezt uns erst, indem es jene Vorkenntnisse bereichert, zum besseren Verstehen in Stand. Nur beim unbedeutenden begnügen wir uns mit dem auf ein- mal verstandenen.
21. Wenn die Kenntniß des bestimmten Sprachschazes erst während des Auslegens durch lexikalische Hülfe und durch einzelne Bemerkung zusammengerafft werden soll, kann keine selbständige Auslegung entstehen.
1. Nur die unmittelbare Überlieferung aus dem wirklichen Leben der Sprache giebt eine von der Auslegung mehr unab- hängige Quelle für die Kenntniß des Sprachschazes. Der-
Hermeneutik u. Kritik. 3
1. Auf der objectiven Seite alſo durch Kenntniß der Sprache wie er ſie hatte, welches alſo noch beſtimmter iſt, als ſich den urſpruͤnglichern Leſern gleichſtellen, welche ſelbſt ſich ihm erſt gleichſtellen muͤſſen. Auf der ſubjectiven in der Kenntniß ſeines inneren und aͤußeren Lebens.
2. Beides kann aber erſt vollkommen durch die Auslegung ſelbſt gewonnen werden. Denn nur aus den Schriften eines je- den kann man ſeinen Sprachſchaz kennen lernen und eben ſo ſeinen Charakter und ſeine Umſtaͤnde.
20. Der Sprachſchaz und die Geſchichte des Zeitalters eines Verfaſſers verhalten ſich wie das Ganze aus welchem ſeine Schriften als das Einzelne muͤſſen verſtanden werden und jenes wieder aus ihm.
1. Überall iſt das vollkommene Wiſſen in dieſem ſcheinbaren Kreiſe, daß jedes Beſondere nur aus dem Allgemeinen deſſen Theil es iſt verſtanden werden kann und umgekehrt. Und je- des Wiſſen iſt nur wiſſenſchaftlich wenn es ſo gebildet iſt.
2. In dem genannten liegt die Gleichſezung mit dem Ver- faſſer, und es folgt alſo erſtlich, daß wir um ſo beſſer geruͤſtet ſind zum Auslegen je vollkommener wir jenes inne haben, zwei- tens aber auch, daß kein auszulegendes auf einmal verſtanden werden kann, ſondern jedes Leſen ſezt uns erſt, indem es jene Vorkenntniſſe bereichert, zum beſſeren Verſtehen in Stand. Nur beim unbedeutenden begnuͤgen wir uns mit dem auf ein- mal verſtandenen.
21. Wenn die Kenntniß des beſtimmten Sprachſchazes erſt waͤhrend des Auslegens durch lexikaliſche Huͤlfe und durch einzelne Bemerkung zuſammengerafft werden ſoll, kann keine ſelbſtaͤndige Auslegung entſtehen.
1. Nur die unmittelbare Überlieferung aus dem wirklichen Leben der Sprache giebt eine von der Auslegung mehr unab- haͤngige Quelle fuͤr die Kenntniß des Sprachſchazes. Der-
Hermeneutik u. Kritik. 3
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1. Auf der objectiven Seite alſo durch Kenntniß der Sprache
wie er ſie hatte, welches alſo noch beſtimmter iſt, als ſich den
urſpruͤnglichern Leſern gleichſtellen, welche ſelbſt ſich ihm erſt
gleichſtellen muͤſſen. Auf der ſubjectiven in der Kenntniß ſeines
inneren und aͤußeren Lebens.
2. Beides kann aber erſt vollkommen durch die Auslegung
ſelbſt gewonnen werden. Denn nur aus den Schriften eines je-
den kann man ſeinen Sprachſchaz kennen lernen und eben ſo
ſeinen Charakter und ſeine Umſtaͤnde.
20. Der Sprachſchaz und die Geſchichte des Zeitalters
eines Verfaſſers verhalten ſich wie das Ganze aus welchem
ſeine Schriften als das Einzelne muͤſſen verſtanden werden
und jenes wieder aus ihm.
1. Überall iſt das vollkommene Wiſſen in dieſem ſcheinbaren
Kreiſe, daß jedes Beſondere nur aus dem Allgemeinen deſſen
Theil es iſt verſtanden werden kann und umgekehrt. Und je-
des Wiſſen iſt nur wiſſenſchaftlich wenn es ſo gebildet iſt.
2. In dem genannten liegt die Gleichſezung mit dem Ver-
faſſer, und es folgt alſo erſtlich, daß wir um ſo beſſer geruͤſtet
ſind zum Auslegen je vollkommener wir jenes inne haben, zwei-
tens aber auch, daß kein auszulegendes auf einmal verſtanden
werden kann, ſondern jedes Leſen ſezt uns erſt, indem es jene
Vorkenntniſſe bereichert, zum beſſeren Verſtehen in Stand.
Nur beim unbedeutenden begnuͤgen wir uns mit dem auf ein-
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21. Wenn die Kenntniß des beſtimmten Sprachſchazes
erſt waͤhrend des Auslegens durch lexikaliſche Huͤlfe und durch
einzelne Bemerkung zuſammengerafft werden ſoll, kann keine
ſelbſtaͤndige Auslegung entſtehen.
1. Nur die unmittelbare Überlieferung aus dem wirklichen
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/57>, abgerufen am 27.07.2024.
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