besteht, desto mehr rechtfertigt sich sein Verfahren in diesem Stücke.
Seit Ernesti, ja seit Hugo Grotius ist immer entschie- dener behauptet und anerkannt worden, daß der wissenschaft- liche Ausgangspunkt in der neutest. Hermeneutik und Kritik nicht das theologische Moment sei, sondern das allgemeine philologische, daß jenes nicht als Aufhebung, sondern nur als Modification und nähere Bestimmung von diesem durch den be- sonderen Stoff, so wie die besonderen Beziehungen und Zweck- verhältnisse des N. T. angesehen werden dürfe. Wer dieses natürliche Verhältniß umkehrt, zerstört die wissenschaftliche Grundlage, verbauet sich den Weg, und kommt auf falsche Theorieen, auf die alte der allegorischen und dogmatischen Aus- legung, und auf die neue von tieferem und flacherem Schrift- sinn, oder, wenn er sich am Ende heraushilft, und in die glücklichere Bahn der analytischen Regression von der Er- scheinung der theologischen Interpretation zu ihren wissen- schaftlichen Principien einlenkt, verliert er die Zeit mit jenen unnützen Fragen, wovon man sonst die theologischen Schulen wiederhallen hörte, ob denn die heilige Schrift wirklich gram- matisch und historisch auszulegen sei oder nicht, und derglei- chen mehr, was sich von selbst versteht.
Schleiermacher hat allen diesen Irrungen und Verwir- rungen wenigstens auf dem wissenschaftlichen Gebiete dadurch hoffentlich auf immer ein Ende gemacht, daß er ohne Weite- res von der allgemeinen Hermeneutik und Kritik ausgeht, ihre Grundsätze und allgemeinen Regeln aus den einfachsten Begriffen und den allgemeinsten Erfahrungen construirt, so- dann zeigt, wie und warum sich dazu die neutestamentliche Hermeneutik und Kritik nur als spezielle Methodenlehre für
beſteht, deſto mehr rechtfertigt ſich ſein Verfahren in dieſem Stuͤcke.
Seit Erneſti, ja ſeit Hugo Grotius iſt immer entſchie- dener behauptet und anerkannt worden, daß der wiſſenſchaft- liche Ausgangspunkt in der neuteſt. Hermeneutik und Kritik nicht das theologiſche Moment ſei, ſondern das allgemeine philologiſche, daß jenes nicht als Aufhebung, ſondern nur als Modification und naͤhere Beſtimmung von dieſem durch den be- ſonderen Stoff, ſo wie die beſonderen Beziehungen und Zweck- verhaͤltniſſe des N. T. angeſehen werden duͤrfe. Wer dieſes natuͤrliche Verhaͤltniß umkehrt, zerſtoͤrt die wiſſenſchaftliche Grundlage, verbauet ſich den Weg, und kommt auf falſche Theorieen, auf die alte der allegoriſchen und dogmatiſchen Aus- legung, und auf die neue von tieferem und flacherem Schrift- ſinn, oder, wenn er ſich am Ende heraushilft, und in die gluͤcklichere Bahn der analytiſchen Regreſſion von der Er- ſcheinung der theologiſchen Interpretation zu ihren wiſſen- ſchaftlichen Principien einlenkt, verliert er die Zeit mit jenen unnuͤtzen Fragen, wovon man ſonſt die theologiſchen Schulen wiederhallen hoͤrte, ob denn die heilige Schrift wirklich gram- matiſch und hiſtoriſch auszulegen ſei oder nicht, und derglei- chen mehr, was ſich von ſelbſt verſteht.
Schleiermacher hat allen dieſen Irrungen und Verwir- rungen wenigſtens auf dem wiſſenſchaftlichen Gebiete dadurch hoffentlich auf immer ein Ende gemacht, daß er ohne Weite- res von der allgemeinen Hermeneutik und Kritik ausgeht, ihre Grundſaͤtze und allgemeinen Regeln aus den einfachſten Begriffen und den allgemeinſten Erfahrungen conſtruirt, ſo- dann zeigt, wie und warum ſich dazu die neuteſtamentliche Hermeneutik und Kritik nur als ſpezielle Methodenlehre fuͤr
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[XV/0021]
beſteht, deſto mehr rechtfertigt ſich ſein Verfahren in dieſem
Stuͤcke.
Seit Erneſti, ja ſeit Hugo Grotius iſt immer entſchie-
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liche Ausgangspunkt in der neuteſt. Hermeneutik und Kritik
nicht das theologiſche Moment ſei, ſondern das allgemeine
philologiſche, daß jenes nicht als Aufhebung, ſondern nur als
Modification und naͤhere Beſtimmung von dieſem durch den be-
ſonderen Stoff, ſo wie die beſonderen Beziehungen und Zweck-
verhaͤltniſſe des N. T. angeſehen werden duͤrfe. Wer dieſes
natuͤrliche Verhaͤltniß umkehrt, zerſtoͤrt die wiſſenſchaftliche
Grundlage, verbauet ſich den Weg, und kommt auf falſche
Theorieen, auf die alte der allegoriſchen und dogmatiſchen Aus-
legung, und auf die neue von tieferem und flacherem Schrift-
ſinn, oder, wenn er ſich am Ende heraushilft, und in die
gluͤcklichere Bahn der analytiſchen Regreſſion von der Er-
ſcheinung der theologiſchen Interpretation zu ihren wiſſen-
ſchaftlichen Principien einlenkt, verliert er die Zeit mit jenen
unnuͤtzen Fragen, wovon man ſonſt die theologiſchen Schulen
wiederhallen hoͤrte, ob denn die heilige Schrift wirklich gram-
matiſch und hiſtoriſch auszulegen ſei oder nicht, und derglei-
chen mehr, was ſich von ſelbſt verſteht.
Schleiermacher hat allen dieſen Irrungen und Verwir-
rungen wenigſtens auf dem wiſſenſchaftlichen Gebiete dadurch
hoffentlich auf immer ein Ende gemacht, daß er ohne Weite-
res von der allgemeinen Hermeneutik und Kritik ausgeht,
ihre Grundſaͤtze und allgemeinen Regeln aus den einfachſten
Begriffen und den allgemeinſten Erfahrungen conſtruirt, ſo-
dann zeigt, wie und warum ſich dazu die neuteſtamentliche
Hermeneutik und Kritik nur als ſpezielle Methodenlehre fuͤr
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/21>, abgerufen am 04.12.2024.
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