sition. Je mehr ein wissenschaftlicher Gegenstand jene Annähe- rung verträgt, desto mehr entsteht bei der Auslegung die Frage, ob der Schriftsteller eine solche Annäherung gewollt habe. Hat er sie ursprünglich gewollt, so wird sie sich in der ganzen Com- position darlegen. Was aber den verborgenen Zweck betrifft, so ist ein solcher in der rein wissenschaftlichen Mittheilung weniger denkbar, als da, wo eine Annäherung zur Kunstform statt fin- det. In diesem Falle liegt der besondere Zweck nicht so am Tage und will aufgesucht werden. Nun giebt es schon gewisse Kunst- maaße an und für sich in der schriftlichen Darstellung. Ein mehr und weniger davon hat Einfluß auf die ganze Composition. Die- selben Gedanken erfordern eine andere Darstellung, wenn die Schrift auch wohlgefällig sein soll in künstlerischer Hinsicht, als wenn bloß der Zweck der objectiven Darstellung obwaltet. Ver- fehlt man diese Differenz, so kann man das Verfahren des Schrift- stellers nicht gehörig reconstruiren. Aber wiewohl das Extreme sind, die rein künstlerische Darstellung für sich und das Erreichen eines positiven Zweckes, so gehört doch selbst zu dem lezteren eine gewisse künstlerische wohlgefällige Behandlung der Sprache, weil sonst die Leser abgestoßen werden. Es kommt nur darauf an, den Grad des künstlerischen Elements zu bestimmen.
Alles was in einem gewissen Umfange Mittheilung durch die Rede ist, ist Gegenstand der Auslegungskunst, und es liegt dieß entweder in einem bestimmten Geschäftskreise oder hat Analogie mit der Wissenschaft oder mit der Kunst. Diese sind nun unmög- lich einander schroff entgegengesezt. Selbst das was im Geschäfts- kreise versirt, kann eine kunstgemäße Darstellung haben. Es giebt da Gemeinschaftliches und Übergänge. Aber man kann sich be- stimmte Gesichtspunkte stellen und unterscheiden, ob ein Werk mehr aus dem einen oder dem andern aufzufassen sei.
Gewisse Complexus von Gedanken, die Gegenstand der Aus- legung werden, haben eine Einheit, die in der Beziehung zwi- schen Gegenstand und Form liegen. Das ist die objective Ein- heit in allen drei Gebieten. Man kann dabei noch unterscheiden
ſition. Je mehr ein wiſſenſchaftlicher Gegenſtand jene Annaͤhe- rung vertraͤgt, deſto mehr entſteht bei der Auslegung die Frage, ob der Schriftſteller eine ſolche Annaͤherung gewollt habe. Hat er ſie urſpruͤnglich gewollt, ſo wird ſie ſich in der ganzen Com- poſition darlegen. Was aber den verborgenen Zweck betrifft, ſo iſt ein ſolcher in der rein wiſſenſchaftlichen Mittheilung weniger denkbar, als da, wo eine Annaͤherung zur Kunſtform ſtatt fin- det. In dieſem Falle liegt der beſondere Zweck nicht ſo am Tage und will aufgeſucht werden. Nun giebt es ſchon gewiſſe Kunſt- maaße an und fuͤr ſich in der ſchriftlichen Darſtellung. Ein mehr und weniger davon hat Einfluß auf die ganze Compoſition. Die- ſelben Gedanken erfordern eine andere Darſtellung, wenn die Schrift auch wohlgefaͤllig ſein ſoll in kuͤnſtleriſcher Hinſicht, als wenn bloß der Zweck der objectiven Darſtellung obwaltet. Ver- fehlt man dieſe Differenz, ſo kann man das Verfahren des Schrift- ſtellers nicht gehoͤrig reconſtruiren. Aber wiewohl das Extreme ſind, die rein kuͤnſtleriſche Darſtellung fuͤr ſich und das Erreichen eines poſitiven Zweckes, ſo gehoͤrt doch ſelbſt zu dem lezteren eine gewiſſe kuͤnſtleriſche wohlgefaͤllige Behandlung der Sprache, weil ſonſt die Leſer abgeſtoßen werden. Es kommt nur darauf an, den Grad des kuͤnſtleriſchen Elements zu beſtimmen.
Alles was in einem gewiſſen Umfange Mittheilung durch die Rede iſt, iſt Gegenſtand der Auslegungskunſt, und es liegt dieß entweder in einem beſtimmten Geſchaͤftskreiſe oder hat Analogie mit der Wiſſenſchaft oder mit der Kunſt. Dieſe ſind nun unmoͤg- lich einander ſchroff entgegengeſezt. Selbſt das was im Geſchaͤfts- kreiſe verſirt, kann eine kunſtgemaͤße Darſtellung haben. Es giebt da Gemeinſchaftliches und Übergaͤnge. Aber man kann ſich be- ſtimmte Geſichtspunkte ſtellen und unterſcheiden, ob ein Werk mehr aus dem einen oder dem andern aufzufaſſen ſei.
Gewiſſe Complexus von Gedanken, die Gegenſtand der Aus- legung werden, haben eine Einheit, die in der Beziehung zwi- ſchen Gegenſtand und Form liegen. Das iſt die objective Ein- heit in allen drei Gebieten. Man kann dabei noch unterſcheiden
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ſition. Je mehr ein wiſſenſchaftlicher Gegenſtand jene Annaͤhe-
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ob der Schriftſteller eine ſolche Annaͤherung gewollt habe. Hat
er ſie urſpruͤnglich gewollt, ſo wird ſie ſich in der ganzen Com-
poſition darlegen. Was aber den verborgenen Zweck betrifft, ſo
iſt ein ſolcher in der rein wiſſenſchaftlichen Mittheilung weniger
denkbar, als da, wo eine Annaͤherung zur Kunſtform ſtatt fin-
det. In dieſem Falle liegt der beſondere Zweck nicht ſo am Tage
und will aufgeſucht werden. Nun giebt es ſchon gewiſſe Kunſt-
maaße an und fuͤr ſich in der ſchriftlichen Darſtellung. Ein mehr
und weniger davon hat Einfluß auf die ganze Compoſition. Die-
ſelben Gedanken erfordern eine andere Darſtellung, wenn die
Schrift auch wohlgefaͤllig ſein ſoll in kuͤnſtleriſcher Hinſicht, als
wenn bloß der Zweck der objectiven Darſtellung obwaltet. Ver-
fehlt man dieſe Differenz, ſo kann man das Verfahren des Schrift-
ſtellers nicht gehoͤrig reconſtruiren. Aber wiewohl das Extreme
ſind, die rein kuͤnſtleriſche Darſtellung fuͤr ſich und das Erreichen
eines poſitiven Zweckes, ſo gehoͤrt doch ſelbſt zu dem lezteren
eine gewiſſe kuͤnſtleriſche wohlgefaͤllige Behandlung der Sprache,
weil ſonſt die Leſer abgeſtoßen werden. Es kommt nur darauf
an, den Grad des kuͤnſtleriſchen Elements zu beſtimmen.
Alles was in einem gewiſſen Umfange Mittheilung durch die
Rede iſt, iſt Gegenſtand der Auslegungskunſt, und es liegt dieß
entweder in einem beſtimmten Geſchaͤftskreiſe oder hat Analogie
mit der Wiſſenſchaft oder mit der Kunſt. Dieſe ſind nun unmoͤg-
lich einander ſchroff entgegengeſezt. Selbſt das was im Geſchaͤfts-
kreiſe verſirt, kann eine kunſtgemaͤße Darſtellung haben. Es giebt
da Gemeinſchaftliches und Übergaͤnge. Aber man kann ſich be-
ſtimmte Geſichtspunkte ſtellen und unterſcheiden, ob ein Werk
mehr aus dem einen oder dem andern aufzufaſſen ſei.
Gewiſſe Complexus von Gedanken, die Gegenſtand der Aus-
legung werden, haben eine Einheit, die in der Beziehung zwi-
ſchen Gegenſtand und Form liegen. Das iſt die objective Ein-
heit in allen drei Gebieten. Man kann dabei noch unterſcheiden
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/189>, abgerufen am 05.12.2024.
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