Princip, und die Grundzüge der Composition als seine in jener Bewegung sich offenbarende eigenthümliche Natur.
Die Einheit des Werkes ist in der grammatischen Auslegung die Construction des Sprachgebietes und die Grundzüge der Com- position sind dort Constructionen der Verknüpfungsweise. Hier ist die Einheit der Gegenstand, das, wovon der Verf. zur Mitthei- lung in Bewegung gesezt wird. Die objectiven Differenzen, z. B. ob die Behandlung populär oder scientifisch ist, sind schon mit darunter begriffen. Aber der Verf. ordnet sich nun den Ge- genstand nach seiner eigenthümlichen Weise, die sich in seiner Anordnung abspiegelt. Eben so, da jeder immer Nebenvorstel- lungen hat, und auch diese durch seine Eigenthümlichkeit be- stimmt werden, so erkennt man die Eigenthümlichkeit aus der Ausschließung verwandter und der Aufnahme fremder.
Indem ich den Verf. so erkenne, erkenne ich ihn, wie er in der Sprache mit arbeitet: denn er bringt theils Neues hervor in ihr, da jede noch nicht gemachte Verbindung eines Subjects mit einem Prädicat etwas neues ist, theils erhält er das, was er wiederholt und fortpflanzt. Eben so, indem ich das Sprach- gebiet kenne, erkenne ich die Sprache, wie der Verf. ihr Pro- duct ist und unter ihrer Potenz steht. Beides ist also dasselbe, nur von einer andern Seite angesehn.
2. Das lezte Ziel der psychologischen (technischen) Aus- legung ist auch nichts anderes, als der entwickelte Anfang, nemlich das Ganze der That in seinen Theilen und in jedem Theile wieder den Stoff als das Bewegende und die Form als die durch den Stoff bewegte Natur anzuschauen.
Denn wenn ich alles Einzelne durchschauet habe, so ist nichts weiter zu verstehen übrig. Es ist auch an sich offenbar, daß der relative Gegensaz vom Verstehen des Einzelnen und dem Verstehen des Ganzen vermittelt wird dadurch daß jeder Theil dieselbe Behandlung zuläßt wie das Ganze. Aber das Ziel
Princip, und die Grundzuͤge der Compoſition als ſeine in jener Bewegung ſich offenbarende eigenthuͤmliche Natur.
Die Einheit des Werkes iſt in der grammatiſchen Auslegung die Conſtruction des Sprachgebietes und die Grundzuͤge der Com- poſition ſind dort Conſtructionen der Verknuͤpfungsweiſe. Hier iſt die Einheit der Gegenſtand, das, wovon der Verf. zur Mitthei- lung in Bewegung geſezt wird. Die objectiven Differenzen, z. B. ob die Behandlung populaͤr oder ſcientifiſch iſt, ſind ſchon mit darunter begriffen. Aber der Verf. ordnet ſich nun den Ge- genſtand nach ſeiner eigenthuͤmlichen Weiſe, die ſich in ſeiner Anordnung abſpiegelt. Eben ſo, da jeder immer Nebenvorſtel- lungen hat, und auch dieſe durch ſeine Eigenthuͤmlichkeit be- ſtimmt werden, ſo erkennt man die Eigenthuͤmlichkeit aus der Ausſchließung verwandter und der Aufnahme fremder.
Indem ich den Verf. ſo erkenne, erkenne ich ihn, wie er in der Sprache mit arbeitet: denn er bringt theils Neues hervor in ihr, da jede noch nicht gemachte Verbindung eines Subjects mit einem Praͤdicat etwas neues iſt, theils erhaͤlt er das, was er wiederholt und fortpflanzt. Eben ſo, indem ich das Sprach- gebiet kenne, erkenne ich die Sprache, wie der Verf. ihr Pro- duct iſt und unter ihrer Potenz ſteht. Beides iſt alſo daſſelbe, nur von einer andern Seite angeſehn.
2. Das lezte Ziel der pſychologiſchen (techniſchen) Aus- legung iſt auch nichts anderes, als der entwickelte Anfang, nemlich das Ganze der That in ſeinen Theilen und in jedem Theile wieder den Stoff als das Bewegende und die Form als die durch den Stoff bewegte Natur anzuſchauen.
Denn wenn ich alles Einzelne durchſchauet habe, ſo iſt nichts weiter zu verſtehen uͤbrig. Es iſt auch an ſich offenbar, daß der relative Gegenſaz vom Verſtehen des Einzelnen und dem Verſtehen des Ganzen vermittelt wird dadurch daß jeder Theil dieſelbe Behandlung zulaͤßt wie das Ganze. Aber das Ziel
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0168"n="144"/>
Princip, und die Grundzuͤge der Compoſition als ſeine in<lb/>
jener Bewegung ſich offenbarende eigenthuͤmliche Natur.</p><lb/><p>Die Einheit des Werkes iſt in der grammatiſchen Auslegung<lb/>
die Conſtruction des Sprachgebietes und die Grundzuͤge der Com-<lb/>
poſition ſind dort Conſtructionen der Verknuͤpfungsweiſe. Hier iſt<lb/>
die Einheit der Gegenſtand, das, wovon der Verf. zur Mitthei-<lb/>
lung in Bewegung geſezt wird. Die objectiven Differenzen, z. B.<lb/>
ob die Behandlung populaͤr oder ſcientifiſch iſt, ſind ſchon mit<lb/>
darunter begriffen. Aber der Verf. ordnet ſich nun den Ge-<lb/>
genſtand nach ſeiner eigenthuͤmlichen Weiſe, die ſich in ſeiner<lb/>
Anordnung abſpiegelt. Eben ſo, da jeder immer Nebenvorſtel-<lb/>
lungen hat, und auch dieſe durch ſeine Eigenthuͤmlichkeit be-<lb/>ſtimmt werden, ſo erkennt man die Eigenthuͤmlichkeit aus der<lb/>
Ausſchließung verwandter und der Aufnahme fremder.</p><lb/><p>Indem ich den Verf. ſo erkenne, erkenne ich ihn, wie er in<lb/>
der Sprache mit arbeitet: denn er bringt theils Neues hervor<lb/>
in ihr, da jede noch nicht gemachte Verbindung eines Subjects<lb/>
mit einem Praͤdicat etwas neues iſt, theils erhaͤlt er das, was<lb/>
er wiederholt und fortpflanzt. Eben ſo, indem ich das Sprach-<lb/>
gebiet kenne, erkenne ich die Sprache, wie der Verf. ihr Pro-<lb/>
duct iſt und unter ihrer Potenz ſteht. Beides iſt alſo daſſelbe,<lb/>
nur von einer andern Seite angeſehn.</p><lb/><p>2. Das lezte Ziel der pſychologiſchen (techniſchen) Aus-<lb/>
legung iſt auch nichts anderes, als der entwickelte Anfang,<lb/>
nemlich das Ganze der That in ſeinen Theilen und in jedem<lb/>
Theile wieder den Stoff als das Bewegende und die Form<lb/>
als die durch den Stoff bewegte Natur anzuſchauen.</p><lb/><p>Denn wenn ich alles Einzelne durchſchauet habe, ſo iſt nichts<lb/>
weiter zu verſtehen uͤbrig. Es iſt auch an ſich offenbar, daß<lb/>
der relative Gegenſaz vom Verſtehen des Einzelnen und dem<lb/>
Verſtehen des Ganzen vermittelt wird dadurch daß jeder Theil<lb/>
dieſelbe Behandlung zulaͤßt wie das Ganze. Aber das Ziel<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[144/0168]
Princip, und die Grundzuͤge der Compoſition als ſeine in
jener Bewegung ſich offenbarende eigenthuͤmliche Natur.
Die Einheit des Werkes iſt in der grammatiſchen Auslegung
die Conſtruction des Sprachgebietes und die Grundzuͤge der Com-
poſition ſind dort Conſtructionen der Verknuͤpfungsweiſe. Hier iſt
die Einheit der Gegenſtand, das, wovon der Verf. zur Mitthei-
lung in Bewegung geſezt wird. Die objectiven Differenzen, z. B.
ob die Behandlung populaͤr oder ſcientifiſch iſt, ſind ſchon mit
darunter begriffen. Aber der Verf. ordnet ſich nun den Ge-
genſtand nach ſeiner eigenthuͤmlichen Weiſe, die ſich in ſeiner
Anordnung abſpiegelt. Eben ſo, da jeder immer Nebenvorſtel-
lungen hat, und auch dieſe durch ſeine Eigenthuͤmlichkeit be-
ſtimmt werden, ſo erkennt man die Eigenthuͤmlichkeit aus der
Ausſchließung verwandter und der Aufnahme fremder.
Indem ich den Verf. ſo erkenne, erkenne ich ihn, wie er in
der Sprache mit arbeitet: denn er bringt theils Neues hervor
in ihr, da jede noch nicht gemachte Verbindung eines Subjects
mit einem Praͤdicat etwas neues iſt, theils erhaͤlt er das, was
er wiederholt und fortpflanzt. Eben ſo, indem ich das Sprach-
gebiet kenne, erkenne ich die Sprache, wie der Verf. ihr Pro-
duct iſt und unter ihrer Potenz ſteht. Beides iſt alſo daſſelbe,
nur von einer andern Seite angeſehn.
2. Das lezte Ziel der pſychologiſchen (techniſchen) Aus-
legung iſt auch nichts anderes, als der entwickelte Anfang,
nemlich das Ganze der That in ſeinen Theilen und in jedem
Theile wieder den Stoff als das Bewegende und die Form
als die durch den Stoff bewegte Natur anzuſchauen.
Denn wenn ich alles Einzelne durchſchauet habe, ſo iſt nichts
weiter zu verſtehen uͤbrig. Es iſt auch an ſich offenbar, daß
der relative Gegenſaz vom Verſtehen des Einzelnen und dem
Verſtehen des Ganzen vermittelt wird dadurch daß jeder Theil
dieſelbe Behandlung zulaͤßt wie das Ganze. Aber das Ziel
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/168>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.