deen an die Stirne der Bienen festgeheftet haben, daß ihnen das Fliegen unmöglich wird und sie darüber zu Grunde gehen. Ueber den Antheil, den die Insecten an der Fortpflanzung der Vegetabilien nehmen, haben wir am Ende des vorigen Jahrhunderts ein weitläufiges Werk von einem Rector Christian Conrad Sprengel erhalten, der in seinem frommen Beobachtungseifer den Insecten fast die ganze Gärtnerei der Natur über- tragen wollte. Leicht mag es seyn, mit einem ironischen Lächeln dem kindlichen Sinn des gläubigen Naturfreundes im Einzelnen seine Beschränktheit nachzuweisen, schwer bleibt es, den richtigen Standpunkt für die Beurtheilung dieser scheinbar wunderbarsten Erscheinung in dem Leben der Natur zu gewinnen. Freilich ist es ein sehr natürlicher Zusammenhang, wenn in einer Pflanze neben dem Blüthenstaub auch eine klebende Substanz gebildet wird; es ist leicht erklärt, daß dadurch der Blüthenstaub nothwendig an der Biene hängen bleiben muß, es ist allerdings das Einfachste und Natürlichste anzunehmen, daß sie beim Weiterschwärmen auch diesen Blüthenstaub zufällig einmal an der rechten Stelle abstreifen wird, -- daß ein Bächlein fließend in kleinen Wellen spielt, daß bei dem durch den heißen Sand der Sahara aufgehobenen Gleichgewicht der Luft der Wind den leichten Pollen der Dattelpalme umherweht, ist freilich ein natürliches Ereigniß und beruht auf ausnahmslosen Naturgesetzen. Und dennoch, wenn wir die Phänomene im Großen, im Zusammenhange auffassen, so können wir die Fragen, die sich uns aufdrängen, weder zurückweisen, noch auch sogleich beantworten. Was hat denn der Wind mit der Dattel- ernte von Biledulgerid und mit dem Lebensunterhalt von Millionen Menschen zu schaffen? Was weiß die seelenlose Welle, welche die Cocusnuß an die fernen unbewohnten Inseln trägt, wo sie am Rande keimt, davon, daß dadurch der Ausbreitung des Menschengeschlechtes der Weg gebahnt wird? Was geht es die Gallwespe an, daß sie durch ihre Geschäftigkeit den Feigenhandel Smyrnas möglich macht und Tausenden von Menschen Nahrung und Unterhalt gewährt; oder begreift der Käfer, der durch sein Naschen die Vermehrung der Kamt- schatkischen Lilie (Lilium camschatioum) erleichtert, daß ihre Zwiebeln
deen an die Stirne der Bienen feſtgeheftet haben, daß ihnen das Fliegen unmöglich wird und ſie darüber zu Grunde gehen. Ueber den Antheil, den die Inſecten an der Fortpflanzung der Vegetabilien nehmen, haben wir am Ende des vorigen Jahrhunderts ein weitläufiges Werk von einem Rector Chriſtian Conrad Sprengel erhalten, der in ſeinem frommen Beobachtungseifer den Inſecten faſt die ganze Gärtnerei der Natur über- tragen wollte. Leicht mag es ſeyn, mit einem ironiſchen Lächeln dem kindlichen Sinn des gläubigen Naturfreundes im Einzelnen ſeine Beſchränktheit nachzuweiſen, ſchwer bleibt es, den richtigen Standpunkt für die Beurtheilung dieſer ſcheinbar wunderbarſten Erſcheinung in dem Leben der Natur zu gewinnen. Freilich iſt es ein ſehr natürlicher Zuſammenhang, wenn in einer Pflanze neben dem Blüthenſtaub auch eine klebende Subſtanz gebildet wird; es iſt leicht erklärt, daß dadurch der Blüthenſtaub nothwendig an der Biene hängen bleiben muß, es iſt allerdings das Einfachſte und Natürlichſte anzunehmen, daß ſie beim Weiterſchwärmen auch dieſen Blüthenſtaub zufällig einmal an der rechten Stelle abſtreifen wird, — daß ein Bächlein fließend in kleinen Wellen ſpielt, daß bei dem durch den heißen Sand der Sahara aufgehobenen Gleichgewicht der Luft der Wind den leichten Pollen der Dattelpalme umherweht, iſt freilich ein natürliches Ereigniß und beruht auf ausnahmsloſen Naturgeſetzen. Und dennoch, wenn wir die Phänomene im Großen, im Zuſammenhange auffaſſen, ſo können wir die Fragen, die ſich uns aufdrängen, weder zurückweiſen, noch auch ſogleich beantworten. Was hat denn der Wind mit der Dattel- ernte von Biledulgerid und mit dem Lebensunterhalt von Millionen Menſchen zu ſchaffen? Was weiß die ſeelenloſe Welle, welche die Cocusnuß an die fernen unbewohnten Inſeln trägt, wo ſie am Rande keimt, davon, daß dadurch der Ausbreitung des Menſchengeſchlechtes der Weg gebahnt wird? Was geht es die Gallwespe an, daß ſie durch ihre Geſchäftigkeit den Feigenhandel Smyrnas möglich macht und Tauſenden von Menſchen Nahrung und Unterhalt gewährt; oder begreift der Käfer, der durch ſein Naſchen die Vermehrung der Kamt- ſchatkiſchen Lilie (Lilium camschatioum) erleichtert, daß ihre Zwiebeln
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deen an die Stirne der Bienen feſtgeheftet haben, daß ihnen das Fliegen
unmöglich wird und ſie darüber zu Grunde gehen. Ueber den Antheil, den
die Inſecten an der Fortpflanzung der Vegetabilien nehmen, haben wir
am Ende des vorigen Jahrhunderts ein weitläufiges Werk von einem
Rector Chriſtian Conrad Sprengel erhalten, der in ſeinem frommen
Beobachtungseifer den Inſecten faſt die ganze Gärtnerei der Natur über-
tragen wollte. Leicht mag es ſeyn, mit einem ironiſchen Lächeln dem
kindlichen Sinn des gläubigen Naturfreundes im Einzelnen ſeine
Beſchränktheit nachzuweiſen, ſchwer bleibt es, den richtigen Standpunkt
für die Beurtheilung dieſer ſcheinbar wunderbarſten Erſcheinung in
dem Leben der Natur zu gewinnen. Freilich iſt es ein ſehr natürlicher
Zuſammenhang, wenn in einer Pflanze neben dem Blüthenſtaub auch
eine klebende Subſtanz gebildet wird; es iſt leicht erklärt, daß dadurch
der Blüthenſtaub nothwendig an der Biene hängen bleiben muß, es
iſt allerdings das Einfachſte und Natürlichſte anzunehmen, daß ſie
beim Weiterſchwärmen auch dieſen Blüthenſtaub zufällig einmal an
der rechten Stelle abſtreifen wird, — daß ein Bächlein fließend in
kleinen Wellen ſpielt, daß bei dem durch den heißen Sand der Sahara
aufgehobenen Gleichgewicht der Luft der Wind den leichten Pollen
der Dattelpalme umherweht, iſt freilich ein natürliches Ereigniß und
beruht auf ausnahmsloſen Naturgeſetzen. Und dennoch, wenn wir
die Phänomene im Großen, im Zuſammenhange auffaſſen, ſo können
wir die Fragen, die ſich uns aufdrängen, weder zurückweiſen, noch
auch ſogleich beantworten. Was hat denn der Wind mit der Dattel-
ernte von Biledulgerid und mit dem Lebensunterhalt von Millionen
Menſchen zu ſchaffen? Was weiß die ſeelenloſe Welle, welche die
Cocusnuß an die fernen unbewohnten Inſeln trägt, wo ſie am Rande
keimt, davon, daß dadurch der Ausbreitung des Menſchengeſchlechtes
der Weg gebahnt wird? Was geht es die Gallwespe an, daß ſie
durch ihre Geſchäftigkeit den Feigenhandel Smyrnas möglich macht
und Tauſenden von Menſchen Nahrung und Unterhalt gewährt; oder
begreift der Käfer, der durch ſein Naſchen die Vermehrung der Kamt-
ſchatkiſchen Lilie (Lilium camschatioum) erleichtert, daß ihre Zwiebeln
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/87>, abgerufen am 04.12.2024.
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