bilden kleine vorspringende Leisten, Bogengänge, Festungsmauern mit Thürmchen und so weiter. Aber auch nicht die leiseste Andeutung hat uns bis jetzt die Natur über den möglichen Zweck dieser Formenspiele gegeben. So zierlich sie sind, so völlig unnütz scheinen sie zu seyn. Fritsche in Petersburg hat in einem eignen Werke eine große Menge der niedlichsten Formen abgebildet. Jene Zellen sind nun vorzugs- weise zur Vermehrung bestimmt, indem sich aus jeder Einzelnen eine neue Pflanze entwickelt. Es kommt bei dieser Entwicklung aber noch eine wesentliche Verschiedenheit vor, die man schon früh bemerkte und an der man so festhielt, daß man darüber die höhere Uebereinstim- mung ganz übersah. Es finden nämlich folgende beiden Entwick- lungsweisen Statt:
A. In dem einen Falle werden die zur Vermehrung bestimmten Zellen gleich dorthin auf den Boden oder in das Wasser verstreut, wo die neue Pflanze wachsen soll. Entweder bildet sich dann die ganze Zelle allmälig zu einer neuen Pflanze um, indem in ihr neue Zellen entstehen und an ihre Stelle treten, in diesen abermals und so fort, wie dies bei den Algen (Taf. III. Fig. 1.), Pilzen, Flechten und einem Theil der Lebermoose der Fall ist, oder die Zelle dehnt sich in einen länglichen Schlauch aus und nur das Ende dieses Schlauches füllt sich mit Zellen die allmälig zur neuen Pflanze heranwachsen, während der übrige Theil der Zelle allmälig abstirbt. Dies ist denn der Fall bei den übrigen Lebermoosen, den Laubmoosen, Farn- kräutern, Bärlapparten und Schachthalmen. Ein Beispiel dieser letzten Entwicklungsweise bieten uns in jedem Treibhause die Farnkräuter, welche hier fast immer keimend zu finden sind. (Vergl. Taf. III. Fig. 2.)
Diese sämmtlichen hier genannten Pflanzen bezeichnete Linne als Kryptogamen, oder verborgen blühende, weil er fälschlich voraus- setzte daß ihnen das im folgenden zu erwähnende zweite Organ der Fortpflanzung "die Saamenknospe" keineswegs fehle, sondern nur so klein und versteckt sey, daß man es bisher nicht habe auffinden können. In der That ist es aber gar nicht oder nur in unwesentlichen
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bilden kleine vorſpringende Leiſten, Bogengänge, Feſtungsmauern mit Thürmchen und ſo weiter. Aber auch nicht die leiſeſte Andeutung hat uns bis jetzt die Natur über den möglichen Zweck dieſer Formenſpiele gegeben. So zierlich ſie ſind, ſo völlig unnütz ſcheinen ſie zu ſeyn. Fritſche in Petersburg hat in einem eignen Werke eine große Menge der niedlichſten Formen abgebildet. Jene Zellen ſind nun vorzugs- weiſe zur Vermehrung beſtimmt, indem ſich aus jeder Einzelnen eine neue Pflanze entwickelt. Es kommt bei dieſer Entwicklung aber noch eine weſentliche Verſchiedenheit vor, die man ſchon früh bemerkte und an der man ſo feſthielt, daß man darüber die höhere Uebereinſtim- mung ganz überſah. Es finden nämlich folgende beiden Entwick- lungsweiſen Statt:
A. In dem einen Falle werden die zur Vermehrung beſtimmten Zellen gleich dorthin auf den Boden oder in das Waſſer verſtreut, wo die neue Pflanze wachſen ſoll. Entweder bildet ſich dann die ganze Zelle allmälig zu einer neuen Pflanze um, indem in ihr neue Zellen entſtehen und an ihre Stelle treten, in dieſen abermals und ſo fort, wie dies bei den Algen (Taf. III. Fig. 1.), Pilzen, Flechten und einem Theil der Lebermooſe der Fall iſt, oder die Zelle dehnt ſich in einen länglichen Schlauch aus und nur das Ende dieſes Schlauches füllt ſich mit Zellen die allmälig zur neuen Pflanze heranwachſen, während der übrige Theil der Zelle allmälig abſtirbt. Dies iſt denn der Fall bei den übrigen Lebermooſen, den Laubmooſen, Farn- kräutern, Bärlapparten und Schachthalmen. Ein Beiſpiel dieſer letzten Entwicklungsweiſe bieten uns in jedem Treibhauſe die Farnkräuter, welche hier faſt immer keimend zu finden ſind. (Vergl. Taf. III. Fig. 2.)
Dieſe ſämmtlichen hier genannten Pflanzen bezeichnete Linné als Kryptogamen, oder verborgen blühende, weil er fälſchlich voraus- ſetzte daß ihnen das im folgenden zu erwähnende zweite Organ der Fortpflanzung „die Saamenknospe“ keineswegs fehle, ſondern nur ſo klein und verſteckt ſey, daß man es bisher nicht habe auffinden können. In der That iſt es aber gar nicht oder nur in unweſentlichen
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bilden kleine vorſpringende Leiſten, Bogengänge, Feſtungsmauern
mit Thürmchen und ſo weiter. Aber auch nicht die leiſeſte Andeutung
hat uns bis jetzt die Natur über den möglichen Zweck dieſer Formenſpiele
gegeben. So zierlich ſie ſind, ſo völlig unnütz ſcheinen ſie zu ſeyn.
Fritſche in Petersburg hat in einem eignen Werke eine große Menge
der niedlichſten Formen abgebildet. Jene Zellen ſind nun vorzugs-
weiſe zur Vermehrung beſtimmt, indem ſich aus jeder Einzelnen eine
neue Pflanze entwickelt. Es kommt bei dieſer Entwicklung aber noch
eine weſentliche Verſchiedenheit vor, die man ſchon früh bemerkte und
an der man ſo feſthielt, daß man darüber die höhere Uebereinſtim-
mung ganz überſah. Es finden nämlich folgende beiden Entwick-
lungsweiſen Statt:
A. In dem einen Falle werden die zur Vermehrung beſtimmten
Zellen gleich dorthin auf den Boden oder in das Waſſer verſtreut,
wo die neue Pflanze wachſen ſoll. Entweder bildet ſich dann die ganze
Zelle allmälig zu einer neuen Pflanze um, indem in ihr neue Zellen
entſtehen und an ihre Stelle treten, in dieſen abermals und ſo fort,
wie dies bei den Algen (Taf. III. Fig. 1.), Pilzen, Flechten und
einem Theil der Lebermooſe der Fall iſt, oder die Zelle dehnt ſich in
einen länglichen Schlauch aus und nur das Ende dieſes Schlauches
füllt ſich mit Zellen die allmälig zur neuen Pflanze heranwachſen,
während der übrige Theil der Zelle allmälig abſtirbt. Dies iſt denn
der Fall bei den übrigen Lebermooſen, den Laubmooſen, Farn-
kräutern, Bärlapparten und Schachthalmen. Ein Beiſpiel dieſer
letzten Entwicklungsweiſe bieten uns in jedem Treibhauſe die
Farnkräuter, welche hier faſt immer keimend zu finden ſind. (Vergl.
Taf. III. Fig. 2.)
Dieſe ſämmtlichen hier genannten Pflanzen bezeichnete Linné
als Kryptogamen, oder verborgen blühende, weil er fälſchlich voraus-
ſetzte daß ihnen das im folgenden zu erwähnende zweite Organ der
Fortpflanzung „die Saamenknospe“ keineswegs fehle, ſondern nur
ſo klein und verſteckt ſey, daß man es bisher nicht habe auffinden
können. In der That iſt es aber gar nicht oder nur in unweſentlichen
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/83>, abgerufen am 04.12.2024.
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