Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

größerer Nähe. Benutze ich nun ein Glas, welches mir erlaubt, ei-
nen Gegenstand noch bei 4 Zoll Entfernung deutlich zu sehen, so er-
scheint er noch einmal so groß, bei 2 Zoll Entfernung 4 mal so groß,
bei Zoll Entfernung 80 mal so groß und so weiter, mit einem
Worte die Vergrößerung ist allein davon abhängig wie nah der Ge-
genstand an's Auge gebracht wird. Früher machte man von diesen
einfachen Microscopen einen sehr ausgedehnten und fast ausschließ-
lichen Gebrauch in der Wissenschaft, weil die zusammengesetzteren
Microscope damals noch so schlecht waren, daß sie gegen die ein-
fachen Instrumente weit zurück standen. Der berühmte Leuwenhoek
hat alle seine wunderbaren microscopischen Beobachtungen mit ganz
kleinen Glaskügelchen gemacht, die er sich selbst an der Lampe aus
einem feinen Glasfädchen zusammenschmolz. In neuerer Zeit ge-
braucht man aber die einfachen Microscope nur noch zu sehr schwachen
Vergrößerungen und bedient sich für stärkere allgemein der zusam-
mengesetzten Microscope. Während diese nämlich verhältnißmäßig
wenig das Auge angreifen, ist das Beobachten mit dem einfachen
Microscop zumal bei starken Vergrößerungen eine so ermüdende An-
strengung, daß Augenleiden nur zu häufig die Folge davon sind. --

Das Princip, worauf das zusammengesetzte Microscop beruht,
ist ebenfalls sehr leicht deutlich zu machen. Es beruht dasselbe auf
einer Verbindung der Kamera obscura mit dem einfachen Micro-
scope. -- Die gewöhnliche Kamera obscura besteht im Wesentlichen
aus einigen linsenförmig geschliffenen Gläsern; die von einem Ge-
genstand ausgehenden Lichtstrahlen gehen durch diese Gläser durch
und erzeugen hinter denselben ein Bild des Gegenstandes, welches
man bei dem gewöhnlichen optischen Spielwerk auf einer matt ge-
schliffenen Glastafel, oder auf einer weißen Papierfläche aufzufan-
gen pflegt. Je weiter der Gegenstand von den Gläsern entfernt
ist, desto kleiner erscheint das Bild. Nähert man den Gegenstand,
so wächst das Bild bis Bild und Gegenstand gleich groß sind. Rückt
man nun aber den Gegenstand den Gläsern noch näher, so wird das
Bild größer als der Gegenstand. Dieses letzte Verhältniß wenden

größerer Nähe. Benutze ich nun ein Glas, welches mir erlaubt, ei-
nen Gegenſtand noch bei 4 Zoll Entfernung deutlich zu ſehen, ſo er-
ſcheint er noch einmal ſo groß, bei 2 Zoll Entfernung 4 mal ſo groß,
bei Zoll Entfernung 80 mal ſo groß und ſo weiter, mit einem
Worte die Vergrößerung iſt allein davon abhängig wie nah der Ge-
genſtand an's Auge gebracht wird. Früher machte man von dieſen
einfachen Microſcopen einen ſehr ausgedehnten und faſt ausſchließ-
lichen Gebrauch in der Wiſſenſchaft, weil die zuſammengeſetzteren
Microſcope damals noch ſo ſchlecht waren, daß ſie gegen die ein-
fachen Inſtrumente weit zurück ſtanden. Der berühmte Leuwenhoek
hat alle ſeine wunderbaren microſcopiſchen Beobachtungen mit ganz
kleinen Glaskügelchen gemacht, die er ſich ſelbſt an der Lampe aus
einem feinen Glasfädchen zuſammenſchmolz. In neuerer Zeit ge-
braucht man aber die einfachen Microſcope nur noch zu ſehr ſchwachen
Vergrößerungen und bedient ſich für ſtärkere allgemein der zuſam-
mengeſetzten Microſcope. Während dieſe nämlich verhältnißmäßig
wenig das Auge angreifen, iſt das Beobachten mit dem einfachen
Microſcop zumal bei ſtarken Vergrößerungen eine ſo ermüdende An-
ſtrengung, daß Augenleiden nur zu häufig die Folge davon ſind. —

Das Princip, worauf das zuſammengeſetzte Microſcop beruht,
iſt ebenfalls ſehr leicht deutlich zu machen. Es beruht daſſelbe auf
einer Verbindung der Kamera obſcura mit dem einfachen Micro-
ſcope. — Die gewöhnliche Kamera obſcura beſteht im Weſentlichen
aus einigen linſenförmig geſchliffenen Gläſern; die von einem Ge-
genſtand ausgehenden Lichtſtrahlen gehen durch dieſe Gläſer durch
und erzeugen hinter denſelben ein Bild des Gegenſtandes, welches
man bei dem gewöhnlichen optiſchen Spielwerk auf einer matt ge-
ſchliffenen Glastafel, oder auf einer weißen Papierfläche aufzufan-
gen pflegt. Je weiter der Gegenſtand von den Gläſern entfernt
iſt, deſto kleiner erſcheint das Bild. Nähert man den Gegenſtand,
ſo wächſt das Bild bis Bild und Gegenſtand gleich groß ſind. Rückt
man nun aber den Gegenſtand den Gläſern noch näher, ſo wird das
Bild größer als der Gegenſtand. Dieſes letzte Verhältniß wenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="25"/>
größerer Nähe. Benutze ich nun ein Glas, welches mir erlaubt, ei-<lb/>
nen Gegen&#x017F;tand noch bei <hi rendition="#aq">4</hi> Zoll Entfernung deutlich zu &#x017F;ehen, &#x017F;o er-<lb/>
&#x017F;cheint er noch einmal &#x017F;o groß, bei 2 Zoll Entfernung 4 mal &#x017F;o groß,<lb/>
bei <formula notation="TeX">\nicefrac1{10}</formula> Zoll Entfernung 80 mal &#x017F;o groß und &#x017F;o weiter, mit einem<lb/>
Worte die Vergrößerung i&#x017F;t allein davon abhängig wie nah der Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand an's Auge gebracht wird. Früher machte man von die&#x017F;en<lb/>
einfachen Micro&#x017F;copen einen &#x017F;ehr ausgedehnten und fa&#x017F;t aus&#x017F;chließ-<lb/>
lichen Gebrauch in der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, weil die zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzteren<lb/>
Micro&#x017F;cope damals noch &#x017F;o &#x017F;chlecht waren, daß &#x017F;ie gegen die ein-<lb/>
fachen In&#x017F;trumente weit zurück &#x017F;tanden. Der berühmte Leuwenhoek<lb/>
hat alle &#x017F;eine wunderbaren micro&#x017F;copi&#x017F;chen Beobachtungen mit ganz<lb/>
kleinen Glaskügelchen gemacht, die er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t an der Lampe aus<lb/>
einem feinen Glasfädchen zu&#x017F;ammen&#x017F;chmolz. In neuerer Zeit ge-<lb/>
braucht man aber die einfachen Micro&#x017F;cope nur noch zu &#x017F;ehr &#x017F;chwachen<lb/>
Vergrößerungen und bedient &#x017F;ich für &#x017F;tärkere allgemein der zu&#x017F;am-<lb/>
menge&#x017F;etzten Micro&#x017F;cope. Während die&#x017F;e nämlich verhältnißmäßig<lb/>
wenig das Auge angreifen, i&#x017F;t das Beobachten mit dem einfachen<lb/>
Micro&#x017F;cop zumal bei &#x017F;tarken Vergrößerungen eine &#x017F;o ermüdende An-<lb/>
&#x017F;trengung, daß Augenleiden nur zu häufig die Folge davon &#x017F;ind. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das Princip, worauf das zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Micro&#x017F;cop beruht,<lb/>
i&#x017F;t ebenfalls &#x017F;ehr leicht deutlich zu machen. Es beruht da&#x017F;&#x017F;elbe auf<lb/>
einer Verbindung der Kamera ob&#x017F;cura mit dem einfachen Micro-<lb/>
&#x017F;cope. &#x2014; Die gewöhnliche Kamera ob&#x017F;cura be&#x017F;teht im We&#x017F;entlichen<lb/>
aus einigen lin&#x017F;enförmig ge&#x017F;chliffenen Glä&#x017F;ern; die von einem Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand ausgehenden Licht&#x017F;trahlen gehen durch die&#x017F;e Glä&#x017F;er durch<lb/>
und erzeugen hinter den&#x017F;elben ein Bild des Gegen&#x017F;tandes, welches<lb/>
man bei dem gewöhnlichen opti&#x017F;chen Spielwerk auf einer matt ge-<lb/>
&#x017F;chliffenen Glastafel, oder auf einer weißen Papierfläche aufzufan-<lb/>
gen pflegt. Je weiter der Gegen&#x017F;tand von den Glä&#x017F;ern entfernt<lb/>
i&#x017F;t, de&#x017F;to kleiner er&#x017F;cheint das Bild. Nähert man den Gegen&#x017F;tand,<lb/>
&#x017F;o wäch&#x017F;t das Bild bis Bild und Gegen&#x017F;tand gleich groß &#x017F;ind. Rückt<lb/>
man nun aber den Gegen&#x017F;tand den Glä&#x017F;ern noch näher, &#x017F;o wird das<lb/>
Bild größer als der Gegen&#x017F;tand. Die&#x017F;es letzte Verhältniß wenden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0041] größerer Nähe. Benutze ich nun ein Glas, welches mir erlaubt, ei- nen Gegenſtand noch bei 4 Zoll Entfernung deutlich zu ſehen, ſo er- ſcheint er noch einmal ſo groß, bei 2 Zoll Entfernung 4 mal ſo groß, bei [FORMEL] Zoll Entfernung 80 mal ſo groß und ſo weiter, mit einem Worte die Vergrößerung iſt allein davon abhängig wie nah der Ge- genſtand an's Auge gebracht wird. Früher machte man von dieſen einfachen Microſcopen einen ſehr ausgedehnten und faſt ausſchließ- lichen Gebrauch in der Wiſſenſchaft, weil die zuſammengeſetzteren Microſcope damals noch ſo ſchlecht waren, daß ſie gegen die ein- fachen Inſtrumente weit zurück ſtanden. Der berühmte Leuwenhoek hat alle ſeine wunderbaren microſcopiſchen Beobachtungen mit ganz kleinen Glaskügelchen gemacht, die er ſich ſelbſt an der Lampe aus einem feinen Glasfädchen zuſammenſchmolz. In neuerer Zeit ge- braucht man aber die einfachen Microſcope nur noch zu ſehr ſchwachen Vergrößerungen und bedient ſich für ſtärkere allgemein der zuſam- mengeſetzten Microſcope. Während dieſe nämlich verhältnißmäßig wenig das Auge angreifen, iſt das Beobachten mit dem einfachen Microſcop zumal bei ſtarken Vergrößerungen eine ſo ermüdende An- ſtrengung, daß Augenleiden nur zu häufig die Folge davon ſind. — Das Princip, worauf das zuſammengeſetzte Microſcop beruht, iſt ebenfalls ſehr leicht deutlich zu machen. Es beruht daſſelbe auf einer Verbindung der Kamera obſcura mit dem einfachen Micro- ſcope. — Die gewöhnliche Kamera obſcura beſteht im Weſentlichen aus einigen linſenförmig geſchliffenen Gläſern; die von einem Ge- genſtand ausgehenden Lichtſtrahlen gehen durch dieſe Gläſer durch und erzeugen hinter denſelben ein Bild des Gegenſtandes, welches man bei dem gewöhnlichen optiſchen Spielwerk auf einer matt ge- ſchliffenen Glastafel, oder auf einer weißen Papierfläche aufzufan- gen pflegt. Je weiter der Gegenſtand von den Gläſern entfernt iſt, deſto kleiner erſcheint das Bild. Nähert man den Gegenſtand, ſo wächſt das Bild bis Bild und Gegenſtand gleich groß ſind. Rückt man nun aber den Gegenſtand den Gläſern noch näher, ſo wird das Bild größer als der Gegenſtand. Dieſes letzte Verhältniß wenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/41
Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/41>, abgerufen am 18.12.2024.