Durch den eigenthümlichen Eindruck, den die Pflanzen durch die Textur und Farbe ihrer Blätter machen, ist die Lorbeer- und Myrtenform den mehr nordischen Weiden verwandt, in welche viele neuholländische Myrtaceen geradezu bis zur physiognomischen Un- unterscheidbarkeit übergehen. Im Ganzen sind freilich breite, leder- artig steife, wie lackirt glänzende und das Licht blendend zurückwer- fende Blätter das Bezeichnende für diese Pflanzen, welches noch son- derbar modificirt wird, wenn ein weißer dichter Filz, wie bei den Proteaceen, die untere Blattfläche überzieht und so in das glän- zende Grün einen eigenen silberfarbenen Ton mischt. -- Für die höchste Vollendung aller Pflanzenformen aber möchte ich die Aca- cienform erklären. Die vielfache, oft schirmartig einfache, oft netzförmig luftige, oft eichenähnlich knorrige Verästelung der hier schlanken, dort massigen Stämme bedingt einen der Schönheit so förderlichen Reichthum von Formenspielen, der aufs Mannigfachste vervielfältigt wird von den gefiederten leichten Blättern, die bald klein und zierlich wie feinste Stickereien und Spitzen sich auf dem klaren Himmelsgrunde abzeichnen, bald weit sich hinausstreckend in malerischen Biegungen mit dem Palmenlaube wetteifern. Nur ein schwaches Bild giebt die aus Nordamerika bei uns eingewanderte Robinie von der Mannigfaltigkeit, der Zartheit, Pracht und Majestät, zu welcher sich diese Form unter dem belebenden Strahle der tropischen Sonne entwickelt.
Wenn wir uns auf diese skizzenhafte Aufzählung charakteristischer Pflanzenformen beschränken, so liegt es wohl in der Natur der Sache, daß dieselbe keineswegs genügt, um den Reichthum der Natur zu malen, aber es fehlt uns gerade hier am meisten an sicheren, mit künstlerischer Hand entworfenen Zeichnungen. Die Reisenden, nur zu oft geistlose Sammler, haben noch zu wenig diese Seite der Na- turbetrachtung angebaut. Auch unter solchen, welche darauf Rück- sicht nehmen, sind gar Manche, deren Blick nicht ruhig und unbe- fangen genug ist, das, was ihnen subjectiv auffällig und interessant erscheint, von dem Charakterbestimmenden in der Landschaft zu
Durch den eigenthümlichen Eindruck, den die Pflanzen durch die Textur und Farbe ihrer Blätter machen, iſt die Lorbeer- und Myrtenform den mehr nordiſchen Weiden verwandt, in welche viele neuholländiſche Myrtaceen geradezu bis zur phyſiognomiſchen Un- unterſcheidbarkeit übergehen. Im Ganzen ſind freilich breite, leder- artig ſteife, wie lackirt glänzende und das Licht blendend zurückwer- fende Blätter das Bezeichnende für dieſe Pflanzen, welches noch ſon- derbar modificirt wird, wenn ein weißer dichter Filz, wie bei den Proteaceen, die untere Blattfläche überzieht und ſo in das glän- zende Grün einen eigenen ſilberfarbenen Ton miſcht. — Für die höchſte Vollendung aller Pflanzenformen aber möchte ich die Aca- cienform erklären. Die vielfache, oft ſchirmartig einfache, oft netzförmig luftige, oft eichenähnlich knorrige Veräſtelung der hier ſchlanken, dort maſſigen Stämme bedingt einen der Schönheit ſo förderlichen Reichthum von Formenſpielen, der aufs Mannigfachſte vervielfältigt wird von den gefiederten leichten Blättern, die bald klein und zierlich wie feinſte Stickereien und Spitzen ſich auf dem klaren Himmelsgrunde abzeichnen, bald weit ſich hinausſtreckend in maleriſchen Biegungen mit dem Palmenlaube wetteifern. Nur ein ſchwaches Bild giebt die aus Nordamerika bei uns eingewanderte Robinie von der Mannigfaltigkeit, der Zartheit, Pracht und Majeſtät, zu welcher ſich dieſe Form unter dem belebenden Strahle der tropiſchen Sonne entwickelt.
Wenn wir uns auf dieſe ſkizzenhafte Aufzählung charakteriſtiſcher Pflanzenformen beſchränken, ſo liegt es wohl in der Natur der Sache, daß dieſelbe keineswegs genügt, um den Reichthum der Natur zu malen, aber es fehlt uns gerade hier am meiſten an ſicheren, mit künſtleriſcher Hand entworfenen Zeichnungen. Die Reiſenden, nur zu oft geiſtloſe Sammler, haben noch zu wenig dieſe Seite der Na- turbetrachtung angebaut. Auch unter ſolchen, welche darauf Rück- ſicht nehmen, ſind gar Manche, deren Blick nicht ruhig und unbe- fangen genug iſt, das, was ihnen ſubjectiv auffällig und intereſſant erſcheint, von dem Charakterbeſtimmenden in der Landſchaft zu
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Durch den eigenthümlichen Eindruck, den die Pflanzen durch
die Textur und Farbe ihrer Blätter machen, iſt die Lorbeer- und
Myrtenform den mehr nordiſchen Weiden verwandt, in welche
viele neuholländiſche Myrtaceen geradezu bis zur phyſiognomiſchen Un-
unterſcheidbarkeit übergehen. Im Ganzen ſind freilich breite, leder-
artig ſteife, wie lackirt glänzende und das Licht blendend zurückwer-
fende Blätter das Bezeichnende für dieſe Pflanzen, welches noch ſon-
derbar modificirt wird, wenn ein weißer dichter Filz, wie bei den
Proteaceen, die untere Blattfläche überzieht und ſo in das glän-
zende Grün einen eigenen ſilberfarbenen Ton miſcht. — Für die
höchſte Vollendung aller Pflanzenformen aber möchte ich die Aca-
cienform erklären. Die vielfache, oft ſchirmartig einfache, oft
netzförmig luftige, oft eichenähnlich knorrige Veräſtelung der hier
ſchlanken, dort maſſigen Stämme bedingt einen der Schönheit ſo
förderlichen Reichthum von Formenſpielen, der aufs Mannigfachſte
vervielfältigt wird von den gefiederten leichten Blättern, die bald
klein und zierlich wie feinſte Stickereien und Spitzen ſich auf dem
klaren Himmelsgrunde abzeichnen, bald weit ſich hinausſtreckend in
maleriſchen Biegungen mit dem Palmenlaube wetteifern. Nur ein
ſchwaches Bild giebt die aus Nordamerika bei uns eingewanderte
Robinie von der Mannigfaltigkeit, der Zartheit, Pracht und
Majeſtät, zu welcher ſich dieſe Form unter dem belebenden Strahle
der tropiſchen Sonne entwickelt.
Wenn wir uns auf dieſe ſkizzenhafte Aufzählung charakteriſtiſcher
Pflanzenformen beſchränken, ſo liegt es wohl in der Natur der Sache,
daß dieſelbe keineswegs genügt, um den Reichthum der Natur zu
malen, aber es fehlt uns gerade hier am meiſten an ſicheren, mit
künſtleriſcher Hand entworfenen Zeichnungen. Die Reiſenden, nur
zu oft geiſtloſe Sammler, haben noch zu wenig dieſe Seite der Na-
turbetrachtung angebaut. Auch unter ſolchen, welche darauf Rück-
ſicht nehmen, ſind gar Manche, deren Blick nicht ruhig und unbe-
fangen genug iſt, das, was ihnen ſubjectiv auffällig und intereſſant
erſcheint, von dem Charakterbeſtimmenden in der Landſchaft zu
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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