einzige Quelle der Wärme ist und es muß daher die Wärme auf der Erde auch ihrer Stellung zur Wärmequelle gemäß vertheilt, die Tropen müssen am heißesten, die Pole kalt seyn, wie das schon in einer an- deren Vorlesung entwickelt wurde. -- Dies Verhältniß fand aber nicht immer Statt. So lange die Erde noch feurig flüssig und von einer dichten, die Sonnenstrahlen nur wenig durchlassenden Atmosphäre umgeben war, blieb die Wärmemenge, welche sie von der Sonne erhielt, verschwindend klein gegen diejenige, welche sie durch Abküh- lung verlor, oder mit andern Worten: zur Zeit der sich erst bildenden Erde lag die Quelle ihrer Wärme so gut wie ganz in ihr selbst. Hier fand daher auch keine nur vom Stande der Erde zur Sonne abhängige Vertheilung der Wärme auf der Erde Statt und sie hatte nahebei überall die gleiche hohe Temperatur. Eine heiße, feuchte Atmos- phäre, gegenwärtig das Characteristische der Tropenwelt, herrschte damals auf der ganzen Erde und machte die Polargegenden den Tro- penländern gleich. Erst nach und nach, wie sich die Erde immer mehr und mehr abkühlte, die Atmosphäre immer mehr ihrer Dämpfe als Regen herabschüttete, ihre Kohlensäure an die organische Welt ab- gab und so lichter und durchsichtiger wurde, gewann die Sonne eine größere Bedeutung und so gingen stufenweise die Gegenden höherer Breiten und selbst die Polarländer nacheinander die Climate durch, die wir jetzt von dem Aequator zu den Polen nebeneinander auf der Erde finden. Dieses Verhältniß wird sich später zur Erklärung der verschiedenen sich folgenden Vegetationen an der Erde als sehr fol- genreich erweisen.
Wie schon erwähnt entstanden wahrscheinlich die ersten Keime des Lebendigen im Wasser, und dem entsprechend finden wir in den ältesten geschichteten Felsarten, dem Grauwackengebirge, oder wie die Engländer es nennen, dem silurischen Gebirge, nur einige wenige Reste von Tangarten, begleitet von den schon in der vor- hergehenden cambrischen Formation in einzelnen Vertretern sich zeigenden Meerthieren. Die gefundenen Tangarten zeigen im Allge- meinen große Uebereinstimmung mit den jetzt unter den Tropen vor-
17*
einzige Quelle der Wärme iſt und es muß daher die Wärme auf der Erde auch ihrer Stellung zur Wärmequelle gemäß vertheilt, die Tropen müſſen am heißeſten, die Pole kalt ſeyn, wie das ſchon in einer an- deren Vorleſung entwickelt wurde. — Dies Verhältniß fand aber nicht immer Statt. So lange die Erde noch feurig flüſſig und von einer dichten, die Sonnenſtrahlen nur wenig durchlaſſenden Atmoſphäre umgeben war, blieb die Wärmemenge, welche ſie von der Sonne erhielt, verſchwindend klein gegen diejenige, welche ſie durch Abküh- lung verlor, oder mit andern Worten: zur Zeit der ſich erſt bildenden Erde lag die Quelle ihrer Wärme ſo gut wie ganz in ihr ſelbſt. Hier fand daher auch keine nur vom Stande der Erde zur Sonne abhängige Vertheilung der Wärme auf der Erde Statt und ſie hatte nahebei überall die gleiche hohe Temperatur. Eine heiße, feuchte Atmos- phäre, gegenwärtig das Characteriſtiſche der Tropenwelt, herrſchte damals auf der ganzen Erde und machte die Polargegenden den Tro- penländern gleich. Erſt nach und nach, wie ſich die Erde immer mehr und mehr abkühlte, die Atmoſphäre immer mehr ihrer Dämpfe als Regen herabſchüttete, ihre Kohlenſäure an die organiſche Welt ab- gab und ſo lichter und durchſichtiger wurde, gewann die Sonne eine größere Bedeutung und ſo gingen ſtufenweiſe die Gegenden höherer Breiten und ſelbſt die Polarländer nacheinander die Climate durch, die wir jetzt von dem Aequator zu den Polen nebeneinander auf der Erde finden. Dieſes Verhältniß wird ſich ſpäter zur Erklärung der verſchiedenen ſich folgenden Vegetationen an der Erde als ſehr fol- genreich erweiſen.
Wie ſchon erwähnt entſtanden wahrſcheinlich die erſten Keime des Lebendigen im Waſſer, und dem entſprechend finden wir in den älteſten geſchichteten Felsarten, dem Grauwackengebirge, oder wie die Engländer es nennen, dem ſiluriſchen Gebirge, nur einige wenige Reſte von Tangarten, begleitet von den ſchon in der vor- hergehenden cambriſchen Formation in einzelnen Vertretern ſich zeigenden Meerthieren. Die gefundenen Tangarten zeigen im Allge- meinen große Uebereinſtimmung mit den jetzt unter den Tropen vor-
17*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0275"n="259"/>
einzige Quelle der Wärme iſt und es muß daher die Wärme auf der<lb/>
Erde auch ihrer Stellung zur Wärmequelle gemäß vertheilt, die Tropen<lb/>
müſſen am heißeſten, die Pole kalt ſeyn, wie das ſchon in einer an-<lb/>
deren Vorleſung entwickelt wurde. — Dies Verhältniß fand aber nicht<lb/>
immer Statt. So lange die Erde noch feurig flüſſig und von einer<lb/>
dichten, die Sonnenſtrahlen nur wenig durchlaſſenden Atmoſphäre<lb/>
umgeben war, blieb die Wärmemenge, welche ſie von der Sonne<lb/>
erhielt, verſchwindend klein gegen diejenige, welche ſie durch Abküh-<lb/>
lung verlor, oder mit andern Worten: zur Zeit der ſich erſt bildenden<lb/>
Erde lag die Quelle ihrer Wärme ſo gut wie ganz in ihr ſelbſt. Hier<lb/>
fand daher auch keine nur vom Stande der Erde zur Sonne abhängige<lb/>
Vertheilung der Wärme auf der Erde Statt und ſie hatte nahebei<lb/>
überall die gleiche hohe Temperatur. Eine heiße, feuchte Atmos-<lb/>
phäre, gegenwärtig das Characteriſtiſche der Tropenwelt, herrſchte<lb/>
damals auf der ganzen Erde und machte die Polargegenden den Tro-<lb/>
penländern gleich. Erſt nach und nach, wie ſich die Erde immer<lb/>
mehr und mehr abkühlte, die Atmoſphäre immer mehr ihrer Dämpfe<lb/>
als Regen herabſchüttete, ihre Kohlenſäure an die organiſche Welt ab-<lb/>
gab und ſo lichter und durchſichtiger wurde, gewann die Sonne eine<lb/>
größere Bedeutung und ſo gingen ſtufenweiſe die Gegenden höherer<lb/>
Breiten und ſelbſt die Polarländer <hirendition="#g">nacheinander</hi> die Climate durch,<lb/>
die wir jetzt von dem Aequator zu den Polen <hirendition="#g">nebeneinander</hi> auf<lb/>
der Erde finden. Dieſes Verhältniß wird ſich ſpäter zur Erklärung der<lb/>
verſchiedenen ſich folgenden Vegetationen an der Erde als ſehr fol-<lb/>
genreich erweiſen.</p><lb/><p>Wie ſchon erwähnt entſtanden wahrſcheinlich die erſten Keime<lb/>
des Lebendigen im Waſſer, und dem entſprechend finden wir in den<lb/>
älteſten geſchichteten Felsarten, dem <hirendition="#g">Grauwackengebirge</hi>, oder wie<lb/>
die Engländer es nennen, dem <hirendition="#g">ſiluriſchen Gebirge</hi>, nur einige<lb/>
wenige Reſte von <hirendition="#g">Tangarten</hi>, begleitet von den ſchon in der vor-<lb/>
hergehenden <hirendition="#g">cambriſchen Formation</hi> in einzelnen Vertretern ſich<lb/>
zeigenden Meerthieren. Die gefundenen Tangarten zeigen im Allge-<lb/>
meinen große Uebereinſtimmung mit den jetzt unter den Tropen vor-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">17*</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[259/0275]
einzige Quelle der Wärme iſt und es muß daher die Wärme auf der
Erde auch ihrer Stellung zur Wärmequelle gemäß vertheilt, die Tropen
müſſen am heißeſten, die Pole kalt ſeyn, wie das ſchon in einer an-
deren Vorleſung entwickelt wurde. — Dies Verhältniß fand aber nicht
immer Statt. So lange die Erde noch feurig flüſſig und von einer
dichten, die Sonnenſtrahlen nur wenig durchlaſſenden Atmoſphäre
umgeben war, blieb die Wärmemenge, welche ſie von der Sonne
erhielt, verſchwindend klein gegen diejenige, welche ſie durch Abküh-
lung verlor, oder mit andern Worten: zur Zeit der ſich erſt bildenden
Erde lag die Quelle ihrer Wärme ſo gut wie ganz in ihr ſelbſt. Hier
fand daher auch keine nur vom Stande der Erde zur Sonne abhängige
Vertheilung der Wärme auf der Erde Statt und ſie hatte nahebei
überall die gleiche hohe Temperatur. Eine heiße, feuchte Atmos-
phäre, gegenwärtig das Characteriſtiſche der Tropenwelt, herrſchte
damals auf der ganzen Erde und machte die Polargegenden den Tro-
penländern gleich. Erſt nach und nach, wie ſich die Erde immer
mehr und mehr abkühlte, die Atmoſphäre immer mehr ihrer Dämpfe
als Regen herabſchüttete, ihre Kohlenſäure an die organiſche Welt ab-
gab und ſo lichter und durchſichtiger wurde, gewann die Sonne eine
größere Bedeutung und ſo gingen ſtufenweiſe die Gegenden höherer
Breiten und ſelbſt die Polarländer nacheinander die Climate durch,
die wir jetzt von dem Aequator zu den Polen nebeneinander auf
der Erde finden. Dieſes Verhältniß wird ſich ſpäter zur Erklärung der
verſchiedenen ſich folgenden Vegetationen an der Erde als ſehr fol-
genreich erweiſen.
Wie ſchon erwähnt entſtanden wahrſcheinlich die erſten Keime
des Lebendigen im Waſſer, und dem entſprechend finden wir in den
älteſten geſchichteten Felsarten, dem Grauwackengebirge, oder wie
die Engländer es nennen, dem ſiluriſchen Gebirge, nur einige
wenige Reſte von Tangarten, begleitet von den ſchon in der vor-
hergehenden cambriſchen Formation in einzelnen Vertretern ſich
zeigenden Meerthieren. Die gefundenen Tangarten zeigen im Allge-
meinen große Uebereinſtimmung mit den jetzt unter den Tropen vor-
17*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/275>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.