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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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Anfängen der Wissenschaft ist erst nach und nach Licht und Ordnung
in die Begriffe gekommen und noch wohl ist Vieles verworren, was
erst Spätere aufklären werden. Zweierlei ist aber wesentlich zu unter-
scheiden. Die Haidepflanzen kommen vor auf trocknen, sonnigen,
sandigen Ebenen, sie verbreiten sich vom Cap der guten Hoffnung
durch Africa, Europa und das nördliche Asien, bis an die äußersten
Vegetationsgrenzen in Scandinavien und Sibirien, in diesem großen
Gebiet vertheilen sich diese Pflanzen, so daß Südafrica unzäh-
lige, verschiedene Arten hat, von denen aber stets nur wenige Indivi-
duen neben einander wachsen, daß dann gegen Norden die Zahl der
Arten sich plötzlich bedeutend verringert, dagegen allmälig die Menge
der Individuen zunimmt, bis endlich im Norden Europas eine ein-
zige Art, die gemeine Haide *), in Millionen von Einzelwesen ganze
Länder überzieht. Zunächst sehen wir leicht, daß nur die erste Be-
stimmung, die des Vorkommens nämlich, sich mit Nothwendig-
keit auf jedes Individuum bezieht; daß dagegen der Verbreitungs-
bezirk
und die Vertheilungsweise Momente hervorhebt, welche
für das einzelne Individuum gar keine, desto größere Bedeutung da-
gegen für die größeren Pflanzengruppen haben, die wir Art, Ge-
schlecht, Zunft u. s. w. nennen. Hiervon gehört aber nur das erste,
das Vorkommen der Pflanzen ganz, die beiden andern dagegen nur
theilweise zu den aus physicalischen Einflüssen erklärlichen Verhält-
nissen, gleichwohl müssen wir uns fürs Erste mehr an jene Ordnung
halten, da sie eine logisch strenge ist, die für unberechenbar lange
Zeit unverrückbar stehen bleiben wird, während natürlich die letzte
Anordnung nur für den jedesmaligen Stand der Wissenschaft ihre
Gültigkeit hat. -- Wenn wir nämlich die verschiedenartigen Einflüsse
überblicken, von denen das Leben und die gesunde Vegetation einer
Pflanze nach unsern gegenwärtigen physiologischen Kenntnissen ab-
hängig ist, so finden wir bald, daß nur eine geringe Anzahl physica-
lischer Kräfte bis jetzt in ihrer Wirkung auf den Organismus von

*) Calluna vulgaris.
Schleiden, Pflanze. 15

Anfängen der Wiſſenſchaft iſt erſt nach und nach Licht und Ordnung
in die Begriffe gekommen und noch wohl iſt Vieles verworren, was
erſt Spätere aufklären werden. Zweierlei iſt aber weſentlich zu unter-
ſcheiden. Die Haidepflanzen kommen vor auf trocknen, ſonnigen,
ſandigen Ebenen, ſie verbreiten ſich vom Cap der guten Hoffnung
durch Africa, Europa und das nördliche Aſien, bis an die äußerſten
Vegetationsgrenzen in Scandinavien und Sibirien, in dieſem großen
Gebiet vertheilen ſich dieſe Pflanzen, ſo daß Südafrica unzäh-
lige, verſchiedene Arten hat, von denen aber ſtets nur wenige Indivi-
duen neben einander wachſen, daß dann gegen Norden die Zahl der
Arten ſich plötzlich bedeutend verringert, dagegen allmälig die Menge
der Individuen zunimmt, bis endlich im Norden Europas eine ein-
zige Art, die gemeine Haide *), in Millionen von Einzelweſen ganze
Länder überzieht. Zunächſt ſehen wir leicht, daß nur die erſte Be-
ſtimmung, die des Vorkommens nämlich, ſich mit Nothwendig-
keit auf jedes Individuum bezieht; daß dagegen der Verbreitungs-
bezirk
und die Vertheilungsweiſe Momente hervorhebt, welche
für das einzelne Individuum gar keine, deſto größere Bedeutung da-
gegen für die größeren Pflanzengruppen haben, die wir Art, Ge-
ſchlecht, Zunft u. ſ. w. nennen. Hiervon gehört aber nur das erſte,
das Vorkommen der Pflanzen ganz, die beiden andern dagegen nur
theilweiſe zu den aus phyſicaliſchen Einflüſſen erklärlichen Verhält-
niſſen, gleichwohl müſſen wir uns fürs Erſte mehr an jene Ordnung
halten, da ſie eine logiſch ſtrenge iſt, die für unberechenbar lange
Zeit unverrückbar ſtehen bleiben wird, während natürlich die letzte
Anordnung nur für den jedesmaligen Stand der Wiſſenſchaft ihre
Gültigkeit hat. — Wenn wir nämlich die verſchiedenartigen Einflüſſe
überblicken, von denen das Leben und die geſunde Vegetation einer
Pflanze nach unſern gegenwärtigen phyſiologiſchen Kenntniſſen ab-
hängig iſt, ſo finden wir bald, daß nur eine geringe Anzahl phyſica-
liſcher Kräfte bis jetzt in ihrer Wirkung auf den Organismus von

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[225/0241] Anfängen der Wiſſenſchaft iſt erſt nach und nach Licht und Ordnung in die Begriffe gekommen und noch wohl iſt Vieles verworren, was erſt Spätere aufklären werden. Zweierlei iſt aber weſentlich zu unter- ſcheiden. Die Haidepflanzen kommen vor auf trocknen, ſonnigen, ſandigen Ebenen, ſie verbreiten ſich vom Cap der guten Hoffnung durch Africa, Europa und das nördliche Aſien, bis an die äußerſten Vegetationsgrenzen in Scandinavien und Sibirien, in dieſem großen Gebiet vertheilen ſich dieſe Pflanzen, ſo daß Südafrica unzäh- lige, verſchiedene Arten hat, von denen aber ſtets nur wenige Indivi- duen neben einander wachſen, daß dann gegen Norden die Zahl der Arten ſich plötzlich bedeutend verringert, dagegen allmälig die Menge der Individuen zunimmt, bis endlich im Norden Europas eine ein- zige Art, die gemeine Haide *), in Millionen von Einzelweſen ganze Länder überzieht. Zunächſt ſehen wir leicht, daß nur die erſte Be- ſtimmung, die des Vorkommens nämlich, ſich mit Nothwendig- keit auf jedes Individuum bezieht; daß dagegen der Verbreitungs- bezirk und die Vertheilungsweiſe Momente hervorhebt, welche für das einzelne Individuum gar keine, deſto größere Bedeutung da- gegen für die größeren Pflanzengruppen haben, die wir Art, Ge- ſchlecht, Zunft u. ſ. w. nennen. Hiervon gehört aber nur das erſte, das Vorkommen der Pflanzen ganz, die beiden andern dagegen nur theilweiſe zu den aus phyſicaliſchen Einflüſſen erklärlichen Verhält- niſſen, gleichwohl müſſen wir uns fürs Erſte mehr an jene Ordnung halten, da ſie eine logiſch ſtrenge iſt, die für unberechenbar lange Zeit unverrückbar ſtehen bleiben wird, während natürlich die letzte Anordnung nur für den jedesmaligen Stand der Wiſſenſchaft ihre Gültigkeit hat. — Wenn wir nämlich die verſchiedenartigen Einflüſſe überblicken, von denen das Leben und die geſunde Vegetation einer Pflanze nach unſern gegenwärtigen phyſiologiſchen Kenntniſſen ab- hängig iſt, ſo finden wir bald, daß nur eine geringe Anzahl phyſica- liſcher Kräfte bis jetzt in ihrer Wirkung auf den Organismus von *) Calluna vulgaris. Schleiden, Pflanze. 15

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/241>, abgerufen am 23.11.2024.