Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.schwächsten und feigsten Thiere. An einem schönen Sonntage durchstrich *) Xanthorrhoea australis. **) Acacia mollissima, affinis u. a. m. ***) Cissus autarctica.
ſchwächſten und feigſten Thiere. An einem ſchönen Sonntage durchſtrich *) Xanthorrhoea australis. **) Acacia mollissima, affinis u. a. m. ***) Cissus autarctica.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0230" n="214"/> ſchwächſten und feigſten Thiere. An einem ſchönen Sonntage durchſtrich<lb/> ich frühmorgens die weiten Ebenen von <hi rendition="#g">Gippsland</hi>. Meine Ge-<lb/> danken waren durch die Eigenthümlichkeiten der mich umgebenden Natur<lb/> ganz von meinem eigentlichen Zwecke der Jagdluſt abgezogen. Zuerſt<lb/> führte mein Pfad durch jene ſchattenloſen Wälder Neuhollands von<lb/> blattloſen <hi rendition="#g">Caſuarinen</hi> und von den ſchwachbelaubten <hi rendition="#g">Eucalyp-<lb/> ten</hi> und <hi rendition="#g">Cajuputbäumen</hi> gebildet, deren ſchmale Blätter noch dazu<lb/> in ſeltſamer Verdrehung nicht ihre Fläche, ſondern ihre Kanten nach<lb/> Oben und Unten richten. Mit Bewunderung belauſchte ich die ſelt-<lb/> ſame Thierwelt der Inſecten, unter denen beſonders eine Heuſchrecken-<lb/> form, die vollkommen einem wandelnden Strohhalme glich, meine<lb/> Aufmerkſamkeit feſſelte. Nun trat ich auf eine weite ſandige Fläche,<lb/> zum Theil mit dem wunderlichen <hi rendition="#g">Grasbaum</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Xanthorrhoea australis.</hi></note> bedeckt. Die meh-<lb/> rere Fuß hohen Stämme tragen auf ihrer Spitze einen Büſchel rieſen-<lb/> mäßigen Graſes, aus deſſen Mitte ſich 14—20 Fuß hoch der den<lb/> Blüthenkolben tragende Schaft erhebt. — Zuweilen wurde der Boden<lb/> feucht und die Vegetation, obwohl nur niedriges Buſchwerk, faſt<lb/> undurchdringlich dicht. Nur hin und wieder erhoben ſich mit pracht-<lb/> vollen goldgelben Blüthenbüſcheln ſüßduftende <hi rendition="#g">Acacien</hi><note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Acacia mollissima, affinis</hi> u. a. m.</note>, oft vom<lb/> wilden Wein<note place="foot" n="***)"><hi rendition="#aq">Cissus autarctica.</hi></note>, wie von rieſigen Stricken dicht verſchlungen. Auf et-<lb/> was lichteren Stellen breitete der <hi rendition="#g">Lyraphaſan</hi> ſein prunkvolles Gefie-<lb/> der aus und gefiel ſich darin, die ſämmtlichen Naturlaute dieſes eigen-<lb/> thümlichen Landes, das Geſchrei verſchiedner Vögel, das Bellen der<lb/> wilden Hunde, das Schreien der Cicaden täuſchend in unermüdlicher<lb/> Ausdauer nachzuäffen. Mit einiger Mühe hatte ich mich durch dieſes<lb/> Dickicht durchgearbeitet und erreichte jetzt ein ſumpfiges Gebiet, wel-<lb/> ches aber ausgetrocknet durch die glühende Sonne nur noch einzelne<lb/> Pfützen und Bächelchen zeigte, die mit dichten Gebüſchen rieſiger Riet-<lb/> gräſer und breitblättrigen Schilfes abwechſelnd dem ſeltſamen Natur-<lb/> ſpiele, dem Schnabelthiere, zum Aufenthalt dienen. Auf dem etwas<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0230]
ſchwächſten und feigſten Thiere. An einem ſchönen Sonntage durchſtrich
ich frühmorgens die weiten Ebenen von Gippsland. Meine Ge-
danken waren durch die Eigenthümlichkeiten der mich umgebenden Natur
ganz von meinem eigentlichen Zwecke der Jagdluſt abgezogen. Zuerſt
führte mein Pfad durch jene ſchattenloſen Wälder Neuhollands von
blattloſen Caſuarinen und von den ſchwachbelaubten Eucalyp-
ten und Cajuputbäumen gebildet, deren ſchmale Blätter noch dazu
in ſeltſamer Verdrehung nicht ihre Fläche, ſondern ihre Kanten nach
Oben und Unten richten. Mit Bewunderung belauſchte ich die ſelt-
ſame Thierwelt der Inſecten, unter denen beſonders eine Heuſchrecken-
form, die vollkommen einem wandelnden Strohhalme glich, meine
Aufmerkſamkeit feſſelte. Nun trat ich auf eine weite ſandige Fläche,
zum Theil mit dem wunderlichen Grasbaum *) bedeckt. Die meh-
rere Fuß hohen Stämme tragen auf ihrer Spitze einen Büſchel rieſen-
mäßigen Graſes, aus deſſen Mitte ſich 14—20 Fuß hoch der den
Blüthenkolben tragende Schaft erhebt. — Zuweilen wurde der Boden
feucht und die Vegetation, obwohl nur niedriges Buſchwerk, faſt
undurchdringlich dicht. Nur hin und wieder erhoben ſich mit pracht-
vollen goldgelben Blüthenbüſcheln ſüßduftende Acacien **), oft vom
wilden Wein ***), wie von rieſigen Stricken dicht verſchlungen. Auf et-
was lichteren Stellen breitete der Lyraphaſan ſein prunkvolles Gefie-
der aus und gefiel ſich darin, die ſämmtlichen Naturlaute dieſes eigen-
thümlichen Landes, das Geſchrei verſchiedner Vögel, das Bellen der
wilden Hunde, das Schreien der Cicaden täuſchend in unermüdlicher
Ausdauer nachzuäffen. Mit einiger Mühe hatte ich mich durch dieſes
Dickicht durchgearbeitet und erreichte jetzt ein ſumpfiges Gebiet, wel-
ches aber ausgetrocknet durch die glühende Sonne nur noch einzelne
Pfützen und Bächelchen zeigte, die mit dichten Gebüſchen rieſiger Riet-
gräſer und breitblättrigen Schilfes abwechſelnd dem ſeltſamen Natur-
ſpiele, dem Schnabelthiere, zum Aufenthalt dienen. Auf dem etwas
*) Xanthorrhoea australis.
**) Acacia mollissima, affinis u. a. m.
***) Cissus autarctica.
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