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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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zwischen rother Haide und graugrünen Binsen unbeweglich und nur
zuweilen sich mit dem Gehörn die Weichen reibend. Endlich richtete es
sich auf, streckte sich und schritt langsam auf eine Biegung des Baches
zu, von welcher ich nur durch einen flachen, schmalen Hügel, um
den sich dies Wasser herumwand, getrennt war. Ich griff zur Flinte,
wechselte aus Vorsicht das Zündhütchen und kroch soweit das Ufer
hinan, daß ich das Wild etwa 50 Schritt vor mir bis an die Knie
im Wasser stehend und in langen Zügen trinkend erblickte. Ich feuerte
auf den Hals dicht am Kopf. Es stürzte in die Knie, erhob sich aber
sogleich wieder und sprang einen Hügel hinan, doch schon zu matt
für diese Anstrengung wankte es, kehrte zum Bache zurück und stürzte
anscheinend todt, wenige Schritte von mir, häuptlings in das tief
eingeschnittne Bette. Ich warf die Flinte fort und warf mich mit einem
Freuderuf und mit gezücktem Waidmesser auf meine, wie ich glaubte,
sichere Beute. Aber kaum berührte ich das edle Thier als es aufsprang
und mich mit einem Stoße rückwärts gegen die Steine schleuderte,
daß ich nur mit Mühe und schmerzenden Gliedern mich wieder erheben
konnte. Ich war betäubt und in einer unangenehmen Lage. Hinter
mir der steile Absturz, über welchen der Bach sein Wasser in den See
ergoß, vor mir das zornige Thier von Schweiß und Wasser triefend
und wie es schien zu einem neuen Stoß sich anschickend. So starrten
wir einige bange Minuten Einer in des Andern Auge, bis ich mich
etwas erholte und schnellen Entschlusses mit so rascher Wendung mich
auf den Uferrand schwang, daß mein Gegner nicht Zeit behielt seinen
Stoß zu vollführen. Nun schlug ich von oben her dem schon matten
Thier mein Plaid um Kopf und Augen, und warf mich abermals
auf ihn. Aber erst nach verzweifelter Gegenwehr von seiner Seite
gelang es mir ihm den Genickfang zu geben und erschöpft sank ich
neben meine Beute in das feuchte Moos nieder."

"Es ist nichts Seltnes, begann der Zweite, daß ein so edles und
starkes Thier den Jäger in gefährliche Verlegenheit bringt, ich erlebte
aber im vorigen Jahre den lächerlichsten Auftritt in dem ohne meine
Dazwischenkunft hoffnungslosen Kampf eines Mannes mit einem der

zwiſchen rother Haide und graugrünen Binſen unbeweglich und nur
zuweilen ſich mit dem Gehörn die Weichen reibend. Endlich richtete es
ſich auf, ſtreckte ſich und ſchritt langſam auf eine Biegung des Baches
zu, von welcher ich nur durch einen flachen, ſchmalen Hügel, um
den ſich dies Waſſer herumwand, getrennt war. Ich griff zur Flinte,
wechſelte aus Vorſicht das Zündhütchen und kroch ſoweit das Ufer
hinan, daß ich das Wild etwa 50 Schritt vor mir bis an die Knie
im Waſſer ſtehend und in langen Zügen trinkend erblickte. Ich feuerte
auf den Hals dicht am Kopf. Es ſtürzte in die Knie, erhob ſich aber
ſogleich wieder und ſprang einen Hügel hinan, doch ſchon zu matt
für dieſe Anſtrengung wankte es, kehrte zum Bache zurück und ſtürzte
anſcheinend todt, wenige Schritte von mir, häuptlings in das tief
eingeſchnittne Bette. Ich warf die Flinte fort und warf mich mit einem
Freuderuf und mit gezücktem Waidmeſſer auf meine, wie ich glaubte,
ſichere Beute. Aber kaum berührte ich das edle Thier als es aufſprang
und mich mit einem Stoße rückwärts gegen die Steine ſchleuderte,
daß ich nur mit Mühe und ſchmerzenden Gliedern mich wieder erheben
konnte. Ich war betäubt und in einer unangenehmen Lage. Hinter
mir der ſteile Abſturz, über welchen der Bach ſein Waſſer in den See
ergoß, vor mir das zornige Thier von Schweiß und Waſſer triefend
und wie es ſchien zu einem neuen Stoß ſich anſchickend. So ſtarrten
wir einige bange Minuten Einer in des Andern Auge, bis ich mich
etwas erholte und ſchnellen Entſchluſſes mit ſo raſcher Wendung mich
auf den Uferrand ſchwang, daß mein Gegner nicht Zeit behielt ſeinen
Stoß zu vollführen. Nun ſchlug ich von oben her dem ſchon matten
Thier mein Plaid um Kopf und Augen, und warf mich abermals
auf ihn. Aber erſt nach verzweifelter Gegenwehr von ſeiner Seite
gelang es mir ihm den Genickfang zu geben und erſchöpft ſank ich
neben meine Beute in das feuchte Moos nieder.“

„Es iſt nichts Seltnes, begann der Zweite, daß ein ſo edles und
ſtarkes Thier den Jäger in gefährliche Verlegenheit bringt, ich erlebte
aber im vorigen Jahre den lächerlichſten Auftritt in dem ohne meine
Dazwiſchenkunft hoffnungsloſen Kampf eines Mannes mit einem der

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[213/0229] zwiſchen rother Haide und graugrünen Binſen unbeweglich und nur zuweilen ſich mit dem Gehörn die Weichen reibend. Endlich richtete es ſich auf, ſtreckte ſich und ſchritt langſam auf eine Biegung des Baches zu, von welcher ich nur durch einen flachen, ſchmalen Hügel, um den ſich dies Waſſer herumwand, getrennt war. Ich griff zur Flinte, wechſelte aus Vorſicht das Zündhütchen und kroch ſoweit das Ufer hinan, daß ich das Wild etwa 50 Schritt vor mir bis an die Knie im Waſſer ſtehend und in langen Zügen trinkend erblickte. Ich feuerte auf den Hals dicht am Kopf. Es ſtürzte in die Knie, erhob ſich aber ſogleich wieder und ſprang einen Hügel hinan, doch ſchon zu matt für dieſe Anſtrengung wankte es, kehrte zum Bache zurück und ſtürzte anſcheinend todt, wenige Schritte von mir, häuptlings in das tief eingeſchnittne Bette. Ich warf die Flinte fort und warf mich mit einem Freuderuf und mit gezücktem Waidmeſſer auf meine, wie ich glaubte, ſichere Beute. Aber kaum berührte ich das edle Thier als es aufſprang und mich mit einem Stoße rückwärts gegen die Steine ſchleuderte, daß ich nur mit Mühe und ſchmerzenden Gliedern mich wieder erheben konnte. Ich war betäubt und in einer unangenehmen Lage. Hinter mir der ſteile Abſturz, über welchen der Bach ſein Waſſer in den See ergoß, vor mir das zornige Thier von Schweiß und Waſſer triefend und wie es ſchien zu einem neuen Stoß ſich anſchickend. So ſtarrten wir einige bange Minuten Einer in des Andern Auge, bis ich mich etwas erholte und ſchnellen Entſchluſſes mit ſo raſcher Wendung mich auf den Uferrand ſchwang, daß mein Gegner nicht Zeit behielt ſeinen Stoß zu vollführen. Nun ſchlug ich von oben her dem ſchon matten Thier mein Plaid um Kopf und Augen, und warf mich abermals auf ihn. Aber erſt nach verzweifelter Gegenwehr von ſeiner Seite gelang es mir ihm den Genickfang zu geben und erſchöpft ſank ich neben meine Beute in das feuchte Moos nieder.“ „Es iſt nichts Seltnes, begann der Zweite, daß ein ſo edles und ſtarkes Thier den Jäger in gefährliche Verlegenheit bringt, ich erlebte aber im vorigen Jahre den lächerlichſten Auftritt in dem ohne meine Dazwiſchenkunft hoffnungsloſen Kampf eines Mannes mit einem der

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/229>, abgerufen am 23.11.2024.