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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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Staaten wird eine unglaubliche Menge des Federharzes nach Europa
verschifft, welches hauptsächlich von einem großen Baum jener Gegen-
den, der Siphonia elastica, gewonnen wird. Im J. 1736 machte der
berühmte französische Gelehrte la Condamine zuerst auf das Kaout-
schouck aufmerksam und beschrieb die Gewinnung desselben genauer.
Jener bis 60 F. hohe, schöne Baum hat eine glatte, bräunlich graue
Rinde, in welche die Indianer lange und tiefe Einschnitte bis aufs
Holz machen, aus denen dann reichlich der weiße Saft hervorquillt.
Noch ehe er Zeit hat anzutrocknen, wird er auf Formen von unge-
branntem Thon, gewöhnlich in Gestalt größerer oder kleinerer, rund-
licher und kurzhalsiger Flaschen gestrichen und dann über Rauchfeuer
getrocknet. Man wiederholt diesen Anstrich so oft, bis der Ueberzug
die gehörige Dicke erlangt hat. Durch diese Operation, bei welcher
die fremdartigen Theile des Saftes nicht abgeschieden und noch durch
den Rauch mehr verunreinigt werden, erhält das Kaoutschouck die
braune oder schwarze Farbe, während das reine Kaoutschouck weiß
oder hellgelblich und halb durchsichtig ist.

Spätere genauere Kenntniß des Baumes und seiner Verbreitung
verdanken wir 1751 Fresneau, insbesondere aber dem unermüdlich
für Naturwissenschaft thätigen Aublet du Petit-Thouars.

Noch eine große Zahl anderer Pflanzen dieser Gruppe enthält
Kaoutschouck. Aus keiner ist es so leicht in größerer Menge zu ge-
winnen. Ist nun der Saft der Siphonia mindestens unschädlich, wird
der Saft der Tabayba dolce (Euphorbia balsamifera Ait.) sogar
einer süßen Milch ähnlich und von den Bewohnern der Canarischen
Inseln, wie Leop. v. Buch in seiner interessanten Beschreibung der
Canarischen Inseln erzählt, zu Gelee eingedickt, als Delicatesse ge-
nossen, so sind doch die meisten Pflanzen dieser Gruppe eben ihres
Milchsaftes wegen verdächtig, oder geradezu den heftigsten Pflanzen-
giften beizuzählen. Und seltsamer Weise liefern sie dennoch zum Theil
die gesündeste Nahrung, der wir kaum Aehnliches an die Seite zu
setzen haben. Im ganzen heißeren Amerika macht der Anbau der
Manjocwurzel (Jatropha Manihot) einen der wichtigsten Cultur-

Schleiden, Pflanze. 12

Staaten wird eine unglaubliche Menge des Federharzes nach Europa
verſchifft, welches hauptſächlich von einem großen Baum jener Gegen-
den, der Siphonia elastica, gewonnen wird. Im J. 1736 machte der
berühmte franzöſiſche Gelehrte la Condamine zuerſt auf das Kaout-
ſchouck aufmerkſam und beſchrieb die Gewinnung deſſelben genauer.
Jener bis 60 F. hohe, ſchöne Baum hat eine glatte, bräunlich graue
Rinde, in welche die Indianer lange und tiefe Einſchnitte bis aufs
Holz machen, aus denen dann reichlich der weiße Saft hervorquillt.
Noch ehe er Zeit hat anzutrocknen, wird er auf Formen von unge-
branntem Thon, gewöhnlich in Geſtalt größerer oder kleinerer, rund-
licher und kurzhalſiger Flaſchen geſtrichen und dann über Rauchfeuer
getrocknet. Man wiederholt dieſen Anſtrich ſo oft, bis der Ueberzug
die gehörige Dicke erlangt hat. Durch dieſe Operation, bei welcher
die fremdartigen Theile des Saftes nicht abgeſchieden und noch durch
den Rauch mehr verunreinigt werden, erhält das Kaoutſchouck die
braune oder ſchwarze Farbe, während das reine Kaoutſchouck weiß
oder hellgelblich und halb durchſichtig iſt.

Spätere genauere Kenntniß des Baumes und ſeiner Verbreitung
verdanken wir 1751 Fresneau, insbeſondere aber dem unermüdlich
für Naturwiſſenſchaft thätigen Aublet du Petit-Thouars.

Noch eine große Zahl anderer Pflanzen dieſer Gruppe enthält
Kaoutſchouck. Aus keiner iſt es ſo leicht in größerer Menge zu ge-
winnen. Iſt nun der Saft der Siphonia mindeſtens unſchädlich, wird
der Saft der Tabayba dolce (Euphorbia balsamifera Ait.) ſogar
einer ſüßen Milch ähnlich und von den Bewohnern der Canariſchen
Inſeln, wie Leop. v. Buch in ſeiner intereſſanten Beſchreibung der
Canariſchen Inſeln erzählt, zu Gelée eingedickt, als Delicateſſe ge-
noſſen, ſo ſind doch die meiſten Pflanzen dieſer Gruppe eben ihres
Milchſaftes wegen verdächtig, oder geradezu den heftigſten Pflanzen-
giften beizuzählen. Und ſeltſamer Weiſe liefern ſie dennoch zum Theil
die geſündeſte Nahrung, der wir kaum Aehnliches an die Seite zu
ſetzen haben. Im ganzen heißeren Amerika macht der Anbau der
Manjocwurzel (Jatropha Manihot) einen der wichtigſten Cultur-

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[177/0193] Staaten wird eine unglaubliche Menge des Federharzes nach Europa verſchifft, welches hauptſächlich von einem großen Baum jener Gegen- den, der Siphonia elastica, gewonnen wird. Im J. 1736 machte der berühmte franzöſiſche Gelehrte la Condamine zuerſt auf das Kaout- ſchouck aufmerkſam und beſchrieb die Gewinnung deſſelben genauer. Jener bis 60 F. hohe, ſchöne Baum hat eine glatte, bräunlich graue Rinde, in welche die Indianer lange und tiefe Einſchnitte bis aufs Holz machen, aus denen dann reichlich der weiße Saft hervorquillt. Noch ehe er Zeit hat anzutrocknen, wird er auf Formen von unge- branntem Thon, gewöhnlich in Geſtalt größerer oder kleinerer, rund- licher und kurzhalſiger Flaſchen geſtrichen und dann über Rauchfeuer getrocknet. Man wiederholt dieſen Anſtrich ſo oft, bis der Ueberzug die gehörige Dicke erlangt hat. Durch dieſe Operation, bei welcher die fremdartigen Theile des Saftes nicht abgeſchieden und noch durch den Rauch mehr verunreinigt werden, erhält das Kaoutſchouck die braune oder ſchwarze Farbe, während das reine Kaoutſchouck weiß oder hellgelblich und halb durchſichtig iſt. Spätere genauere Kenntniß des Baumes und ſeiner Verbreitung verdanken wir 1751 Fresneau, insbeſondere aber dem unermüdlich für Naturwiſſenſchaft thätigen Aublet du Petit-Thouars. Noch eine große Zahl anderer Pflanzen dieſer Gruppe enthält Kaoutſchouck. Aus keiner iſt es ſo leicht in größerer Menge zu ge- winnen. Iſt nun der Saft der Siphonia mindeſtens unſchädlich, wird der Saft der Tabayba dolce (Euphorbia balsamifera Ait.) ſogar einer ſüßen Milch ähnlich und von den Bewohnern der Canariſchen Inſeln, wie Leop. v. Buch in ſeiner intereſſanten Beſchreibung der Canariſchen Inſeln erzählt, zu Gelée eingedickt, als Delicateſſe ge- noſſen, ſo ſind doch die meiſten Pflanzen dieſer Gruppe eben ihres Milchſaftes wegen verdächtig, oder geradezu den heftigſten Pflanzen- giften beizuzählen. Und ſeltſamer Weiſe liefern ſie dennoch zum Theil die geſündeſte Nahrung, der wir kaum Aehnliches an die Seite zu ſetzen haben. Im ganzen heißeren Amerika macht der Anbau der Manjocwurzel (Jatropha Manihot) einen der wichtigſten Cultur- Schleiden, Pflanze. 12

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/193>, abgerufen am 21.11.2024.