kräftige Vegetation ein unerläßlicher Bestandtheil auf allen Boden- arten bleibt, die nicht, was selten der Fall ist, auf eine äußerst glückliche Weise mit Thon, der einigermaßen den Humus ersetzen kann, gemischt sind. Liebigs chemische Einseitigkeit in dieser Be- ziehung wird den Landwirthen, die nicht durch eigne gründliche na- turwissenschaftliche Kenntniß diesem Mangel entgegenwirken können, wahrscheinlich ebenso verderblich werden, als auf der andern Seite der Mangel an gründlichen naturwissenschaftlichen Studien und die rohe empirische Einseitigkeit in neuester Zeit so viele, besonders deutsche Landwirthe verhindert, an den großen, durch das Fort- schreiten der Wissenschaften hervorgerufenen Verbesserungen Theil zu nehmen. Vielleicht aber giebt ein Ereigniß, welches an sich trau- rig genug ist, hier die Veranlassung zu einer ernsten Aufmerksamkeit auf die Resultate der Wissenschaft und wird so, indem es wesent- liche Umgestaltungen in unserem landwirthschaftlichen Betriebe her- vorruft, zu einem segensvollen Momente in unserer Culturgeschichte. Ich meine die Kartoffelkrankheit, welche in dem letzten Jahre in einer so drohenden Gestalt aufgetreten ist, daß sie wohl geeignet ist, auch den Indolentesten aus dem Schlummer aufzuwecken, und an der wir ei- nen der schönsten Belege für die Richtigkeit der Liebigschen Theo- rieen haben.
Die vorjährige Erscheinung steht keineswegs isolirt da, schon seit mehr als 100 Jahren haben sich Krankheiten unter den Kartoffeln gezeigt und sind jedesmal bei ihrem Wiedererscheinen in größerer Ausdehnung und Heftigkeit aufgetreten. Daß sie nicht allein oder auch nur wesentlich von Witterungseinflüssen abhängig sind, zeigten schon ihre immer schlimmer werdenden Formen, insbesondere aber ihre Verbreitung im Jahre 1845, indem sie mit gleicher Furcht- barkeit im südlichen Schweden und in Südamerika erschien, welche beide Länder im Gegensatz zum mittlern Europa einer ausgezeichnet schönen Witterung sich zu erfreuen hatten. Uebrigens ist die Kartof- fel in keiner Lage, bei keiner Culturmethode, bei keiner Spielart ganz verschont geblieben, und schon das weist uns darauf hin, daß
kräftige Vegetation ein unerläßlicher Beſtandtheil auf allen Boden- arten bleibt, die nicht, was ſelten der Fall iſt, auf eine äußerſt glückliche Weiſe mit Thon, der einigermaßen den Humus erſetzen kann, gemiſcht ſind. Liebigs chemiſche Einſeitigkeit in dieſer Be- ziehung wird den Landwirthen, die nicht durch eigne gründliche na- turwiſſenſchaftliche Kenntniß dieſem Mangel entgegenwirken können, wahrſcheinlich ebenſo verderblich werden, als auf der andern Seite der Mangel an gründlichen naturwiſſenſchaftlichen Studien und die rohe empiriſche Einſeitigkeit in neueſter Zeit ſo viele, beſonders deutſche Landwirthe verhindert, an den großen, durch das Fort- ſchreiten der Wiſſenſchaften hervorgerufenen Verbeſſerungen Theil zu nehmen. Vielleicht aber giebt ein Ereigniß, welches an ſich trau- rig genug iſt, hier die Veranlaſſung zu einer ernſten Aufmerkſamkeit auf die Reſultate der Wiſſenſchaft und wird ſo, indem es weſent- liche Umgeſtaltungen in unſerem landwirthſchaftlichen Betriebe her- vorruft, zu einem ſegensvollen Momente in unſerer Culturgeſchichte. Ich meine die Kartoffelkrankheit, welche in dem letzten Jahre in einer ſo drohenden Geſtalt aufgetreten iſt, daß ſie wohl geeignet iſt, auch den Indolenteſten aus dem Schlummer aufzuwecken, und an der wir ei- nen der ſchönſten Belege für die Richtigkeit der Liebigſchen Theo- rieen haben.
Die vorjährige Erſcheinung ſteht keineswegs iſolirt da, ſchon ſeit mehr als 100 Jahren haben ſich Krankheiten unter den Kartoffeln gezeigt und ſind jedesmal bei ihrem Wiedererſcheinen in größerer Ausdehnung und Heftigkeit aufgetreten. Daß ſie nicht allein oder auch nur weſentlich von Witterungseinflüſſen abhängig ſind, zeigten ſchon ihre immer ſchlimmer werdenden Formen, insbeſondere aber ihre Verbreitung im Jahre 1845, indem ſie mit gleicher Furcht- barkeit im ſüdlichen Schweden und in Südamerika erſchien, welche beide Länder im Gegenſatz zum mittlern Europa einer ausgezeichnet ſchönen Witterung ſich zu erfreuen hatten. Uebrigens iſt die Kartof- fel in keiner Lage, bei keiner Culturmethode, bei keiner Spielart ganz verſchont geblieben, und ſchon das weiſt uns darauf hin, daß
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kräftige Vegetation ein unerläßlicher Beſtandtheil auf allen Boden-
arten bleibt, die nicht, was ſelten der Fall iſt, auf eine äußerſt
glückliche Weiſe mit Thon, der einigermaßen den Humus erſetzen
kann, gemiſcht ſind. Liebigs chemiſche Einſeitigkeit in dieſer Be-
ziehung wird den Landwirthen, die nicht durch eigne gründliche na-
turwiſſenſchaftliche Kenntniß dieſem Mangel entgegenwirken können,
wahrſcheinlich ebenſo verderblich werden, als auf der andern Seite
der Mangel an gründlichen naturwiſſenſchaftlichen Studien und die
rohe empiriſche Einſeitigkeit in neueſter Zeit ſo viele, beſonders
deutſche Landwirthe verhindert, an den großen, durch das Fort-
ſchreiten der Wiſſenſchaften hervorgerufenen Verbeſſerungen Theil
zu nehmen. Vielleicht aber giebt ein Ereigniß, welches an ſich trau-
rig genug iſt, hier die Veranlaſſung zu einer ernſten Aufmerkſamkeit
auf die Reſultate der Wiſſenſchaft und wird ſo, indem es weſent-
liche Umgeſtaltungen in unſerem landwirthſchaftlichen Betriebe her-
vorruft, zu einem ſegensvollen Momente in unſerer Culturgeſchichte.
Ich meine die Kartoffelkrankheit, welche in dem letzten Jahre in einer
ſo drohenden Geſtalt aufgetreten iſt, daß ſie wohl geeignet iſt, auch den
Indolenteſten aus dem Schlummer aufzuwecken, und an der wir ei-
nen der ſchönſten Belege für die Richtigkeit der Liebigſchen Theo-
rieen haben.
Die vorjährige Erſcheinung ſteht keineswegs iſolirt da, ſchon
ſeit mehr als 100 Jahren haben ſich Krankheiten unter den Kartoffeln
gezeigt und ſind jedesmal bei ihrem Wiedererſcheinen in größerer
Ausdehnung und Heftigkeit aufgetreten. Daß ſie nicht allein oder
auch nur weſentlich von Witterungseinflüſſen abhängig ſind, zeigten
ſchon ihre immer ſchlimmer werdenden Formen, insbeſondere aber
ihre Verbreitung im Jahre 1845, indem ſie mit gleicher Furcht-
barkeit im ſüdlichen Schweden und in Südamerika erſchien, welche
beide Länder im Gegenſatz zum mittlern Europa einer ausgezeichnet
ſchönen Witterung ſich zu erfreuen hatten. Uebrigens iſt die Kartof-
fel in keiner Lage, bei keiner Culturmethode, bei keiner Spielart
ganz verſchont geblieben, und ſchon das weiſt uns darauf hin, daß
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/182>, abgerufen am 27.11.2024.
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