Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.Nicht nur in den mächtigen Bewegungen des Staatslebens, son¬ "Großen Geschicken gehen ihre Geister schon vorauf Und in dem Heute wandelt auch das Morgen." -- Streng genommen versteht sich ja dieser Ausspruch ganz von selbst Nicht nur in den mächtigen Bewegungen des Staatslebens, ſon¬ „Großen Geſchicken gehen ihre Geiſter ſchon vorauf Und in dem Heute wandelt auch das Morgen.“ — Streng genommen verſteht ſich ja dieſer Ausſpruch ganz von ſelbſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0035" n="[25]"/> <p><hi rendition="#in">N</hi>icht nur in den mächtigen Bewegungen des Staatslebens, ſon¬<lb/> dern auch in der Geſchichte der Wiſſenſchaft kann man das Wort aus<lb/> Schillers Wallenſtein anwenden:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Großen Geſchicken gehen ihre Geiſter ſchon vorauf</l><lb/> <l>Und in dem Heute wandelt auch das Morgen.“ —</l><lb/> </lg> <p>Streng genommen verſteht ſich ja dieſer Ausſpruch ganz von ſelbſt<lb/> und beſagt nichts anderes, als daß kein Wunder geſchieht, daß Alles<lb/> ſich naturgeſetzlich nach Urſache und Folge entwickelt und jedes gegebene<lb/> Verhältniß ſchon die Grundlagen für ſeine ſpätere Geſtaltung in ſich<lb/> bergen muß. Es kommt nur darauf an, dieſe Grundlagen in jedem ein¬<lb/> zelnen Falle richtig aufzufaſſen und das Geſetz der Entwicklung zu ken¬<lb/> nen, um ein guter Prophet zu werden. — Die Geſchichte faſt aller bedeu¬<lb/> tenden Entdeckungen und Erfindungen zeigt uns, daß ſie zuerſt in dieſem<lb/> oder jenem Menſchengeiſte auftauchen, von einer der Prophetengabe<lb/> nicht mächtigen Mitwelt ignorirt oder verlacht werden und daß die<lb/> Menſchen Zeit, oft Jahrhunderte und Jahrtauſende, gebrauchten, um<lb/> ſich an einen ihnen neuen Gedanken zu gewöhnen, der ihnen dann in<lb/> der Regel erſt durch eine Perſönlichkeit, die eigentlich nichts Neues mehr<lb/> bringt, ſo vorgetragen wird, daß es von Allen oder doch den Meiſten<lb/> verſtanden, nicht mehr verworfen, ſondern als neue Entdeckung oder<lb/> Erfindung gerade dieſer Menſchen anerkannt und nach ihnen benannt<lb/> wird. Hinterher ſammelt dann die Wiſſenſchaft die früheren Spuren<lb/> und Keime dieſes angeblich Neuen und man wundert ſich wohl gar noch,<lb/> wie es je habe verkannt werden können. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [[25]/0035]
Nicht nur in den mächtigen Bewegungen des Staatslebens, ſon¬
dern auch in der Geſchichte der Wiſſenſchaft kann man das Wort aus
Schillers Wallenſtein anwenden:
„Großen Geſchicken gehen ihre Geiſter ſchon vorauf
Und in dem Heute wandelt auch das Morgen.“ —
Streng genommen verſteht ſich ja dieſer Ausſpruch ganz von ſelbſt
und beſagt nichts anderes, als daß kein Wunder geſchieht, daß Alles
ſich naturgeſetzlich nach Urſache und Folge entwickelt und jedes gegebene
Verhältniß ſchon die Grundlagen für ſeine ſpätere Geſtaltung in ſich
bergen muß. Es kommt nur darauf an, dieſe Grundlagen in jedem ein¬
zelnen Falle richtig aufzufaſſen und das Geſetz der Entwicklung zu ken¬
nen, um ein guter Prophet zu werden. — Die Geſchichte faſt aller bedeu¬
tenden Entdeckungen und Erfindungen zeigt uns, daß ſie zuerſt in dieſem
oder jenem Menſchengeiſte auftauchen, von einer der Prophetengabe
nicht mächtigen Mitwelt ignorirt oder verlacht werden und daß die
Menſchen Zeit, oft Jahrhunderte und Jahrtauſende, gebrauchten, um
ſich an einen ihnen neuen Gedanken zu gewöhnen, der ihnen dann in
der Regel erſt durch eine Perſönlichkeit, die eigentlich nichts Neues mehr
bringt, ſo vorgetragen wird, daß es von Allen oder doch den Meiſten
verſtanden, nicht mehr verworfen, ſondern als neue Entdeckung oder
Erfindung gerade dieſer Menſchen anerkannt und nach ihnen benannt
wird. Hinterher ſammelt dann die Wiſſenſchaft die früheren Spuren
und Keime dieſes angeblich Neuen und man wundert ſich wohl gar noch,
wie es je habe verkannt werden können. —
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