Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.Das Alter des Menschengeschlechts. auf welche Weise der Geognost zur Bestimmung der Zeiten, in denenein Ereigniß stattfand, gelangt. Natürlich ist die Berechnung für jede einzelne Oertlichkeit, für jede einzelne Erscheinung immer nach den be¬ sonderen Umständen und Erwägungen eine sehr verschiedene, beruht aber immer auf ebenso sicheren, ja meistentheils noch sicherern Grund¬ lagen als die Angaben der Historiker für Ereignisse, die auch nur eini¬ germaßen weit in der Geschichte zurückliegen. -- Auf diese Weise kön¬ nen wir nun feststellen, daß die Formation der Neuzeit zum allerwenig¬ sten einen Zeitraum von 100,000 Jahren und die postpliocäne Forma¬ tion jedenfalls einen ebenso langen oder noch längeren umfaßt, daß wir daher schon mit den letzten Formationen der tertiären Epoche in Zei¬ ten die mehr als 300,000 Jahre hinter der Gegenwart zurückliegen, eingeführt werden. Ich gehe nun zu einer etwas genaueren Darstellung der wichtig¬ Die ersten interessanten Thatsachen bieten uns die Torfmoore der Das Alter des Menſchengeſchlechts. auf welche Weiſe der Geognoſt zur Beſtimmung der Zeiten, in denenein Ereigniß ſtattfand, gelangt. Natürlich iſt die Berechnung für jede einzelne Oertlichkeit, für jede einzelne Erſcheinung immer nach den be¬ ſonderen Umſtänden und Erwägungen eine ſehr verſchiedene, beruht aber immer auf ebenſo ſicheren, ja meiſtentheils noch ſicherern Grund¬ lagen als die Angaben der Hiſtoriker für Ereigniſſe, die auch nur eini¬ germaßen weit in der Geſchichte zurückliegen. — Auf dieſe Weiſe kön¬ nen wir nun feſtſtellen, daß die Formation der Neuzeit zum allerwenig¬ ſten einen Zeitraum von 100,000 Jahren und die poſtpliocäne Forma¬ tion jedenfalls einen ebenſo langen oder noch längeren umfaßt, daß wir daher ſchon mit den letzten Formationen der tertiären Epoche in Zei¬ ten die mehr als 300,000 Jahre hinter der Gegenwart zurückliegen, eingeführt werden. Ich gehe nun zu einer etwas genaueren Darſtellung der wichtig¬ Die erſten intereſſanten Thatſachen bieten uns die Torfmoore der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0023" n="13"/><fw place="top" type="header">Das Alter des Menſchengeſchlechts.<lb/></fw> auf welche Weiſe der Geognoſt zur Beſtimmung der Zeiten, in denen<lb/> ein Ereigniß ſtattfand, gelangt. Natürlich iſt die Berechnung für jede<lb/> einzelne Oertlichkeit, für jede einzelne Erſcheinung immer nach den be¬<lb/> ſonderen Umſtänden und Erwägungen eine ſehr verſchiedene, beruht<lb/> aber immer auf ebenſo ſicheren, ja meiſtentheils noch ſicherern Grund¬<lb/> lagen als die Angaben der Hiſtoriker für Ereigniſſe, die auch nur eini¬<lb/> germaßen weit in der Geſchichte zurückliegen. — Auf dieſe Weiſe kön¬<lb/> nen wir nun feſtſtellen, daß die Formation der Neuzeit zum allerwenig¬<lb/> ſten einen Zeitraum von 100,000 Jahren und die poſtpliocäne Forma¬<lb/> tion jedenfalls einen ebenſo langen oder noch längeren umfaßt, daß wir<lb/> daher ſchon mit den letzten Formationen der tertiären Epoche in Zei¬<lb/> ten die mehr als 300,000 Jahre hinter der Gegenwart zurückliegen,<lb/> eingeführt werden.</p><lb/> <p>Ich gehe nun zu einer etwas genaueren Darſtellung der wichtig¬<lb/> ſten der oben erwähnten Entdeckungen über und zwar will ich dieſelben<lb/> nach ihrem Alter in drei Gruppen ordnen, die erſten, welche noch den<lb/> Menſchen in der Neuzeit, in den uns vertrauten Umgebungen betrach¬<lb/> ten, die zweiten, welche das Vorhandenſein des Menſchen in der zwei¬<lb/> ten Hälfte der Poſtpliocänformation als Zeitgenoſſen des Mammuth<lb/> und Rhinoceros darthun und endlich die dritten, die ihn als gleichzei¬<lb/> tig mit den mächtigen Gletſcherentwickelungen der älteren poſtpliocänen<lb/> Formation, der ſogenannten Eiszeit erſcheinen laſſen.</p><lb/> <p>Die erſten intereſſanten Thatſachen bieten uns die Torfmoore der<lb/> Däniſchen Inſeln und die an ihren Oſtküſten ſich findenden oft 2 Mil¬<lb/> lionen Cubikfuß umfaſſenden Bänke von Auſtern- und anderen Mu¬<lb/> ſchelſchalen, Knochenreſten, Steinwaffen und dergleichen, welche die<lb/> Dänen <hi rendition="#g">Kjökken-möddings</hi> („Küchenkehricht“) nennen. Die Unter¬<lb/> ſuchungen dieſer Acten der Vergangenheit erzählen uns die Geſchichte<lb/> einer Bevölkerung, welche vor wenigſtens 10,000 Jahren in dieſen<lb/> Gegenden unter mächtigen Kiefernwäldern, eine Baumart, die jetzt<lb/> ganz aus <hi rendition="#g">Skandinavien</hi> verſchwunden iſt, von Jagd und Fiſch¬<lb/> fang lebte. Die Bearbeitung dieſer Entdeckungen verdanken wir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0023]
Das Alter des Menſchengeſchlechts.
auf welche Weiſe der Geognoſt zur Beſtimmung der Zeiten, in denen
ein Ereigniß ſtattfand, gelangt. Natürlich iſt die Berechnung für jede
einzelne Oertlichkeit, für jede einzelne Erſcheinung immer nach den be¬
ſonderen Umſtänden und Erwägungen eine ſehr verſchiedene, beruht
aber immer auf ebenſo ſicheren, ja meiſtentheils noch ſicherern Grund¬
lagen als die Angaben der Hiſtoriker für Ereigniſſe, die auch nur eini¬
germaßen weit in der Geſchichte zurückliegen. — Auf dieſe Weiſe kön¬
nen wir nun feſtſtellen, daß die Formation der Neuzeit zum allerwenig¬
ſten einen Zeitraum von 100,000 Jahren und die poſtpliocäne Forma¬
tion jedenfalls einen ebenſo langen oder noch längeren umfaßt, daß wir
daher ſchon mit den letzten Formationen der tertiären Epoche in Zei¬
ten die mehr als 300,000 Jahre hinter der Gegenwart zurückliegen,
eingeführt werden.
Ich gehe nun zu einer etwas genaueren Darſtellung der wichtig¬
ſten der oben erwähnten Entdeckungen über und zwar will ich dieſelben
nach ihrem Alter in drei Gruppen ordnen, die erſten, welche noch den
Menſchen in der Neuzeit, in den uns vertrauten Umgebungen betrach¬
ten, die zweiten, welche das Vorhandenſein des Menſchen in der zwei¬
ten Hälfte der Poſtpliocänformation als Zeitgenoſſen des Mammuth
und Rhinoceros darthun und endlich die dritten, die ihn als gleichzei¬
tig mit den mächtigen Gletſcherentwickelungen der älteren poſtpliocänen
Formation, der ſogenannten Eiszeit erſcheinen laſſen.
Die erſten intereſſanten Thatſachen bieten uns die Torfmoore der
Däniſchen Inſeln und die an ihren Oſtküſten ſich findenden oft 2 Mil¬
lionen Cubikfuß umfaſſenden Bänke von Auſtern- und anderen Mu¬
ſchelſchalen, Knochenreſten, Steinwaffen und dergleichen, welche die
Dänen Kjökken-möddings („Küchenkehricht“) nennen. Die Unter¬
ſuchungen dieſer Acten der Vergangenheit erzählen uns die Geſchichte
einer Bevölkerung, welche vor wenigſtens 10,000 Jahren in dieſen
Gegenden unter mächtigen Kiefernwäldern, eine Baumart, die jetzt
ganz aus Skandinavien verſchwunden iſt, von Jagd und Fiſch¬
fang lebte. Die Bearbeitung dieſer Entdeckungen verdanken wir
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