Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

Praesensstamm; Got.
praes. 1. sing. greipa, 2. greipi-s u. s. f. (part. praet. pass.§. 293.
grip-ans).

III. felt. Reste sind 1. im althochdeutschen die praesen-
tia sing. 1. ga-m, 2. ga-s, 3. ga-t, plur. 1. ga-mes u. s. f. zu
wurzel ga (ire); 1. sta-m, 2. sta-s u. s. f., wurz. sta; 1. tuo-m
u. s. f., wurz. ta (facere), sämtlich mit verlorener reduplica-
tion und fest gewordener steigerung auß den grundformen
1. sing. ga-ga-mi, sta-sta-mi, dha-dha-mi; 2. mit dem praesens-
stammaußlaute a und nasalierung der reduplicationssilbe ist
der gotische praesensstamm 1. sing. gagga, 3. sing. gaggi-th,
grundf. 1. ga-n-ga-mi, 3. ga-n-ga-ti u. s. f. auß wurz. ga (ire)
geworden.

IV. a, felt.

IV. b, findet sich nur in der abart, daß a von na als ge-
wönlicher praesensstammaußlaut behandelt wird; als außschließ-
lich dem praesens eigen erscheint diß na nur in stamm frihna
(mit schwächung des wurzelvocals a zu i), wurzel frah (inter-
rogare), 1. sing. fraih-na, 2. fraih-ni-s, 1. plur. fraih-na-m
u. s. f. (perf. frah, plur. frehum).

Anm. Auß disen praesensstämmen hat sich eine classe ab gelei-
teter verbalstämme im gotischen entwickelt (mit passiver function),
die dises na in den nichtpraesensformen zu no steigern, z. b.
stamm veihna (sanctum fieri, von veih(a)-s sanctus), praesens
sing. 1. veih-na, 2. veih-ni-s, 3. veih-ni-th, 1. plur. veih-na-m
u. s. f.; der zweite stamm lautet nun veihno (perf. veihno-da).

IV. c, in resten; stamm sta-n-da zu wurzel stad (stare,
auß sta weiter gebildet; perf. stoth); auch gagga, das wir bei
III. besprachen, könte hierher gezogen werden, wenn man eine
secundäre wurzel gag, durch reduplication entstanden, an nimt.
Indes ist die oben gegebene erklärung vor zu ziehen, da na-
salierte reduplication sich hier und da findet (vgl. d. altindische
und griechische). Obgleich sie das praeteritum nach art der
ab geleiteten verba mittels zusammensetzung bilden, so ge-
hören doch gerade des nasals im praesensstamme wegen hier-
her praes. brigga (affero), perf. brah-ta, wurz. brag mit schwä-
chung des wurzelvocales im praesens; thagkja und das im völlig

39*

Praesensstamm; Got.
praes. 1. sing. greipa, 2. greipi-s u. s. f. (part. praet. pass.§. 293.
grip-ans).

III. felt. Reste sind 1. im althochdeutschen die praesen-
tia sing. 1. gâ-m, 2. gâ-s, 3. gâ-t, plur. 1. gâ-mês u. s. f. zu
wurzel ga (ire); 1. stâ-m, 2. stâ-s u. s. f., wurz. sta; 1. tuo-m
u. s. f., wurz. ta (facere), sämtlich mit verlorener reduplica-
tion und fest gewordener steigerung auß den grundformen
1. sing. ga-gâ-mi, sta-stâ-mi, dha-dhâ-mi; 2. mit dem praesens-
stammaußlaute a und nasalierung der reduplicationssilbe ist
der gotische praesensstamm 1. sing. gagga, 3. sing. gaggi-th,
grundf. 1. ga-n-gâ-mi, 3. ga-n-ga-ti u. s. f. auß wurz. ga (ire)
geworden.

IV. a, felt.

IV. b, findet sich nur in der abart, daß a von na als ge-
wönlicher praesensstammaußlaut behandelt wird; als außschließ-
lich dem praesens eigen erscheint diß na nur in stamm frihna
(mit schwächung des wurzelvocals a zu i), wurzel frah (inter-
rogare), 1. sing. fraíh-na, 2. fraíh-ni-s, 1. plur. fraíh-na-m
u. s. f. (perf. frah, plur. frêhum).

Anm. Auß disen praesensstämmen hat sich eine classe ab gelei-
teter verbalstämme im gotischen entwickelt (mit passiver function),
die dises na in den nichtpraesensformen zu steigern, z. b.
stamm veihna (sanctum fieri, von veih(a)-s sanctus), praesens
sing. 1. veih-na, 2. veih-ni-s, 3. veih-ni-th, 1. plur. veih-na-m
u. s. f.; der zweite stamm lautet nun veihnô (perf. veihnô-da).

IV. c, in resten; stamm sta-n-da zu wurzel stad (stare,
auß sta weiter gebildet; perf. stôth); auch gagga, das wir bei
III. besprachen, könte hierher gezogen werden, wenn man eine
secundäre wurzel gag, durch reduplication entstanden, an nimt.
Indes ist die oben gegebene erklärung vor zu ziehen, da na-
salierte reduplication sich hier und da findet (vgl. d. altindische
und griechische). Obgleich sie das praeteritum nach art der
ab geleiteten verba mittels zusammensetzung bilden, so ge-
hören doch gerade des nasals im praesensstamme wegen hier-
her praes. brigga (affero), perf. brah-ta, wurz. brag mit schwä-
chung des wurzelvocales im praesens; thagkja und das im völlig

39*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0333" n="607"/><fw place="top" type="header">Praesensstamm; Got.</fw><lb/>
praes. 1. sing. <hi rendition="#i">greipa,</hi> 2. <hi rendition="#i">greipi-s</hi> u. s. f. (part. praet. pass.<note place="right">§. 293.</note><lb/><hi rendition="#i">grip-ans)</hi>.</p><lb/>
                <p>III. felt. Reste sind 1. im althochdeutschen die praesen-<lb/>
tia sing. 1. <hi rendition="#i">gâ-m,</hi> 2. <hi rendition="#i">gâ-s,</hi> 3. <hi rendition="#i">gâ-t,</hi> plur. 1. <hi rendition="#i">gâ-mês</hi> u. s. f. zu<lb/>
wurzel <hi rendition="#i">ga</hi> (ire); 1. <hi rendition="#i">stâ-m,</hi> 2. <hi rendition="#i">stâ-s</hi> u. s. f., wurz. <hi rendition="#i">sta;</hi> 1. <hi rendition="#i">tuo-m</hi><lb/>
u. s. f., wurz. <hi rendition="#i">ta</hi> (facere), sämtlich mit verlorener reduplica-<lb/>
tion und fest gewordener steigerung auß den grundformen<lb/>
1. sing. <hi rendition="#i">ga-gâ-mi, sta-stâ-mi, dha-dhâ-mi;</hi> 2. mit dem praesens-<lb/>
stammaußlaute <hi rendition="#i">a</hi> und nasalierung der reduplicationssilbe ist<lb/>
der gotische praesensstamm 1. sing. <hi rendition="#i">gagga,</hi> 3. sing. <hi rendition="#i">gaggi-th,</hi><lb/>
grundf. 1. <hi rendition="#i">ga-n-gâ-mi,</hi> 3. <hi rendition="#i">ga-n-ga-ti</hi> u. s. f. auß wurz. <hi rendition="#i">ga</hi> (ire)<lb/>
geworden.</p><lb/>
                <p>IV. a, felt.</p><lb/>
                <p>IV. b, findet sich nur in der abart, daß <hi rendition="#i">a</hi> von <hi rendition="#i">na</hi> als ge-<lb/>
wönlicher praesensstammaußlaut behandelt wird; als außschließ-<lb/>
lich dem praesens eigen erscheint diß <hi rendition="#i">na</hi> nur in stamm <hi rendition="#i">frihna</hi><lb/>
(mit schwächung des wurzelvocals <hi rendition="#i">a</hi> zu <hi rendition="#i">i),</hi> wurzel <hi rendition="#i">frah</hi> (inter-<lb/>
rogare), 1. sing. <hi rendition="#i">fraíh-na,</hi> 2. <hi rendition="#i">fraíh-ni-s,</hi> 1. plur. <hi rendition="#i">fraíh-na-m</hi><lb/>
u. s. f. (perf. <hi rendition="#i">frah,</hi> plur. <hi rendition="#i">frêhum)</hi>.</p><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#g">Anm</hi>. Auß disen praesensstämmen hat sich eine classe ab gelei-<lb/>
teter verbalstämme im gotischen entwickelt (mit passiver function),<lb/>
die dises <hi rendition="#i">na</hi> in den nichtpraesensformen zu <hi rendition="#i"></hi> steigern, z. b.<lb/>
stamm <hi rendition="#i">veihna</hi> (sanctum fieri, von <hi rendition="#i">veih(a)-s</hi> sanctus), praesens<lb/>
sing. 1. <hi rendition="#i">veih-na,</hi> 2. <hi rendition="#i">veih-ni-s,</hi> 3. <hi rendition="#i">veih-ni-th,</hi> 1. plur. <hi rendition="#i">veih-na-m</hi><lb/>
u. s. f.; der zweite stamm lautet nun <hi rendition="#i">veihnô</hi> (perf. <hi rendition="#i">veihnô-da)</hi>.</item>
                </list><lb/>
                <p>IV. c, in resten; stamm <hi rendition="#i">sta-n-da</hi> zu wurzel <hi rendition="#i">stad</hi> (stare,<lb/>
auß <hi rendition="#i">sta</hi> weiter gebildet; perf. <hi rendition="#i">stôth);</hi> auch <hi rendition="#i">gagga,</hi> das wir bei<lb/>
III. besprachen, könte hierher gezogen werden, wenn man eine<lb/>
secundäre wurzel <hi rendition="#i">gag,</hi> durch reduplication entstanden, an nimt.<lb/>
Indes ist die oben gegebene erklärung vor zu ziehen, da na-<lb/>
salierte reduplication sich hier und da findet (vgl. d. altindische<lb/>
und griechische). Obgleich sie das praeteritum nach art der<lb/>
ab geleiteten verba mittels zusammensetzung bilden, so ge-<lb/>
hören doch gerade des nasals im praesensstamme wegen hier-<lb/>
her praes. <hi rendition="#i">brigga</hi> (affero), perf. <hi rendition="#i">brah-ta,</hi> wurz. <hi rendition="#i">brag</hi> mit schwä-<lb/>
chung des wurzelvocales im praesens; <hi rendition="#i">thagkja</hi> und das im völlig<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">39*</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[607/0333] Praesensstamm; Got. praes. 1. sing. greipa, 2. greipi-s u. s. f. (part. praet. pass. grip-ans). §. 293. III. felt. Reste sind 1. im althochdeutschen die praesen- tia sing. 1. gâ-m, 2. gâ-s, 3. gâ-t, plur. 1. gâ-mês u. s. f. zu wurzel ga (ire); 1. stâ-m, 2. stâ-s u. s. f., wurz. sta; 1. tuo-m u. s. f., wurz. ta (facere), sämtlich mit verlorener reduplica- tion und fest gewordener steigerung auß den grundformen 1. sing. ga-gâ-mi, sta-stâ-mi, dha-dhâ-mi; 2. mit dem praesens- stammaußlaute a und nasalierung der reduplicationssilbe ist der gotische praesensstamm 1. sing. gagga, 3. sing. gaggi-th, grundf. 1. ga-n-gâ-mi, 3. ga-n-ga-ti u. s. f. auß wurz. ga (ire) geworden. IV. a, felt. IV. b, findet sich nur in der abart, daß a von na als ge- wönlicher praesensstammaußlaut behandelt wird; als außschließ- lich dem praesens eigen erscheint diß na nur in stamm frihna (mit schwächung des wurzelvocals a zu i), wurzel frah (inter- rogare), 1. sing. fraíh-na, 2. fraíh-ni-s, 1. plur. fraíh-na-m u. s. f. (perf. frah, plur. frêhum). Anm. Auß disen praesensstämmen hat sich eine classe ab gelei- teter verbalstämme im gotischen entwickelt (mit passiver function), die dises na in den nichtpraesensformen zu nô steigern, z. b. stamm veihna (sanctum fieri, von veih(a)-s sanctus), praesens sing. 1. veih-na, 2. veih-ni-s, 3. veih-ni-th, 1. plur. veih-na-m u. s. f.; der zweite stamm lautet nun veihnô (perf. veihnô-da). IV. c, in resten; stamm sta-n-da zu wurzel stad (stare, auß sta weiter gebildet; perf. stôth); auch gagga, das wir bei III. besprachen, könte hierher gezogen werden, wenn man eine secundäre wurzel gag, durch reduplication entstanden, an nimt. Indes ist die oben gegebene erklärung vor zu ziehen, da na- salierte reduplication sich hier und da findet (vgl. d. altindische und griechische). Obgleich sie das praeteritum nach art der ab geleiteten verba mittels zusammensetzung bilden, so ge- hören doch gerade des nasals im praesensstamme wegen hier- her praes. brigga (affero), perf. brah-ta, wurz. brag mit schwä- chung des wurzelvocales im praesens; thagkja und das im völlig 39*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/333
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/333>, abgerufen am 25.11.2024.