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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Perfectstamm. Latein.
§. 291.latein. perfects glauben wir also in folgender weise zusammen
stellen zu können:

sing. 1. fefic-is-m(i)
2. fefic-is-ti
3. fefic-is-t
plur. 1. fefic-is-mus
2. fefic-is-tis
3. fefic-is-onti.

Wir halten demnach für den außgang des perfectstammes
im lateinischen überall -is; eine neubildung, wie in altindischen
aoristen, z. b. von wurzel ja (ire):

sing. 1. a-jas-is-am
plur. 1. a-jas-is-ma
2. a-jas-is-ta, vgl. latein. -is-tis
3. a-jas-is-us auß *-is-ant, vgl. lat. *-is-onti, -er-unt.

s ist wol rest der wurzel as, i hilfsvocal. Auß lautendes
a der wurzel schwindet vor diser bildung, z. b. wurz. da, per-
fectstamm de-d-is; wurzel sta, perfectstamm ste-t-is.

Diß das unursprüngliche, neue des latein. perfects. Außer-
dem hat es die steigerung verloren und vilmer häufig schwä-
chung des wurzelvocals an ire stelle treten laßen, dagegen ist
die reduplication in den vorhandenen beispilen in ser ursprüng-
licher weise erhalten; freilich ist sie meist hinweg gefallen,
oder durch außstoß des wurzelanlautes verwischt.

In folge diser secundären veränderungen des perfectstam-
mes können wir in der vor ligenden sprache drei formen des
selben unterscheiden.

1. perfectstämme mit erhaltener reduplication;
es sind deren 27 nachweisbar, teilweise nur in der archai-
schen sprache.

Das gesetz der latein. perfectreduplication ist folgendes:

a. Der an lautende consonant bleibt in der reduplications-
silbe unverändert; diß gilt selbst von st, sp, sc in den lez-
teren fällen verliert jedoch, durch dissimilation, der wurzelan-
laut das s (vgl. den völligen schwund des wurzelanlautes un-
ter 3.). Demnach wird z. b. gebildet ste-ti für *ste-sti zu

Perfectstamm. Latein.
§. 291.latein. perfects glauben wir also in folgender weise zusammen
stellen zu können:

sing. 1. fefic-is-m(i)
2. fefic-is-ti
3. fefic-is-t
plur. 1. fefic-is-mus
2. fefic-is-tis
3. fefic-is-onti.

Wir halten demnach für den außgang des perfectstammes
im lateinischen überall -is; eine neubildung, wie in altindischen
aoristen, z. b. von wurzel (ire):

sing. 1. á-jâs-iś-am
plur. 1. á-jâs-iś-ma
2. á-jâs-iś-t́a, vgl. latein. -is-tis
3. á-jâs-iś-us auß *-is-ant, vgl. lat. *-is-onti, -ĕr-unt.

s ist wol rest der wurzel as, i hilfsvocal. Auß lautendes
a der wurzel schwindet vor diser bildung, z. b. wurz. da, per-
fectstamm de-d-is; wurzel sta, perfectstamm ste-t-is.

Diß das unursprüngliche, neue des latein. perfects. Außer-
dem hat es die steigerung verloren und vilmer häufig schwä-
chung des wurzelvocals an ire stelle treten laßen, dagegen ist
die reduplication in den vorhandenen beispilen in ser ursprüng-
licher weise erhalten; freilich ist sie meist hinweg gefallen,
oder durch außstoß des wurzelanlautes verwischt.

In folge diser secundären veränderungen des perfectstam-
mes können wir in der vor ligenden sprache drei formen des
selben unterscheiden.

1. perfectstämme mit erhaltener reduplication;
es sind deren 27 nachweisbar, teilweise nur in der archai-
schen sprache.

Das gesetz der latein. perfectreduplication ist folgendes:

a. Der an lautende consonant bleibt in der reduplications-
silbe unverändert; diß gilt selbst von st, sp, sc in den lez-
teren fällen verliert jedoch, durch dissimilation, der wurzelan-
laut das s (vgl. den völligen schwund des wurzelanlautes un-
ter 3.). Demnach wird z. b. gebildet ste-ti für *ste-sti zu

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[560/0286] Perfectstamm. Latein. latein. perfects glauben wir also in folgender weise zusammen stellen zu können: §. 291. sing. 1. fefic-is-m(i) 2. fefic-is-ti 3. fefic-is-t plur. 1. fefic-is-mus 2. fefic-is-tis 3. fefic-is-onti. Wir halten demnach für den außgang des perfectstammes im lateinischen überall -is; eine neubildung, wie in altindischen aoristen, z. b. von wurzel jâ (ire): sing. 1. á-jâs-iś-am plur. 1. á-jâs-iś-ma 2. á-jâs-iś-t́a, vgl. latein. -is-tis 3. á-jâs-iś-us auß *-is-ant, vgl. lat. *-is-onti, -ĕr-unt. s ist wol rest der wurzel as, i hilfsvocal. Auß lautendes a der wurzel schwindet vor diser bildung, z. b. wurz. da, per- fectstamm de-d-is; wurzel sta, perfectstamm ste-t-is. Diß das unursprüngliche, neue des latein. perfects. Außer- dem hat es die steigerung verloren und vilmer häufig schwä- chung des wurzelvocals an ire stelle treten laßen, dagegen ist die reduplication in den vorhandenen beispilen in ser ursprüng- licher weise erhalten; freilich ist sie meist hinweg gefallen, oder durch außstoß des wurzelanlautes verwischt. In folge diser secundären veränderungen des perfectstam- mes können wir in der vor ligenden sprache drei formen des selben unterscheiden. 1. perfectstämme mit erhaltener reduplication; es sind deren 27 nachweisbar, teilweise nur in der archai- schen sprache. Das gesetz der latein. perfectreduplication ist folgendes: a. Der an lautende consonant bleibt in der reduplications- silbe unverändert; diß gilt selbst von st, sp, sc in den lez- teren fällen verliert jedoch, durch dissimilation, der wurzelan- laut das s (vgl. den völligen schwund des wurzelanlautes un- ter 3.). Demnach wird z. b. gebildet ste-ti für *ste-sti zu

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/286>, abgerufen am 24.11.2024.