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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861.

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Lateinisch. U-reihe. 1. steiger. eu, au.

Erste steigerung war, nach der analogie aller indoger-
manischen sprachen zu schließen, ebenfals vorhanden und zwar
lautete sie, wie im griechischen, eu; sie verlor sich aber ser
frühe, wie denn das einzige erhaltene beispil dises archaischen
steigerungslautes, Leuc-esius, vgl. leuk-os, auch als Loucetius,
Lucetius überliefert ist; grundf. ist wol *Leuc-ent-ios, weiterbil-
dung eines particips stamm *leuc-ent (wie Prudentius von pru-
dent)
zu einem praesens *leuc-o von wurz. luc wie pheugo von
phug gebildet. In folge des §. 47, 2 erwähnten lautgesetzes (e
vor u, v wird in o gewandelt) muste auß eu ein mit der zwei-
ten steigerung zusammen fallendes ou später au werden. So ist
z. b. für dauco, douco ein älteres *deuco grundf. dauk-ami wurz.
duk vorauß zu setzen, da praesensstämme diser art mittels
erster steigerung gebildet werden; auro, *ouso steht für *euso
= griech. eu-o für *eus-o, altind. os-ami grundf. aus-ami
wurz. us; bei wurzeln, die auf u auß lauten, steht vor vocalen
ov für *ev = eu, z. b. flov-ont darauß *fluv-ont, flu-ont, flov-ont
steht aber für *flev-onti, vgl. griech. plew-onti (ple-ousi) grundf.
plav-anti und so in änlichen praesensformen; jous, jour-is (jaus,
jaur-is)
steht für *jov-os, *joves-is und ist gebildet wie *genos,
*genes-is (genus, generis) von wurz. ju (jungere) mittels erster
steigerung, wie sie dise art nominalstämme zu haben pflegen,
*jov-os also für *jev-os, gebildet von ju wie klew-os von wurz.
klu und das disem entsprechende altindische crav-as von wurz.
cru. Auch Jov-em = Diovem fürt auf *djev-em zurück, war-
scheinlich auch Jau-piter für *djau-piter, *djoupiter und diß für
*djeu-piter, stamm djeu = zeu, welches nur lautliche verände-
rung von djeu ist, wurz. dju = div (lucere, als nominalstamm
coelum und numen coeli; der altindische nominativ djau-s mit
zweiter steigerung ist fürs lateinische nicht maß gebend). Da
die erste steigerung vil häufiger ist, als die zweite, so sind die
meisten lateinischen au = altl. ou hierher zu ziehen.

Anm. neu, seu = neve, *seve gehören natürlich so wenig als ne-
uter, ne-utiquam
(auch nutiquam wie nullus) hierher.

au ist, wie im griechischen, archaisch erstarte erste steige-
rung und im lateinischen der einzige diphthong, den die spra-

Lateinisch. U-reihe. 1. steiger. eu, au.

Erste steigerung war, nach der analogie aller indoger-
manischen sprachen zu schließen, ebenfals vorhanden und zwar
lautete sie, wie im griechischen, eu; sie verlor sich aber ser
frühe, wie denn das einzige erhaltene beispil dises archaischen
steigerungslautes, Leuc-esius, vgl. λευϰ-ός, auch als Loucetius,
Lucetius überliefert ist; grundf. ist wol *Leuc-ent-ios, weiterbil-
dung eines particips stamm *leuc-ent (wie Prudentius von pru-
dent)
zu einem praesens *leuc-o von wurz. luc wie φεύγω von
φυγ gebildet. In folge des §. 47, 2 erwähnten lautgesetzes (e
vor u, v wird in o gewandelt) muste auß eu ein mit der zwei-
ten steigerung zusammen fallendes ou später û werden. So ist
z. b. für dûco, douco ein älteres *deuco grundf. dauk-âmi wurz.
duk vorauß zu setzen, da praesensstämme diser art mittels
erster steigerung gebildet werden; ûro, *ouso steht für *euso
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wurz. us; bei wurzeln, die auf u auß lauten, steht vor vocalen
ov für *ev = eu, z. b. flov-ont darauß *fluv-ont, flu-ont, flov-ont
steht aber für *flev-onti, vgl. griech. πλέϝ-οντι (πλέ-ουσι) grundf.
plav-anti und so in änlichen praesensformen; jous, jour-is (jûs,
jûr-is)
steht für *jov-os, *joves-is und ist gebildet wie *genos,
*genes-is (genus, generis) von wurz. ju (jungere) mittels erster
steigerung, wie sie dise art nominalstämme zu haben pflegen,
*jov-os also für *jev-os, gebildet von ju wie ϰλέϝ-ος von wurz.
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çru. Auch Jov-em = Diovem fürt auf *djev-em zurück, war-
scheinlich auch Jû-piter für *djû-piter, *djoupiter und diß für
*djeu-piter, stamm djeu = ζευ, welches nur lautliche verände-
rung von djeu ist, wurz. dju = div (lucere, als nominalstamm
coelum und numen coeli; der altindische nominativ djâu-s mit
zweiter steigerung ist fürs lateinische nicht maß gebend). Da
die erste steigerung vil häufiger ist, als die zweite, so sind die
meisten lateinischen û = altl. ou hierher zu ziehen.

Anm. neu, seu = neve, *seve gehören natürlich so wenig als ne-
uter, ne-utiquam
(auch nutiquam wie nullus) hierher.

au ist, wie im griechischen, archaisch erstarte erste steige-
rung und im lateinischen der einzige diphthong, den die spra-

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[72/0086] Lateinisch. U-reihe. 1. steiger. eu, au. Erste steigerung war, nach der analogie aller indoger- manischen sprachen zu schließen, ebenfals vorhanden und zwar lautete sie, wie im griechischen, eu; sie verlor sich aber ser frühe, wie denn das einzige erhaltene beispil dises archaischen steigerungslautes, Leuc-esius, vgl. λευϰ-ός, auch als Loucetius, Lucetius überliefert ist; grundf. ist wol *Leuc-ent-ios, weiterbil- dung eines particips stamm *leuc-ent (wie Prudentius von pru- dent) zu einem praesens *leuc-o von wurz. luc wie φεύγω von φυγ gebildet. In folge des §. 47, 2 erwähnten lautgesetzes (e vor u, v wird in o gewandelt) muste auß eu ein mit der zwei- ten steigerung zusammen fallendes ou später û werden. So ist z. b. für dûco, douco ein älteres *deuco grundf. dauk-âmi wurz. duk vorauß zu setzen, da praesensstämme diser art mittels erster steigerung gebildet werden; ûro, *ouso steht für *euso = griech. εὔ-ω für *εὐσ-ω, altind. ốś-âmi grundf. aus-âmi wurz. us; bei wurzeln, die auf u auß lauten, steht vor vocalen ov für *ev = eu, z. b. flov-ont darauß *fluv-ont, flu-ont, flov-ont steht aber für *flev-onti, vgl. griech. πλέϝ-οντι (πλέ-ουσι) grundf. plav-anti und so in änlichen praesensformen; jous, jour-is (jûs, jûr-is) steht für *jov-os, *joves-is und ist gebildet wie *genos, *genes-is (genus, generis) von wurz. ju (jungere) mittels erster steigerung, wie sie dise art nominalstämme zu haben pflegen, *jov-os also für *jev-os, gebildet von ju wie ϰλέϝ-ος von wurz. ϰλυ und das disem entsprechende altindische çráv-as von wurz. çru. Auch Jov-em = Diovem fürt auf *djev-em zurück, war- scheinlich auch Jû-piter für *djû-piter, *djoupiter und diß für *djeu-piter, stamm djeu = ζευ, welches nur lautliche verände- rung von djeu ist, wurz. dju = div (lucere, als nominalstamm coelum und numen coeli; der altindische nominativ djâu-s mit zweiter steigerung ist fürs lateinische nicht maß gebend). Da die erste steigerung vil häufiger ist, als die zweite, so sind die meisten lateinischen û = altl. ou hierher zu ziehen. Anm. neu, seu = neve, *seve gehören natürlich so wenig als ne- uter, ne-utiquam (auch nutiquam wie nullus) hierher. au ist, wie im griechischen, archaisch erstarte erste steige- rung und im lateinischen der einzige diphthong, den die spra-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 1. Weimar, 1861, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische01_1861/86>, abgerufen am 23.12.2024.